Norbert Weber zur Lage des Weinbaus
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Zur Lage in den Weinbergen sagte Weber: „In diesen Tagen setzt die wichtige Phase der Rebblüte ein. Hier wird der Beerenansatz der Weintrauben bestimmt und es ist absehbar, dass in ca. hundert Tagen der Start in die neue Weinerntesaison ansteht. Die Witterung der ersten Jahreshälfte mit einem kalten Frühjahr, lokalem Spätfrost und viel Wasser hat dem Wachstum der Reben zumeist nicht geschadet. Insgesamt präsentieren sich die Reben derzeit in gutem Vegetationsstand. Die Entwicklung ist zwar etwas später als in früheren Jahren, liegt aber im Mittel der Jahre. Jetzt stehen die Stockpflegearbeiten an, wobei es hier auf eine gesunde Traubenentwicklung ankommt. In unserer Klimazone und in Zeiten des Klimawandels sind dafür auch Pflanzenschutzmaßnahmen notwendig. Im qualitätsorientierten Weinbau ist es im Bedarfsfall unabdingbar, auf die Sicherheit einer ausreichenden Verfügbarkeit an Pflanzenschutzmitteln bauen zu können.“ An dieser Stelle wies der Präsident nachdrücklich darauf hin, dass witterungsbedingte Kalamitäten von Schaderregern sowie neue Schadorganismen, wie zum Beispiel die Kirschessigfliege, die Arbeit eines ganzen Jahres nicht dadurch gefährden dürften, dass die Verfügbarkeit von ausreichend Pflanzenschutzmitteln nicht garantiert sei.
Im Hinblick auf die Lage am Weinmarkt sprach der DWV-Präsident von unterschiedlichen Entwicklungen und neuen Herausforderungen: „Deutschland ist mit knapp zwanzig Mio. Hektolitern immer noch der viertgrößte Weinmarkt der Welt, aber der Wettbewerb um Regalmeter und die Gunst der Kunden wird mit einer starken internationalen Konkurrenz ausgetragen, die zum Teil mit einer sehr preisagressiven Positionierung ihrer Produkte agiert. Absatzfördernde Maßnahmen im Lebensmittelhandel sind daher wichtiger denn je! Handlungsbedarf besteht auch in Teilbereichen des Exports, bei dem es Licht- und Schattenseiten gibt, wie Wertsteigerungen einerseits, andererseits jedoch auch Mengenverluste in den Preiseinstiegsbereichen. Dies wirkt sich ungünstig auf den Fassweinmarkt aus, weshalb Gespräche zwischen allen am Markt Beteiligten notwendig und auch bereits vereinbart sind, um eine gemeinsame Lösungsstrategie zu entwickeln.“, betonte Weber. Der DWV-Präsident zeigte sich überzeugt, dass die hohe Qualität und der heutige moderne Ausbaustil deutscher Weine eine solide Grundlage dafür sind, um die Chancen der Märkte ausnutzen zu können.
Zu Beginn seiner Ausführungen zu aktuellen weinbaupolitischen Fragen äußerte DWV-Präsident Weber seine Erwartungen hinsichtlich der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA: „Die EU-Weinwirtschaft setzt darauf, dass durch TTIP die Vereinbarungen des seit 2006 existierenden Weinabkommens zwischen der EU und den USA nicht in Frage gestellt werden. Neben der Verbesserung und Ausweitung des Schutzes der deutschen und europäischen Herkunftsbezeichnungen sollte insbesondere auch der Marktzugang für europäische Weinexporte verbessert werden.“
Kritisch setzte sich Weber mit der Brüsseler Gesetzgebung auseinander: „Die EU-Kommission regelt in delegierten und in Durchführungsrechtsakten zu viele Details und lässt den Mitgliedstaaten und den Weinbauregionen zu wenig Gestaltungsspielraum. Bestes Beispiel für die Brüsseler Überreglementierung ist das seit diesem Jahr geltende neue Genehmigungssystem für Rebpflanzungen.“ Weber wies erneut darauf hin, dass Bund und Länder vor Ort viel besser als die Brüsseler Bürokratie strukturgerechte Regelungen erlassen und somit das Autorisierungssystem einfacher gestalten können. Der Präsident betonte, dass Verwaltung und Weinwirtschaft nun erste Erfahrungen mit dem neuen System sammeln müssten und nach der ersten Erprobung verstärkt über Vereinfachungsmöglichkeiten nachdenken sollten.“
Der DWV-Präsident Weber beanstandete auch die zunehmende Tendenz, spezifische Vorschriften für Wein durch horizontale Regelungen für alle Agrarprodukte zu ersetzen: „Bessere Rechtssetzung und Vereinfachung kann nicht durch Nivellierung sämtlicher Sektoren erreicht werden. Einer derartigen Entwicklung, die sich zu Jahresbeginn beim Weinbezeichnungsrecht andeutete, muss mit allen Mitteln entgegengewirkt werden, um dem Status von Wein als Jahrhunderte altem Kulturgut gerecht zu werden.“
Laut Weber sähen sich die Erzeuger angesichts des neuen EU-Systems der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geographischen Angaben immer noch neuen Herausforderungen ausgesetzt: „Im Hinblick auf die Brüsseler Entscheidung, der Privatwirtschaft in diesem Bereich mehr Eigenverantwortung zu übertragen, müssten sich die Weinerzeuger überlegen, wie sie künftig die Produktionsvorschriften (sog. Lastenhefte) der geschützten Ursprungsbezeichnungen verwalten wollten. Weber wies auf einen entsprechenden DWV-Vorschlag zur Gründung von sog. Schutzgemeinschaften hin, in denen Trauben- und Weinerzeuger künftig gemeinsam über notwendige Änderungen der Lastenhefte beraten sollten.
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