Rebschutzhinweis Nr. 16 – Weinbauberatung Bad Mergentheim
Mit der schwül-warmen Witterung kam es in den letzten Tagen immer wieder zu lokalen Schauern und Gewittern, teilweise auch verbunden mit leichtem Hagelschlag. Die Niederschlagsmengen variieren dabei sehr stark und liegen zwischen 5 und 60 Litern seit dem vergangenen Donnerstag.
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Überwiegend geht die Traubenentwicklung bei den derzeitigen Temperatur- und Bodenwasserverhältnissen rasant weiter. Auf flachgründigen Standorten zeigen ein- bis dreijährige Junganlagen je nach Niederschlagssituation in den letzten Wochen jedoch auch Wassermangelsymptome. Teilweise ist dies sicherlich auf die schlechte Wurzelbildung im Trockenjahr 2015 zurückzuführen.
Im Hinblick auf den Pflanzenschutz ist die Saison 2016 sehr anspruchsvoll, denn bereits kleinste Belagslücken wurden bei dem enormen Peronosporadruck von Sporenmaterial erfasst und zeigen sich in Ölflecken und teilweise leider auch in stärkerem Gescheins- und Traubenbefall. Verbreitet endet die Pflanzenschutzsaison um das zweite Augustwochenende, somit sind in den meisten Betrieben noch zwei bis maximal drei Behandlungen einzuplanen. Die Spritzabstände orientieren sich nach wie vor an den prognostizierten Regenfällen oder Gewittern. Besonders in den stark befallenen Anlagen muss weiterhin ein kurzer Spritzabstand eingehalten werden. In Abhängigkeit von der Witterung und bei geringem Befall in den Anlagen kann der Behandlungstermin jedoch auch auf etwa 12 Tage Spritzabstand hinausgezogen werden.
Pflanzenschutzmaßnahmen in traubenlosen Junganlagen sollten konsequent bis Anfang September durchgeführt werden, um Befall mit Peronospora und Oidium zu verhindern.
Beachten Sie bei den letzten Spritzungen unbedingt die Vorgaben Ihrer Vermarktungsorganisation bezüglich der Terminierung und der Mittelauswahl.
Peronospora
Die Witterung in den vergangenen Tagen lässt eine weitere Ausbreitung befürchten, vor allem wenn in den Laubwänden vermehrt aktiver, frischer Pilzrasen zu finden ist. Trotz abnehmender Beerenanfälligkeit gilt es nun in erster Linie die Zuwächse in Form von Geiztrieben gesund zu halten.
Anstehende Behandlungen sollten vor vorhergesagtem Regen erfolgen. In diesen Fällen reicht der Einsatz von Protektivpräparaten mit kurzer Wartezeit wie z.B. Folpan oder Mildicut aus. Nur bei Behandlungen unmittelbar nach kräftigen Niederschlägen und vermuteter Infektionen macht der Einsatz eines kurativen Präparates unter Berücksichtigung der Resistenzeinstufung Sinn. Mittel wie Profiler und Ridomil Gold MZ sollten jetzt nicht mehr angewandt werden.Für die Abschlussbehandlung werden im
Hinblick auf die Rückstandssituation bevorzugt zugelassene Kupferpräparate empfohlen, alternativ können auch Kontaktfungizide mit kurzer Wartezeit eingesetzt werden, sofern dies von der Vermarktungsorganisation erlaubt ist.
Die Anzahl der Anwendungen von phosphonathaltigen Fungiziden, wie z. B. Veriphos als Mischungspartner zu einem Kontaktmittel, ist auf maximal 5 Behandlungen begrenzt. Bei Einhaltung der Anwendungshäufigkeit und der Wartezeit sind keine negativen Auswirkungen bei der Gärung zu erwarten und
die zulässigen Rückstandshöchstgehalte werden nicht überschritten. Jedoch wird der Zusatz aufgrund des zurückgehenden Wachstums und der geringeren Anfälligkeit der Beeren im Allgemeinen nun nicht mehr empfohlen. Besonders in sehr stark vorgeschädigten Flächen mit nur wenig gesunder Blattmasse bietet das Präparat Veriphos bei der Abschlussbehandlung allerdings einen verbesserten Zuwachsschutz. Besteht die Möglichkeit einer getrennten Ausbringung in die Traubenzone und die übrige Laubwand reicht die Zugabe von Veriphos in die obere Laubwand aus. Die Vorgaben der Vermarktungsorganisationen sind zwingend zu beachten!
