Rebschutzhinweis Nr. 17 – Weinbauberatung Bad Mergentheim
Nachttemperaturen von 5°C - und das Mitte August! Zwar sollen die Temperaturen in den nächsten Tagen wieder auf Werte um die 25° Marke ansteigen, durch den seither kühlen August wird der Vegetationsfortschritt aktuell jedoch ausgebremst. Nur das Beerenwachstum geht bei den derzeitigen Bodenwasserverhältnissen rasant weiter.
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Die wechselhafte Witterung in den vergangenen Wochen lässt in vielen Lagen auch die Peronospora besonders an den jungen Geiztrieben wieder aufleben. Allgemein nähern wir uns bei allen Sorten der Reifephase der Beeren, zu erkennen an der Umfärbung der frühen Rotweinsorten seit Anfang August.
Mit dem kommenden Wochenende werden vielfach die regulären Pflanzenschutzmaßnahmen gegen Peronospora und Oidium beendet, ein sehr schwieriges, zeit- und kostenintensives Pflanzenschutzjahr findet damit zumindest vorläufig seinen Abschluss. Pflanzenschutzmaßnahmen in
traubenlosen Junganlagen sollten konsequent bis Anfang September durchgeführt werden, um Befall mit Peronospora und Oidium zu verhindern.
Rebstöcke, die ESCA oder Schwarzholz-Symptome zeigen, sollten konsequent ca. 10 cm über dem Boden abgesägt und aus der Anlage entfernt werden. Im Folgejahr kann dann der Neuaufbau über einen Stockausschlag erfolgen.
Peronospora und Oidium
Die Regenfälle in der letzten Julidekade haben am ungeschützten Zuwachs der Geiztriebe teils nochmals kräftigen Peronosporabefall verursacht. Befallene Geizblätter sind natürlich optisch nicht schön, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr Ertragsgefährdend. Um das Sporenpotential gering zu halten, ist es ratsam, die zugewachsenen Triebe mit Befall vor der letzten Behandlung abzuschneiden. Überwiegend ist die Hauptlaubwand in den meisten Anlagen ausreichend gesund, so dass eine gute Assimilationsleistung in der Reifephase gewährleistet ist. Es ist davon auszugehen, dass gesunde und mehrfach behandelte Blätter bis zum Herbst auch befallsfrei bleiben. Für die Abschlussbehandlung werden zugelassene Kupfermittel oder auch Kontaktfungizide mit möglichst geringer Wartezeit empfohlen.
Im Hinblick auf Oidium sind die Bestände weitestgehend befallsfrei, daher kann in unkritischen Beständen mitunter auch auf das Oidiumpräparat bei der Abschlussbehandlung verzichtet werden. Ansonsten kommen azolhaltige Präparate wie Topas oder Systhane 20 EW zum Einsatz. Alternativ können auch Bicarbonate (Vitisan, Kumar) eingesetzt werden. Die anderen Mittel sollten trotz der kurzen Wartezeiten nicht mehr verwendet werden, um eine Selektion zu vermeiden. Dies hilft einen Aufbau resistenter Stämme zu verhindern.
Botrytis
Bei kompakten Sorten und Klonen kann derzeit schon erster Botrytisbefall festgestellt werden. Auslöser sind meist Blütenrückstände im Inneren der Trauben. Die ausreichende Wasserversorgung lässt ein weiteres Schwellen der Beeren erwarten, mit zunehmendem Weichwerden der Beeren kommt es dann möglicherweise zu weiteren Abquetschungen bzw. einem Aufplatzen der Beeren im Inneren. Traubenteilen zur Verminderung des gegenseitigen Abdrückens der Beeren ist nur noch wenige Tage möglich. Ab ca. 60° Oechsle können die Beeren bei langen Nässephasen direkt vom Botrytispilz angegriffen werden.
Eine Botrytizidbehandlung zum Abschluss kann bestehende Faulstellen nicht mehr tilgen, denn die Botrytizide können nicht mehr ins Traubeninnere gelangen. In gewissem Maße können nur noch Neubefälle „von außen“ verhindert werden. Bei einer reinen Traubenzonenbehandlung (separate Überfahrt oder Zweistofftechnik) kann die Aufwandmenge je nach Höhe der Traubenzone um bis zu 50% reduziert werden. Achten Sie hier besonders auf die Einhaltung der Wartezeiten und einen Wirkstoffgruppenwechsel sofern bereits eine Behandlung durchgeführt wurde.
Jetzt hilft nur noch die Sicherstellung einer guten Durchlüftung der Traubenzone, auch im Hinblick auf die KEF-Situation. Die wüchsigen Bedingungen in diesem Jahr sind generell Fäulnis fördernd, daher sollten alle Maßnahmen, die den Wuchs zusätzlich fördern, nun grundsätzlich vermieden werden. Das heißt Verzicht auf späte Bodenbearbeitung, und Mulchgänge möglichst lange hinausziehen.
Kirschessigfliege (KEF)
Im Obstbau und an Wildfrüchten, wie z.B. an Brombeeren und Holunder, ist flächendeckend starker Befall vorhanden. Die derzeitige Wetterlage ist leider ideal für die Kirschessigfliegenentwicklung, so dass auch im Weinbau Schädigungen durch die Kirschessigfliege in gefährdeten Sorten und Lagen möglich sein können. Es ist jetzt extrem wichtig, dass bei anfälligen Sorten die Traubenzone freigestellt ist und der Unterwuchs niedrig gehalten wird. Weitere Hinweise finden Sie auch im bereits versandten Infoblatt von LVWO Weinsberg und WBI Freiburg.
