Sektkellerei Rilling stellt Betrieb ein
Die Sektkellerei Ludwig Rilling GmbH & Co. KG wird sukzessive bis zum 30. September 2023 ihren Betrieb einstellen. Darüber informierten die Geschäftsführer Tobias Grimminger und Cemal Isin heute Vormittag die rund 30 Mitarbeitenden. Damit endet nach 135 Jahren die Sektherstellung in der Brückenstraße 8 in Bad Cannstatt.
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Das Marktumfeld für Sekt und Schaumweine ist seit Jahren schwierig. Rilling Sekt hatte in der Vergangenheit mit rund 30 Sektsorten ein zu breites Sortiment, konnte sich aber gleichzeitig nicht rechtzeitig auf die sich verändernde Nachfrage einstellen. Der Absatz der traditionsreichen Regionalmarke ist seit den 1990er Jahren ru¨ckläufig. Die fehlende Erschließung neuer Zielgruppen, ein sich veränderndes Konsumverhalten und die unterdurchschnittliche Vertretung im Lebensmittel-Einzelhandel kamen hinzu, so auch die Analyse eines unabhängigen Unternehmensberaters. Dies führte dazu, dass die Marke in ein niedriges Preissegment abrutschte, in dem die Margen klein sind. Zuletzt machte die Pandemie dem Unternehmen zu schaffen, weil Gaststätten geschlossen waren und Anlässe wie Hochzeiten, Bälle, Festivals und andere Veranstaltungen, bei denen typischerweise Sekt getrunken wird, ausgefallen sind. Mit dem Krieg in der Ukraine stiegen zudem die Kosten für Glasflaschen, Aluminiumkapseln und Energiekosten sehr stark, was jedoch nicht an die Kunden weitergegeben werden konnte.
Erfolglose Suche nach Partner
Mitte 2021 erwarben Tobias Grimminger und Cemal Isin das Unternehmen und übernahmen die Geschäftsführung. „Wir hatten von Anfang an das Ziel, Rilling als Sekthersteller zu erhalten und mit einem erfahrenen Partner mit Produktions- und Markt-Know-how fortzuführen. Die Gespräche und Verhandlungen waren jedoch nicht erfolgreich. Ein zweiter Interessent hat die anfänglich Erfolg versprechenden Gespräche aufgrund der hohen erforderlichen Investitionen und dem schwierigen Marktumfeld abgebrochen“, berichtet Grimminger.
Die Mitarbeitenden der Sektkellerei waren über den geplanten Umbau informiert. Seit November vergangenen Jahres wurden Gespräche mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft NGG geführt, die fortlaufend auch über den Stand der Verhandlungen mit einem potenziellen Erwerber informiert waren. Da dieses Konzept nun nicht realisiert werden kann, sieht sich die Geschäftsführung gezwungen, den Betrieb sukzessive stillzulegen.
Von der Weinhandlung zur Sektkellerei
Rilling wurde 1887 als Weinhandlung von Ludwig Rilling in Bad Cannstatt gegründet. Bereits 1900 erwarb Rilling das Stammhaus in der Brückenstraße 8-10 mit einem weitgewölbten Keller aus 17. Jahrhundert. 1935 begann das Unternehmen mit der Herstellung von Sekt und prägte die Branche in Deutschland entscheidend mit. Sohn Albert Rilling erhielt ein Patent auf das Verfahren einer zweiten Gärung im Sekttank, auf dem heute weltweit der größte Teil Sektproduktion basiert. In Spitzenzeiten beschäftigte Rilling mehr als 200 Mitarbeitende.
Zwischen 1968 und 2002 entstanden auf dem Firmengelände zahlreiche Erweiterungen und Kellereianlagen. Von 2010 bis zum Verkauf an die Neueigentümer wurde das Unternehmen von Charlotte und Bernhard Rilling geleitet. Bernhard Rilling hat das Unternehmen als Betriebsleiter nach der Übernahme weiter begleitet.
Umfangreiche Investitionen wären in den vergangenen Jahren notwendig geworden, um weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können. Zu den nicht mehr zeitgemäßen Produktionsanlagen kam die logistisch schwierige Lage des verwinkelten Gebäudeensembles am Ufer des Neckars.
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