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Machbarkeitsstudie Frostschutz Taubertal

Dem Frost ein Ende setzen

In den vergangenen Jahren mussten nicht nur die Weingärtner in Markelsheim viele Wetterkapriolen ertragen. Die Problematik des Klimawandels und die Notwendigkeit der Energiewende verlangen notwendige Schritte, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Der Weinbau ist im Taubertal nicht nur ein wirtschaftlicher Faktor, sondern auch für den Tourismus wichtig. Ohne Weinbau verlöre nicht nur Markelsheim seine Anziehungskraft. Aber was ist zu tun? Weingärtner, Landwirtschaftsamt und Landratsamt haben gemeinsam Ideen entwickelt und eine Machbarkeitsstudie in Gang gebracht. Diese federführend von der  BIT-Ingenieurin Sabrina Theel und Andreas Nußbaum verfasste Studie wurde jetzt den Vertretern des Ministeriums für den Ländlichen Raum (MLR), Thomas Lochmann und Georg Schmitt, vorgestellt.

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Die Verantwortlichen bei der Übergabe der Machbarkeitsstudie (v. l.): Michael Schmitt (WG Markelsheim), Andreas Nußbaum (BIT), Thomas Lochmann (MLR), Georg Schmitt (MLR), Meinhard Stärkel (Landwirtschaftsamt), Sabrina Theel  (BIT), Jürgen Stilling (WG Markelsheim), Roland Zipf (Landwirtschaftsamt).
Die Verantwortlichen bei der Übergabe der Machbarkeitsstudie (v. l.): Michael Schmitt (WG Markelsheim), Andreas Nußbaum (BIT), Thomas Lochmann (MLR), Georg Schmitt (MLR), Meinhard Stärkel (Landwirtschaftsamt), Sabrina Theel (BIT), Jürgen Stilling (WG Markelsheim), Roland Zipf (Landwirtschaftsamt).Zeller
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Was ist nun untersucht und geplant worden? In der Machbarkeitsstudie „Frostschutz Weinbau Taubertal“ nennt Sabrina Theel diese Auslöser: 2016 Starkregen, 2017 Frost, 2018 Trockenheit und Dürre und die Energiewende. In einzelnen Lagen des Main-Tauber-Kreises wird seit einigen Jahren erfolgreich Frostberegnung eingesetzt, so in Gerlachsheim und Unterschüpf. Entscheidend ist der Einsatz von Frostbeginn bis Frostende, dabei sind enorme Wassermengen erforderlich und verlangt als Lösung Wasserspeicherbecken.

Woher kommt das Wasser?

Die Ingenieurin Theel hat die Rebflächen in Weikersheim und am Tauberberg in Markelsheim in Augenschau genommen. Weikersheim werde vorerst  nicht weiterverfolgt, weil die Wasserentnahme aus dem Vorbach höchst kritisch sei. „In Markelsheim kämen 85 ha Weinanbaufläche in Betracht. Bei einer nächtlichen Beregnungsdauer von zehn Stunden und einem Wasserbedarf von 35 m³ pro Hektar und der möglichen Frostdauer von drei Tagen hintereinander gehe es nicht ohne Speicherbecken. Für die Tröpfchenbewässerung in Trockenzeiten würde mit einem Wasserbedarf von 10 Liter pro Stock und Woche bei 4500 Rebstöcken pro Hektar und möglichen drei bis zehn trockenen Wochen gerechnet“ stellte Theel vor. Bei einer Wasserentnahme von 100 l in der Sekunde sei ein Speichervolumen von 68.000 m³ notwendig. Zwei oberhalb der Weinberge gelegene Standorte seien gut denkbar .

Die Abstimmung werde mit den Winzern und den Trägern Öffentlicher Belange weiterverfolgt. Interessante Synergieeffekte ergäben sich für den Hochwasserschutz durch zusätzlichen Retentionsraum, eine nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung und ein Schutz bei Starkregen. Auch eine energetische Nutzung durch einen Pumpspeicherbetrieb und die denkbare Stromversorgung durch Verknüpfung mit Windenergieanlagen und Freiflächenphotovoltaik seien möglich. Dies stieß bereits auf Interesse beim örtlichen Energieerzeuger.

