Kirschessigfliege: Sonderhinweis Nr. 6
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Irgendwie weiß man nicht recht, was der Jahrgang hergibt. Einerseits sehen die Weinberge aus der Ferne betrachtet sehr vielversprechend aus. Bei genauerem Hinsehen sind aber doch einige Wermutstropfen zu erkennen. Das Hauptproblem momentan sind kompakte Trauben, in denen sich Beeren aus Platzmangel vom Beerenstiel wegschieben und die entstandenen Wunden Eintrittspforten für Mikroorganismen (Essigsäurebakterien und Hefen) bieten. Bei Schwarzriesling, bei den anderen Burgundersorten und bei Portugieser, aber teilweise auch bei Lemberger entstehen so von innen heraus Fäulnisherde, meist leider auch oft mit Essigfäule. Beim Anfassen der Trauben fallen einem oft abgelöste Beerchen in die Hand. Dahinter sieht und riecht man dann beim weiteren „Grubbeln“ den rötlich-schmierigen Essigstich. Diese Art der Fäulnis hat erst einmal nichts mit KEF zu tun. Die aktuelle Witterung mit kühlen Nächten und insgesamt trockener Witterung bremst die Entwicklung der Organismen zwar etwas aus, dennoch sind bei der Lese diese Fäulnisnester großzügig auszusortieren, natürlich ganz besonders auch bei Vollernterlese.
Parallel zu dem oben beschriebenen Problem etabliert sich allerdings zunehmend auch die Kirschessigfliege in den Weinbergen. Besonders bei roten Sorten in Wald- und Gebüschnähe ist teilweise deutliche Besiedlung und Befallsentwicklung mit Essiggeruch feststellbar. Je wüchsiger der Bestand ist und wenn dann noch Vögel oder Wespen (sind insgesamt wenig unterwegs) unterwegs sind, verstärkt sich das Problem KEF.
KEF-Befall ist anhand eigener Beobachtungen und im Rahmen des Beerenmonitorings der LVWO mittlerweile verbreitet an roten Rebsorten festzustellen. Deshalb sollten Pflanzenschutz-Maßnahmen gegen KEF bei:
- rötlichen und roten Sorten, bei denen die Wartezeit sicher eingehalten werden kann, in Erwägung gezogen werden. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Trollinger und evt. auch Lemberger. Eine sichere Prognose der KEF Entwicklung für die nächsten 3-4 Wochen kann nicht gegeben werden. Wo Bedenken mit der 14-tägigen Wartezeit bestehen (Spintor und Mospilan), kann auf Karate Zeon mit 7 Tagen Wartezeit zurückgegriffen werden. Die Einsatzbedingungen für eine Behandlung mit Karate Zeon sind schon aus Eigeninteresse des Winzers strikt einzuhalten.
Pflanzenschutz-Maßnahmen sind nicht erforderlich bzw. nicht mehr möglich bei:
- Weißweinsorten
- Rötliche und rote Sorten, die 2014 komplett gesund bis weit in den Herbst hinein waren und jetzt auch noch vollkommen gesund sind
- Rötlichen und roten Sorten unabhängig von Befallssymptomen, wenn die Wartezeit nicht eingehalten werden kann und die alsbald gelesen werden
- Als Notanker bei sich entwickelndem kritischem Befall dient letztendlich nur noch eine schnelle Lese.
Da die Traubenlese bereits begonnen hat, führen parallele Pflanzenschutzmaßnahmen, auch wenn sie regelgerecht stattfinden, zu einem unguten Gefühl sowohl innerhalb als auch außerhalb des Weinbaus. Daher ist generell noch stärker auf eine abtriftmindernde Applikationstechnik und sehr sensiblen Umgang mit der Maßnahme zu achten. Dies gilt auch für die Schonung von Bienen und damit zusammenhängend auch für den empfohlenen Behandlungszeitpunkt möglichst außerhalb des Bienenfluges (Abendstunden oder Morgenstunden). Bei allen chemischen Maßnahmen muss auch leider darauf hingewiesen werden, dass der Wirkungsgrad, sprich Reduzierung des KEF Befalls, nie 100 %ig sein kann.
