21. ÖNOLOGISCHES SYMPOSIUM
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„Wer kühl vergärt, der verschenkt Potenzial“, das war das Fazit von Dr. Jürgen Sigler vom Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg. Er referierte über die Temperatureffekte bei der Maischegärung von Spätburgunder. In Versuchen haben Sigler und sein Team festgestellt, dass höhere Gärtemperaturen unter anderem zu besserer Farbextraktion und einer Reduzierung des Eisbonbon-Tons führen. Bei einer sensorischen Bewertung schnitten die Weine, die bei 35 °C vergoren wurden deutlich besser ab als die beiden anderen Versuchsvarianten mit 25 und 30 °C, wobei auch diese mit der Note 2,2 bis 2,5 nicht schlecht bewertet wurden. „Durch die Art der Gärführung lässt sich die Aromatik steuern“, resümierte Sigler. Je höher die Gärtemperatur, umso stärker nimmt der Rotweincharakter zu. Wer also zu kühl vergärt, der verschenkt durchaus Potenzial. Aber Vorsicht: Die Werte, die die Temperatursonde des Maischebehälters anzeigt, entspricht nicht immer der tatsächlichen Temperatur im Gärbehälter. Wer also mit unterschiedlichen Temperaturen experimentieren möchte, sollte die Genauigkeit seiner Messinstrumente dringend überprüfen.
Ist Carboxymethylcellulose, also CMC, wirklich das Wundermittel in der Weinsteinstabilisierung? Dieser Frage ging Achim Rosch vom DLR Mosel nach. Machen wir es kurz, „jein“. Grundsätzlich ist von einer Anwendung in Rotwein abzuraten, da es hier zu teils massiven Trübungen kommen kann. Im Weißwein gilt ein „ja, aber“. CMC stabilisiert nur echten Weinstein. Calciumtartrat fällt aus. Eine Stabilisierung des Weins bei über 20 °C ist ebenfalls schwierig. Wird CMC kurz vor der Filtration zugegegben, kann es zu Verblockungen des Filters kommen. Eine Zugabe sollte also rund eine Woche vor der Filtration erfolgen. Zudem müssen die Weißweine eiweißstabil sein, um eine Trübung zu verhindern.
Etwas provokant ging es bei Dr. Ramón Mira de Orduña Heidinger von der University of Science and Art Western Switzerland, Changins zu. Er beschäftigte sich mit SO2 in der Umwelt, im menschlichen Stoffwechsel und im Wein. Den aktuellen Hype um „schwefelfreie“ Weine tat Heidinger als eine Art Werbegag ab. SO2 kommt auch ohne Schwefelzusatz natürlicherweise im Wein vor, da es bei der Gärung von Hefen gebildet wird. Dem Stoff würden schlimme Dinge nachgesagt, die Heidinger jedoch nicht verstehen könne. SO2 ist für den menschlichen Stoffwechsel nach Kalzium und Phosphor der drittwichtigste Stoff. Er wird benötigt, um Gifte auszuscheiden. Während über den „bösen“ Schwefel im Wein diskutiert würde, mache sich niemand Sorgen um Energydrinks wie Red Bull oder das Schweizer Nationalgericht Fondue. Um auf den Schwefelgehalt einer Dose Red Bull zu kommen, müsste ein einzelner Mensch rund 300 Liter Wein trinken. Und mit 200 g Fonduekäse nimmt der Körper rund 1400 mg SO2 auf. Es ist wie immer: die Dosis macht das Gift.