Der Ball liegt beim Ministerium

Die Randbedingungen seien der Naturschutz, die Wasserwirtschaft mit einer jahreszeitlich begrenzten und nur unterstützend einsetzbaren Grundwasserentnahme außerhalb von Trinkwasserentnahmestellen. Ernüchternd sind jedoch die möglichen Kosten in einer Höhe von geschätzten 12,7  Mio. €. Pro Jahr werden 3000 bis 4000 € Betriebskosten unterstellt. Unter der Annahme von starken Frostschäden alle zehn Jahre, und mittleren alle zwei Jahre sowie einer Nutzungsdauer von  60 Jahren ergibt sich ein wirtschaftliches Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,07, denn zu dem geringeren Ertragsausfall kommt die bessere Qualität. Jedoch ist die Bedingung, dass das Land eine Fördermöglichkeit findet. „Jetzt liegt der Ball in Stuttgart beim MLR“ unterstrich die Gesprächsteilnehmer..

Den Reben "einheizen"

Seit Langem haben die Weingärtner im Taubertal mit Spätfrösten und erheblichen Ertragseinbußen zu rechnen. Einst traten die Spätfröste im Mai auf, durch die Klimaerwärmung und den früheren Austrieb schaden heute schon Aprilfröste. Früher wurden die Reben in drei von zehn Jahrenn durch Spätfröste geschädigt. Besonders gefährlich waren die Eisheiligen. Im Rahmen der einstigen Flurbereinigung gründeten die Markelsheimer die Betriebsgenossenschaft Tauberberg, im Volksmund als „Öfelesverein“ bekannt.

Vor den Eisheiligen wurden mit Heizöl gefüllte Öfen in den Weinbergen aufgestellt. Setzte Frost ein, dann weckte die Frostwache die Winzer und die Öfen wurden gestartet. Bei Wind bekamen auch die Badestädter den Ruß ab. Diese wenig umweltfreundliche Methode ist schon länger untersagt. Auch die Altvorderen räucherten ihre Weinberge bei Frostgefahr. Seit 1803 war es vom Deutschen Orden befohlen. Die herrschaftlichen Wälder wurden zum Sammeln von Laub und Moos freigegeben. Das Räuchern mit Laub  wurde sogar auf Obstbäume ausgeweitet. Das erste Zeichen zum Räuchern erfolgte bei 4 Grad über Null und bei 3 Grad das zweite Zeichen und der Beginn des Räucherns.

Wie wird heute der Spätfrostgefahr begegnet?

Es gibt viele Einzelmaßnahmen wie den Bodenbewuchs kurzhalten, Vernebeln als Räucherersatz, Heizdraht, Hubschrauber, Motorwindräder und die Austriebsverzögerung. Am wirkungsvollsten und sichersten ist die Frostschutzberegnung, denn sie ist geeignet für Strahlungsfrost und Strömungsfrost. Die Technik ist robust und sehr wirkungsvoll. Die Erstarrungswärme, die beim Gefrieren des Wassers frei wird, schützt die Blütenknospen je nach Rebsorte und Entwicklungsstadium bis -6 Grad Celsius. Es werden dabei die besonderen Eigenschaften des Wassers genutzt. Wasser gibt Energie ab, wenn es sich vom flüssigen in den festen Aggregatzustand umwandelt. Pro Liter Wasser werden beim Übergang zum Eis 335 Kilojoule frei. Wird ständig Wasser auf die Reben geregnet , wird der Gefrierprozess erhalten. So bleibt die Temperatur im Inneren der vereisten Rebenteile bei 0 Grad Celsius und schützt so die grünen Teile vor dem Erfrieren, denn Eis ist ein guter Wärmeleiter.

Der Nachteil der Frostschutzberegnung ist der hohe Wasserbedarf, denn die Frostschutzberegnung klappt nur, wenn ständig frisches Wasser auf die Pflanzen gelangt. Wird die Beregnung eingestellt, dann erfrieren die grünen Teile, denn es kommt dann auf der Oberfläche des Eises statt zu einer Wärmeabgabe zu einem Wärmeverlust durch Verdunstungskälte. Erst wenn die Temperaturen über Null Grad steigen und die Sonne scheint, darf die Beregnung enden. Dann taut das Eis wieder ab.

Das Tauwasser durchfeuchtet den Boden, dieser kann dann zusätzlich tagsüber mehr Wärme speichern. Die Nachteile der Frostberegnung sind die hohen Investitionskosten und der hohe Wasserbedarf. Geht das Wasser etwa wegen mehrerer Frostnächte hintereinander aus, ist die ganze Liebesmüh umsonst. Bei älteren Anlagen wie in Gerlachsheim müssen wegen der Beregnungsrohrleitungen die Traktoren als Cabrio fahren und der Vollernter und andere Technik kann nicht eingesetzt werden.

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