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Weinbauberatung Heilbronn

Kirschessigfliege: Sonderhinweis Nr. 4

Seit Mitte August war durchgehend Hochsommer, nur mit wenigen Tagen Unterbrechung. Ab Donnerstag, 15. September ist der Sommer mit Temperaturen deutlich über 30 °C erst einmal zu Ende. Letzte nennenswerte Niederschläge gab es Anfang August, in Teilen Württembergs auch nochmal Mitte August. Dementsprechend zeigen junge Anlagen und Weinberge auf flachgründigen Böden zunehmend Trockenstresssymptome.

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Dennoch, die Ernteaussichten gemittelt über alle Weinberge sind derzeit noch sehr erfreulich. Unsicherheit besteht darüber, welche Auswirkungen der Wetterwechsel mit sich bringt. Je nach Niederschlagsmenge und Temperaturen, ganz besonders entscheidend sind die Nachttemperaturen, wird sich die Lesedynamik entwickeln. Aktuell lässt sich noch keine seriöse Aussage dahingehend treffen, ob es einen Turboherbst oder eher eine entspannte Lese geben wird. Aus aktueller Sicht wird die Lese der frühreifen Sorten erst in der zweitletzten Septemberwoche beginnen. Auch mittelfrüh reifende Sorten mit wenig Behang sind schon sehr reif.


An der Kirschessigfliegenfront ist es ebenfalls so, dass über alle Weinberge hinweg noch kein Problem zu sehen ist. Das heißt allerdings nicht, dass es auch Einzelflächen gibt, oder auch nur Teile davon, in denen bereits „saftelnde“ Trauben bzw. Essiggeruch festgestellt werden kann. Es zeigt sich wieder einmal, dass besonders Standorte gefährdet sind, die sehr  wüchsig sind (damit einhergehend kompakte Trauben) und bereits Primärschäden durch Vogelfraß oder Wespen aufweisen. Sekundär sind dann schnell Essigfliegen, Kirschessigfliegen und auch anders Getier dabei, die geöffneten Beerchen als Nahrungs- und Fortpflanzungsquelle zu nutzen. Oft sieht man Ameisen, die in den verletzten Beerchen kalorienreiche Nahrung holen.


Leider ist bei „schäumenden“ Beerchen nicht immer zu erkennen, ob die KEF als Primärschädling verantwortlich war oder aber eben erst sekundär über die bereits geöffnete Beerenhaut ihre Eier leichter ablegen konnte. Unabhängig davon sind diese „saftelnden“ Beerchen ein Alarmzeichen und als Anfangsbefall zu deuten. 


Was bringt nun der Wetterumschwung in Sachen KEF mit sich?
Es ist zu befürchten, dass sich die Bedingungen durch niederere Temperaturen und mehr Feuchtigkeit auf die Befallssituation negativer auswirken kann, als es seither bei dem trockenen Sommerwetter der Fall war. Generell sollten Behandlungen nur durchgeführt werden, wenn Anfangsbefall zu erkennen ist und wenn die Wartezeit der eingesetzten Mittel eingehalten wird.


Seither war temperaturbedingt Karate Zeon keine Alternative (keine Wirkung über 24 °C). Bei moderateren Temperaturen könnte das Mittel entsprechend der zugelassenen Einsatzbedingungen mit 7 Tagen Wartezeit angewandt werden, wenn die beiden Präparate Mospilan und Spintor mit 14 Tagen Wartezeit zu unsicher sind. Ein Einsatz von Karate Zeon muss unter allen Umständen so erfolgen, wie es die Genehmigung erlaubt. Dazu weiter unten mehr.


Besonderes Augenmerk ist in der nächsten Zeit auf die Rebsorte Trollinger zu legen. Bei entsprechendem Reifefortschritt ist die Gefahr bei dieser Sorte am höchsten einzuschätzen. Von generellen Behandlungen ohne entsprechende Warnzeichen wird hier, wie seither auch, aber abgeraten.


Nach wie vor gilt das Fazit: Aktuell gibt es keine allgemeine Bekämpfungsnotwendigkeit. Wenn, dann nur bei Anlagen, die sichtbaren Befallsbeginn zeigen und sicher nicht vor Ende  der Wartezeit gelesen werden müssen. Selbstvermarkter und Erzeugergemeinschaften sollten vorbereitet sein, schnell reagieren zu können, wenn Lesenotwendigkeit besteht. Andererseits ist es aber ganz sicher auch nicht sinnvoll, gesunde Bestände ohne Not abzuernten, wenn eine weitere gesunde Reife möglich ist. Grundsätzlich müssen Mitglieder von Erzeugergemeinschaften und Weingärtnergenossenschaften entsprechende Sondermaßnahmen mit dem Vermarktungsbetrieb abstimmen.