Edelsüße Weine sind etwas Besonderes. Wäre da nicht die knifflige Herstellung, denn die Hefen sind bei den hohen Mostgewichten im Dauerstress. Ein Problem ist bei der Eisweinherstellung vor allem die flüchtige Säure, die bei der Gärung aufgrund der hohen Mostgewichte entsteht. Johannes Burkert von der LWG Veitshöchheim hat in verschiedenen Versuchen herausgefunden, dass besonders die Saccharomyceten zu kämpfen haben. Sie bildeten bei Mostgewichten von über 180 °Oe deutlich mehr flüchtige Säure als Torulaspora delbrueckii. Auch beim Alkoholgehalt zeigte sie sich verträglicher. Während der Alkohol bei den Saccharomyceten in die Höhe schoss, stoppte Torulaspora delbrueckii bei 6 bis 7 % vol. Für die Herstellung von edelsüßen Weinen eigentlich optimal. Wer Eiswein produziert, sollte zudem die Gärtemperatur und eine gute Nährstoffversorgung im Hinterkopf haben. Temperaturen von über 20 °C helfen den Hefen, besser zu arbeiten. Und wer viel arbeitet, will auch mit guten und ausreichend vielen Nährstoffen versorgt werden. Damit die Gärung aber erst so richtig in Gang kommt, ist außerdem eine Mindest-Hefeeinsaatmenge von 50 g/hl wichtig.
Mit dem Schwefel ist das so eine Sache. Er ist ein unverzichtbares Mittel in der Weinherstellung. Er schützt vor Bräunungsreaktionen, mikrobiellem Befall und vor Oxidationsnoten. Zu viel des Guten ist aber auch kontraproduktiv – es entstehen Böckser und auch der Gesundheitsaspekt steht immer wieder mal im Raum. Prof. Dr. Manfred Großmann von der Hochschule Geisenheim hat sich intensiv mit dem heiß diskutierten Thema auseinandergesetzt. „Es ist wichtig, beim Wein von Anfang an mitzudenken. Es gibt zahlreiche Schwachstellen in der Weinbereitung, was den SO2-Bedarf betrifft. Und wenn die sich addieren, wird es schwierig“, erklärt Großmann. Deshalb ist ein richtiges SO2-Management wichtig, vor allem bei Jungweinen. Es gibt verschiedene Maßnahmen, den SO2-Bedarf einzuschränken. Dazu gehören: ein gesundes Lesegut, kurze und schnelle Wege zur Traubenanlieferung und Verarbeitung, Ganztraubenpressung (vor allem bei belastetem Lesegut), SO2-Einsatz in Maische und Most, eine rasche Angärung (Verzicht auf Spontangärung und Nutzung von gärkräftigen Reinzuchthefen), ein bewusster Einsatz von Gärhilfestoffen wie Thiamin, eine moderate Gärtemperatur und – wenn der Weintyp es erlaubt – ein Biologischer Säureabbau oder eine Malolaktische Fermentation. Wenn zugelassen, können auch Most- und Weinsäuerung eine Möglichkeit darstellen – sollten die pH-Werte zu hoch sein.
Wie viel Sauerstoff ist sinnvoll? Prof. Dr. Ulrich Fischer vom DLR Rheinpfalz widmete sich in seinem Vortrag zum reduktiven Weißweinausbau genau dieser Frage. Und sie ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es hängt nämlich davon ab, in welcher Stufe der Weinbereitung man den Sauerstoff einsetzt. Wer im Most Sauerstoff zulässt, fährt damit ganz gut. Die Phenole lagern sich zu langen bräunlichen Polymeren zusammen und können später bei der Vorklärung entfernt werden. Zudem können oxidierte Phenole Schwefelverbindungen binden – Böckser werden so eliminiert. Bleibt man reduktiv, hat man zwar einen grünen Most, die komplette Phenolpracht bleibt aber im Wein und kann später im Weinstadium oxidieren. Das führt zu Alterungsnoten oder auch zu dumpfen Aromen. Treten später im Lager Böckser auf, wird es noch schwieriger. Die lassen sich nämlich auch nicht durch Kupferschönung entfernen. Je reduktiver gearbeitet wird, umso mehr begünstigt das Kupfer die Freisetzung von H2S. Ein durchlässiger Korken, Stopfen oder auch Drehverschluss sorgen dafür, dass unangenehme Gerüche entweichen ohne dabei die sortentypischen Aromen zu entfernen. Auch die Wahl einer Hefe mit geringer Böckserneigung und eine ausreichende Hefeernährung helfen gegen unerwünschte Weinfehler.
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