Oidium
Weitestgehend sind die Bestände befallsfrei, jedoch sollte die Blattfläche weiterhin vor Spätinfektionen geschützt werden. Bei den letzten Behandlungen kommen azolhaltige Präparate wie Topas, Systhane 20 EW, Vegas oder Vento Power zum Einsatz. Alternativ können auch Bicarbonate (Vitisan, Kumar) eingesetzt werden. Die anderen Mittel sollten trotz der kurzen Wartezeiten zum Ende hin nicht mehr verwendet werden, um eine Selektion zu vermeiden. Dies hilft einen Aufbau resistenter Stämme zu verhindern.
Botrytis
In sehr lockerbeerigen Anlagen kann jetzt noch die Behandlung „kurz vor Traubenschluss“ erfolgen. Bei einer reinen Traubenzonenbehandlung (separate Überfahrt oder Zweistofftechnik) kann die Aufwandmenge je nach Höhe der Traubenzone um bis zu 50% reduziert werden. Die Befahrung jeder Gasse erhöht den Erfolg beträchtlich.
In gut verblühten Anlagen ist der Platz im Beerengerüst mittlerweile so eng geworden, dass sich die Beeren jetzt bereits gegenseitig stark drücken und teils auch Abrisse am Stielgerüst durch den Platzmangel verursacht werden. Solche Anlagen werden bei weiter gehender Reife und entsprechenden Witterungsbedingungen mit früher Fäulnis sicher Probleme bekommen. In bereits jetzt sehr kompakten Beständen ist die Traubenhalbierung zu überlegen, um Schwierigkeiten mit Fäulnis in der Reifephase vorzubeugen. Sofern in bereits behandelten Anlagen mit dichtbeerigen Sorten und Klonen ein zweiter Einsatz von Spezialbotrytiziden geplant wird, muss dies zwingend mit den Vermarktungsbetrieben abgestimmt werden!
In von Hagel betroffenen Anlagen ist eine Sonderbehandlung gegen Botrytis nicht notwendig. Der Einsatz von Präparaten mit Botrytisnebenwirkung (folpethaltige Präparate, Collis) reicht aus.
Magnesiummangel / Stiellähme
Sofern von den Absatzorganisationen erlaubt, kann eine Behandlung gegen Stiellähme bei empfindlichen Sorten (z.B. Lemberger, Cabernet Dorsa, Dornfelder, Acolon, Trollinger oder auch Riesling) bei den letzten Spritzungen Sinn machen. Hierbei genügt eine Traubenzonenbehandlung. Zum Einsatz kommen magnesiumhaltige Blattdünger, wie z.B. Falnet oder Lebosol Magnesium 400SC. Alternativ kann auch das preiswerte Bittersalz eingesetzt werden.
Kirschessigfliege
Im Obstbau und an Wildfrüchten, wie z.B. an Brombeeren und Holunder, ist gebietsweise starker Befall vorhanden. Deshalb ist zu befürchten, dass in diesem Jahr im Weinbau auch wieder die bekannt anfälligen rotfärbenden Rebsorten befallsgefährdet sind. Die derzeitige Wetterlage ist leider ideal für die Kirschessigfliegenentwicklung. Weiterhin sind die Flugzahlen in den Weinbergen gering, möglicherweise wird sich dies ab dem Umfärben / Weichwerden der ersten Beeren ändern.
Es ist jetzt extrem wichtig, dass bei anfälligen Sorten die Traubenzone freigestellt ist und der Unterwuchs niedrig gehalten wird.
Zur Bekämpfung der Kirschessigfliege wurde neben Spintor und Mospilan jetzt auch Karate Zeon über die Notfallregelung zugelassen. Karate Zeon ist stark Raubmilben-schädigend, weshalb der Einsatz nur in der Traubenzone mittels spezieller Applikationstechnik möglich ist. Falls die Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich sicher spätestens im Folgejahr ein starker Spinnmilbenbefall einstellen!!
Eine Bekämpfung im Weinbau ist zurzeit noch nicht möglich! Ob und wann eine Bekämpfung notwendig wird, kann voraussichtlich Mitte / Ende August mitgeteilt werden.
Sonstige Hinweise
- Bei der anstehenden Behandlung ist in allen Anlagen der 4-fache Basisaufwand erforderlich.
- Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel -insbesondere zum Bienenschutz- sind zu beachten.
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten
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