Bereits vielfach veröffentlichte Hinweise zum Bienenschutz sind zu beachten!


Unter „Vitimeteo“ kann ein schneller Überblick über die KEFGesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden, wenn die Landesanstalten die neuesten Ergebnisse zeitnah einstellen.


Zusatzinformation zu den einzelnen Präparaten:
Ein grundsätzliches Ranking, das besagt, welches Mittel das Beste ist, gibt es noch nicht. Vielleicht helfen die vielfach angelegten Versuche dahingehend für die nächsten Jahren weiter.

  • SpinTor wirkt insbesondere auf Fliegen. Larven der Kirschessigfliege . Vom Sprühnebel getroffene Fliegen werden sofort erfasst (Kontaktwirkung) – deshalb die ganze Laubwand behandeln! SpinTor wird von den Tieren auch durch Begehen inkl. Putzverhalten und Fraßaktivität aufgenommen (Fraßwirkung). Die Eier kommen bei der Eiablage mit dem Wirkstoff in Kontakt, ebenso die Larven, da der Wirkstoff oberflächennah eindringt und dort aufgenommen wird. Im Anschluss an eine Behandlung sollte es möglichst lange trocken sein. Spintor ist bienengefährlich.

Mospilan hat eine gewisse Wirkung auf alle Stadien der KEF, insbesondere auf Larven.

  • Karate Zeon wirkt im Wesentlichen gegen die erwachsenen Fliegen. Das Mittel ist stark raubmilbenschädigend. Deshalb ist der Einsatz gegen die Kirschessigfliege nur in der Traubenzone mit driftreduzierter und akkurater Anwendungstechnik zugelassen! Eine Abdrift von Sprühnebel in die obere Laubwandhälfte muss unbedingt vermieden werden. Falls Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich spätestens im Folgejahr ein sehr starker Spinnmilbenbefall einstellen!! Das Spritzen der Trauben nur in der Traubenzone ist mit driftreduzierter Anwendungstechnik durchzuführen. Dazu zählen z.B. Axialgeräte mit Querstromaufbau und horizontaler Luftführung, Tangentialgebläse, Radialgebläse mit horizontaler Luftführung und reine Spritzgestänge ohne Luftunterstützung. Die Gebläse sind mit waagrechter bzw. mit leicht nach unten geneigter Luftführung und randscharf nur auf die Traubenzone einzustellen sowie mit reduzierter Luftleistung zu betreiben, um ein „Durchblasen“ der Spritztropfen durch die Laubwand zu vermeiden. Die Sprührichtung muss von oben nach unten erfolgen. Dazu kann auch die Anbauspritze so weit möglich angehobenwerden, um die Düsen nach unten zu neigen. Beim Einsatz von Karate Zeon sind bevorzugt grobtropfige Hohlkegel-Injektordüsen einzusetzen. Für die Behandlung der Traubenzone sind 2 bis max. 3 Düsen je Seite zu öffnen. Es ist jede Rebzeile von beiden Seiten zu behandeln. Geräte, die von unten nach oben applizieren sind für diese Anwendung nicht geeignet. Weitere Auflagen und Anwendungsvorschriften zur Anwendung von Karate Zeon sind zu beachten. Für die Behandlung der Traubenzone ist die Aufwandmenge auf 37,5 ml/ha Karate Zeon zu reduzieren. Nur diese Menge ist zugelassen und muss penibel eingehalten werden.

Generell wird bei der Anwendung von Insektiziden auf einen möglichst umfangreichen Anwenderschutz hingewiesen. Bei Karate Zeon ist in den Anwendungshinweisen beschrieben, dass Hautreaktionen vorkommen können. Die Empfehlung, bei der Ausbringung bzw. Handhabung des anwendungsfertigen Mittels, in Raumkulturen partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder Halbmaske mit Partikelfilter P2 (Kennfarbe:weiß) zu tragen, deutet darauf hin, dass mit dem Mittel sehr sorgsam umgegangen werden muss. Bester Schutz bietet immer noch eine Schlepperkabine mit funktionsfähiger Filtereinrichtung.

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