Pflanzenschutzmittel ade
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Auf der Grundlage des Volksbegehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen“ und dem im Dezember 2019 mit den Verbänden des Naturschutz- und des Landwirtschaftsbereiches einvernehmlich erarbeiteten Eckpunktepapiers wurde im Sommer 2020 das Biodiversitätsstärkungsgesetz im Landtag BW beschlossen, das mit der Änderung des Naturschutzgesetzes des Landes Baden-Württemberg künftig den Einsatz von Pestiziden in Naturschutzgebieten (NSG) verbietet.
Neue Schritte im neuen Jahr
Dieses Verbot gilt ab dem 1. Januar 2022 sowohl für konventionell als auch für ökologisch wirtschaftende Betriebe. Unter Pestiziden sind chemisch-synthetische und biologische Pflanzenschutzmittel (u. a. Herbizide, Fungizide, Insektizide) sowie Biozide (u. a. Rodentizide, Holzschutzmittel) gleichermaßen zu verstehen.
Tierarzneimittel, z. B. Entwurmungsmittel, Antiparasitika, Antibiotika etc., fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Biozide. Sie sind vom Pestizidverbot im Naturschutzgebiet nicht erfasst und damit nicht verboten. Demnach können Nutztiere (z.B. in Fischzuchtanlagen oder auf Weideflächen in NSG) mit Tierarzneimitteln behandelt bzw. behandelte Nutztiere in ein NSG verbracht werden.
Wer ist gemeint?
Landwirtschaftliche Betriebe können in FlONA (Flächeninformation und Online-Antrag) über das Abfragemodul die Betroffenheit ihres Betriebes flächenscharf abrufen.
Vom Verbot sind landesweit rund 24.000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche betroffen. Der größte Anteil dieser Flächen ist Grünland, aber auch rund 2.300 ha Ackerflächen und rund 180 ha Dauerkulturen liegen in Naturschutzgebieten. In der Grünlandbewirtschaftung ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden in der Regel von untergeordneter Bedeutung.
Verschiedene Lösungspakete
Insbesondere für die betroffenen Ackerbau- und Sonderkulturbetriebe (Wein-, Obst- und Gemüsebau) bedeutet dieses Verbot eine große Herausforderung. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft haben deshalb gemeinsam mit den Regierungspräsidien Lösungen entwickelt, um die Betriebe bei der Umsetzung des Verbots zu unterstützen. Ziel ist es, mit den Lösungsansätzen finanzielle Einbußen und Wettbewerbsnachteile möglichst zu minimieren und naturschutzfachliche Zielsetzungen in den Gebieten zu realisieren. Als Lösungsmöglichkeiten kommen angepasste oder bestehende Fördermaßnahmen nach der Landschaftspflegerichtlinie des Landes oder bestimmte FAKT-Maßnahmen in Frage. Wenn es sich um Ackerland handelt, sind eine angepasste Ackernutzung, die Umwandlung in Grünland oder der Tausch von Acker- und Grünland denkbar.
Zu den genannten und zu weiteren Lösungsmöglichkeiten, auch für den Wein-, Obst- und Gemüsebau sowie für die Grünlandbewirtschaftung, übernehmen die Landwirtschaftsämter der Landkreise gerne die Erstberatung und vermitteln – soweit erforderlich – die weiteren Ansprechpersonen beim Naturschutz, den Landschaftserhaltungsverbänden oder den Regierungspräsidien. Die Umsetzung der erarbeiteten Lösungen soll spätestens zum 1. Januar 2022 erfolgen, sodass diese dann auch im Gemeinsamen Antrag des Jahres 2022 zu berücksichtigen sind.
Jeder sollte sich bemühen
Sofern die erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten in einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht umsetzbar sind, kann unter sehr engen Voraussetzungen eine Ausnahme vom Verbot des Pestizideinsatzes zum Tragen kommen. Diese Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel für den Erhalt des Schutzgebietes unerlässlich ist oder wenn ein Härtefall (z. B. eine Existenzgefährdung) vorliegt. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Regierungspräsidien (https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/natur/naturschutzgebiete). Karten und Informationen zu den einzelnen Naturschutzgebieten erhalten Sie über den Daten- und Kartendienst der LUBW (https://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de). Zuständig für eventuelle Ausnahmen sind die Naturschutzreferate der Regierungspräsidien.
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