Bislang sind Kirschessigfliegen in gesunden Rebanlagen nicht oder nur in geringer Anzahl zu finden. In Einzelflächen, gerade in Randbereichen zum Wald oder Obstflächen, zeigen die Monitoringfallen eine leichte Zunahme an Fängen. Die aktuellen Fangzahlen können über http://www.vitimeteo.de/monitoring/fallenfaenge.shtml abgerufen werden. Alleine über die Auswertung der Fallenfänge kann jedoch keine Bekämpfungsnotwendigkeit abgeleitet werden.
Dies kann nur über Eiablage an den Beeren entschieden werden. Bitte beobachten Sie in kurzen Abständen Ihre Anlagen, insbesondere die jetzt reifenden roten Rebsorten. Kirschessigfliegen sind besonders in den frühen Morgenstunden und am Abend aktiv. Für eine eigene, sicherer Befallsprognose der Eiablage werden ca. 15-20 fache Vergrößerungen benötigt. Am besten sind hierzu Binokulare mit einer Lichtquelle geeignet.
Das Erkennen von Anfangsbefall ist nicht einfach, daher bietet die LVWO Weinsberg voraussichtlich Schulungstermine zur KEF-Befallsbestimmung (z.B. für Verantwortliche von Absatzorganisationen oder größerer Weingüter) an. Schulungen lohnen allerdings nur, wenn dann in der Folge auch geeignete technische Geräte (Binolukar mit Lichtquelle) zur Verfügung stehen.
Zusätzlich wird von LVWO Weinsberg und WBI Freiburg landesweit die Beprobung verschiedener Monitoringflächen durchgeführt. Beprobt werden derzeit die Rebsorten Acolon, Regent, Cabernet Cortis, Cabernet Dorsa, Dunkelfelder und Dornfelder. Bisher wurde landesweit nur in einer Regent-Anlage ein einzelnes Ei festgestellt. Diese Anlage ist am Waldrand und in unmittelbarer Nähe zu Wildfrüchten und Obstanlagen gelegen und wird jetzt fortlaufend weiter beprobt und beobachtet. Alle weiteren Beerenproben waren negativ. Die genauen Daten zur Eiablagebonitur können über die VitiMeteo-Homepage (http://www.vitimeteo.de/monitoring/kefeifunde.shtml) eingesehen werden. Im Weinbau besteht daher momentan kein Bekämpfungsbedarf! Eine vorbeugende Behandlung ist nicht möglich! Über weitere Entwicklungen des Populationsaufbaus sowie über die Einsatzstrategie und Besonderheiten der einzelnen Mittel wird im nächsten Rebschutzhinweis ausführlich informiert.
Mittelsituation gegen KEF
Zur Bekämpfung der Kirschessigfliege wurde neben Spintor und Mospilan jetzt auch Karate Zeon über die Notfallregelung zugelassen. Karate Zeon ist stark Raubmilben-schädigend, weshalb der Einsatz nur in der Traubenzone mittels spezieller Applikationstechnik möglich ist. Falls die Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich sicher spätestens im Folgejahr ein starker Spinnmilbenbefall einstellen!!
Praxisanwendung Kombinationsverfahren im Anbaugebiet Baden
Betriebe im Anbaugebiet Baden können Praxisanwendungen mit dem Kombinationsverfahren (Spintor mit combi-protec) bei den folgenden Sorten durchführen: Regent, Dornfelder, Dunkelfelder, Acolon, Portugieser, Roter Gutedel, Merlot, Cabernet Dorsa, Roter Muskateller und Cabernet Carol. Diese Praxisanwendungen sind insgesamt auf maximal 500 ha für das Jahr 2016 beschränkt. Die Betriebe sind aufgefordert, die entsprechenden Flächen auf der Basis der Weinbaukarteidaten an das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg zu melden. Aus den gemeldeten Daten muss der Bewirtschafter, die Gemarkung, die Flurstücksnummer(n), Rebsorte und Fläche eindeutig hervorgehen. Empfohlen wird eine Kopie der Weinbaukartei an das WBI zu faxen (0761-40165-52), auf der die vorgesehenen Flächen eindeutig gekennzeichnet sind.
Wespenfraß
Wespen sind zurzeit nicht sehr verbreitet. Dennoch sollte beim ersten Auftreten sofort versucht werden die Tiere von den Weintrauben fern zu halten, damit keine Verletzungen an den Beeren entstehen, die weitere Probleme, wie Essigfäule, Ameisen und Anlockung von KEF verursachen können.
Am wirkungsvollsten kann dem Wespenfraß mit einer dichten Seitenbespannung der Traubenzone mit engmaschigen Netzen vorgebeugt werden. Die Aushängung von Köderfallen am Rand der Parzellen kann den Einflug verhindern helfen.
Sonstige Hinweise
- Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel -insbesondere zum Bienenschutz- sind zu beachten. Beachten Sie besonders die Einstufungen der Insektizide gegen die KEF! Suchen Sie im Zweifelsfall den Kontakt zum örtlichen Imker.
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen.
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten.
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