Trockenmauer Workshop in den Esslinger Steillagen
5 Millionen Sandsteine sind schätzungsweise in den zehn Kilometern Trockenmauern der Esslinger Terrassenweinberge verbaut. Der Staffelsteiger Verein aus Esslingen hat sich zum Ziel gesetzt, diese Kulturlandschaft und das historische Trockenmauerbau-Handwerk zu erhalten. Am 17. März 2018 fand ein Workshop statt, der Interessierten die Möglichkeit bot, die Kunst des Trockenmauerbaus zu erlernen.
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Durch die Terrassierung des steilen Hanges der Esslinger Neckarhalde wurde der Weinbau überhaupt erst ermöglicht. Über Jahrhunderte haben die Esslinger Weinbauern die Trockenmauern aufgebaut, die heute das Landschaftsbild prägen. Aufgrund von Starkregenereignissen oder Nutzungsaufgabe fallen immer wieder Mauern ein und müssen neu aufgebaut werden. Die Mauersteine aus Stubensandstein stammen aus der Region und sind großteils noch aus dem Mittelalter. Neues Material ist teuer und aufwendig zu transportieren, daher werden die alten Steine wiederverwendet.
Jede Mauer ist individuell
Die Grundlage einer soliden Mauer ist das Fundament. Dieses wird je nach Mauerhöhe mehr oder weniger tief in den gewachsenen Boden eingelassen. Darauf werden dann beginnend am niedrigsten Punkt Schicht für Schicht Mauersteine aufgetragen. Wichtig ist, die Mauersteine versetzt übereinanderzuschichten, sodass keine durchgängigen Fugen von oben nach unten entstehen. Ein wichtiges Hilfsmittel ist eine Schnur und eine Wasserwaage, um zu gewährleisten, dass die Schichten waagerecht verlaufen. Die Mauer muss mit einer Neigung von 7-10 % gegen den Hang errichtet werden.
Auf das Hintergemäuer kommt's an
"Wir müssen den Bergdruck abfangen", erklärt Otto Rapp, der Vorsitzende des Staffelsteiger Vereins. Das gelingt am besten mit einem guten Hintergemäuer. "Je mehr, desto besser." Das Hintergemäuer verbirgt sich hinter der Sichtfläche der Mauer und besteht aus Füllsteinen und Erdreich. Hinter den behauenen Mauersteinen werden ebenfalls Schicht für Schicht unbearbeitete Füllsteine aufgetragen, die mit dem Hammer verkeilt werden. Jede Schicht Hintergemäuer wird mit Erdreich bedeckt und verfestigt. Die Tiefe des Hintergemäuers sollte etwa ein Drittel der Mauerhöhe betragen.
Fachkenntnis für den heimischen Garten
Den Trockenmauer-Lehrgang nutzten die Teilnehmer aus vielfältiger Motivation. Sabine Griebler aus Ostfildern will in ihrem Garten eine Trockenmauer errichten und freut sich über die Anleitung aus erster Hand. Der Esslinger Student Konstantin Adaktylos-Surber interessiert sich für alles Handwerkliche und sieht die Arbeit im Weinberg "als Ausgleich zum Studium". Und Jochen Kenner, Mitglied der Weingärtner Esslingen weiß: "Solange die Älteren noch da sind, muss man etwas von ihnen lernen." Sie alle tragen dazu bei, das historische Trockenmauer-Handwerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Habitat Trockenmauer
Die Trockenmauern erleichtern nicht nur den Weinbau im Steilhang und speichern Wärme für die Reben. Sie bieten auch Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Wärmeliebende wie Mauerpfeffer, Zimbelkraut und Milzfarn sowie Mauereidechsen, Schlingnattern und viele Insektenarten, unter anderem die Wildbiene, fühlen sich besonders wohl. Daher fördert die untere Naturschutzbehörde den Trockenmauerbau und bezuschusst die Mauerbauer je nach Schwierigkeitsgrad der Mauer.
Aufgabe des Vereins
Der Staffelsteiger-Verein wurde 2013 gegründet. In fünf Jahren Vereinstätigkeit wurden schon etwa 800 m² Sichtfläche gemauert. Dem Verein ist es wichtig, die Tradition und damit die Kulturlandschaft zu erhalten und weiterhin den Weinbau in den Terrassen zu ermöglichen. "Wir machen das vor allem aus Herzblut", sagt der Vorsitzende Otto Rapp.
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