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Württemberg | Hybride Weinbautagung

Die Kosten in den Griff bekommen

Die Produktionskosten im Weinbau steigen immer weiter, gleichzeitig lassen die Erlöse zu Wünschen übrig. Was das für die Branche bedeutet, zeigte die Württembergische Weinbautagung im Februar.

von Regina Klein erschienen am 15.02.2024
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Die 71. Württembergische Weinbautagung fand am 7. Februar erstmals hybrid statt. Rund 700 Teilnehmer folgten der Veranstaltung vor dem PC, während etwa 120 Menschen Platz in der Aula der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg fanden.

Wo die Weinbaubranche, speziell in Württemberg, derzeit steht und wie sie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen sollte, das zeigte Dr. Jürgen Oberhofer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz. Der Pfälzer setzte dabei immer wieder das Anbaugebiet Württemberg in Relation zu den beiden großen rheinland-pfälzischen Anbaugebieten Pfalz und Rheinhessen, die aufgrund ihrer Struktur meist äußerst effizient bewirtschaftet werden können.

100.000 Euro sind das Minimum

Während Betriebe in der Pfalz und Rheinhessen ihre Betriebsergebnisse in den vergangenen Jahren häufig auf 100.000 Euro und mehr im Jahr steigern konnten, stagnieren die Erlöse in Württemberg seit 20 Jahren bei etwa 40.000 Euro pro Jahr. Mittlerweile haben jedoch auch effiziente Betriebe in Rheinland-Pfalz die Kosten- und Absatzkrise zu spüren bekommen. 2023 sanken die Erlöse auch dort erstmals wieder auf deutlich unter 100.000 Euro. Oberhofer machte deutlich, dass ein Betrieb jedoch erst ab dieser Summe langfristig überlebensfähig sein kann.

„Wir haben schon öfter schlechte Zeiten im Weinbau durchgemacht“, stellte der Betriebswirtschaftler fest. „So schlimm wie zurzeit war es allerdings noch nie“, ergänzte er. Die Erklärung: Zu den Absatzschwierigkeiten bedingt unter anderem durch Kaufzurückhaltung und zu viel Ware im Markt – vor allem aus dem Ausland – kommen erstmals massive Kostensteigerungen hinzu.

Zudem ist der Weinabsatz in Württemberg auch schon vor der aktuellen Krise laut Statistik seit 2010 kontinuierlich zurückgegangen. Gleichzeitig werden pauschalierende Betriebe zusätzlich durch die abgesenkte Vorsteuerpauschale belastet. Diese wird sich auf die Erlöse wie eine 2,3-prozentige Preissenkung auf das Endprodukt auswirken. Die Lücke zu den Produktionskosten wird also nochmals größer.

Flächen reduzieren

Beim Blick in die Zukunft wird sich die Absatzsituation vermutlich wieder etwas normalisieren, da die Inflationsrate derzeit deutlich nach unten zeigt. Die Kosten für die Betriebe werden durch weitere Anhebung des Mindestlohns und steigende Maschinenkosten – bedingt durch weitere Digitalisierung und technische Fortschritte – jedoch weiterhin steigen.

Oberhofer ist sich sicher, dass das Einstiegssortiment in Deutschland nicht mehr produzierbar ist. Im Jahr 2021 waren 37,5 % der Weine im Lebensmitteleinzelhandel in der Preiskategorie bis 1,99 Euro je Flasche zu finden. In Württemberg kostet die Bewirtschaftung eines Hektars Rebfläche im Direktzug rund 14.000 Euro. Für die Wettbewerbsfähigkeit sollten es 8000 Euro je Hektar sein. Die Kosten lassen sich nur noch über Minimalschnitt-Anlagen und die Anpflanzung von pilzwiderstandsfähigen Reben (Piwis) drücken. Die Bewirtschaftung von Piwis spart rund 1000 Euro je Hektar ein. In Kombination mit Minimalschnitt lassen sich die Kosten um etwa 30 % senken, liegen dann aber immer noch bei etwa 10.000 Euro je Hektar.

Die Verkaufserlöse für Wein kurz- oder auch langfristig zu steigern, werde nicht klappen, so der Experte. Vor dieser Herausforderung stünde die Branche bereits seit 40 Jahren, bislang ohne Erfolg. Daher führe nun kein Weg an einer Flächenreduzierung vorbei. Oberhofer fordert, dass es keine Förderung mehr für Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen gebe, sondern diese in eine Rodungsprämie umgewandelt wird. Nur so könne eine strukturierte und zügige Regulierung klappen. Andernfalls drohten Weinberge zu verwildern und am Ende auch produktive Anlagen mit nach unten zu ziehen.

Ein Blick ins europäische Ausland zeigt jedoch, dass nicht nur Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Auch Spanien, Italien und Co. können nicht dauerhaft Weine für 1,99 Euro je Flasche produzieren. Die Folgen des Klimawandels werden die dortigen Produktionskosten massiv erhöhen. In Frankreich wurden zudem gerade 2,5 Mio. Hektorliter Wein destilliert. Das entspricht etwa zwei Württemberger Weinernten.

Die Herausforderungen der anderen Länder könnten also auch eine Chance für den deutschen Weinbau sein, wenn jetzt die Weichen entsprechend gestellt werden.

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