Grundsätzlich müssen Mitglieder von Erzeugergemeinschaften und Weingärtnergenossenschaften entsprechende Maßnahmen mit dem Vermarktungsbetrieb abstimmen.
Bereits vielfach veröffentlichte Hinweise zum Bienenschutz sind zu beachten!
Unter „Vitimeteo“ kann ein schneller Überblick über die KEFGesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden. Selbstverständlich entbinden die Monitoringergebnisse nicht den einzelnen Winzer davon, seine Anlagen selbst zu beobachten und ggf. entsprechende Maßnahmen bezogen auf den Einzelstandort vorzunehmen.
Zusatzinformation zu den einzelnen Präparaten:
Ein grundsätzliches Ranking, das besagt, welches Mittel das Beste ist, gibt es noch nicht. Vielleicht helfen die vielfach angelegten Versuche dahingehend für die nächsten Jahren weiter.
- SpinTor wirkt insbesondere auf Fliegen. Vom Sprühnebel getroffene Fliegen werden sofort erfasst (Kontaktwirkung) – deshalb die ganze Laubwand behandeln! SpinTor wird von den Tieren auch durch Begehen inkl. Putzverhalten und Fraßaktivität aufgenommen (Fraßwirkung). Die Eier kommen bei der Eiablage mit dem Wirkstoff in Kontakt, ebenso die Larven, da der Wirkstoff oberflächennah eindringt und dort aufgenommen wird. Im Anschluss an eine Behandlung sollte es möglichst lange trocken sein. Spintor ist bienengefährlich!
- Mospilan hat eine gewisse Wirkung auf alle Stadien der KEF, insbesondere auf Larven.
- Karate Zeon wirkt im Wesentlichen gegen die erwachsenen Fliegen. Das Mittel ist stark raubmilbenschädigend. Deshalb ist der Einsatz gegen die Kirschessigfliege nur in der Traubenzone mit driftreduzierter und akkurater Anwendungstechnik zugelassen! Eine Abdrift von Sprühnebel in die obere Laubwandhälfte muss unbedingt vermieden werden. Falls Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich spätestens im Folgejahr ein sehr starker Spinnmilbenbefall einstellen!! Das Spritzen der Trauben nur in der Traubenzone ist mit driftreduzierter Anwendungstechnik durchzuführen. Dazu zählen z.B. Axialgeräte mit Querstromaufbau und horizontaler Luftführung, Tangentialgebläse, Radialgebläse mit horizontaler Luftführung und reine Spritzgestänge ohne Luftunterstützung. Die Gebläse sind mit waagrechter bzw. mit leicht nach unten geneigter Luftführung und randscharf nur auf die Traubenzone einzustellen sowie mit reduzierter Luftleistung zu betreiben, um ein „Durchblasen“ der Spritztropfen durch die Laubwand zu vermeiden. Die Sprührichtung muss von oben nach unten erfolgen. Dazu kann auch die Anbauspritze so weit möglich angehobenwerden, um die Düsen nach unten zu neigen. Beim Einsatz von Karate Zeon sind bevorzugt grobtropfige Hohlkegel-Injektordüsen einzusetzen. Für die Behandlung der Traubenzone sind 2 bis max. 3 Düsen je Seite zu öffnen. Es ist jede Rebzeile von beiden Seiten zu behandeln. Geräte, die von unten nach oben applizieren sind für diese Anwendung nicht geeignet. Weitere Auflagen und Anwendungsvorschriften zur Anwendung von Karate Zeon sind zu beachten. Für die Behandlung der Traubenzone ist die Aufwandmenge auf 37,5 ml/ha Karate Zeon zu reduzieren. Nur diese Menge ist zugelassen und muss penibel eingehalten werden. Generell wird bei der Anwendung von Insektiziden auf einen möglichst umfangreichen Anwenderschutz hingewiesen. Bei Karate Zeon ist in den Anwendungshinweisen beschrieben, dass Hautreaktionen vorkommen können. Die Empfehlung, bei der Ausbringung bzw. Handhabung des anwendungsfertigen Mittels, in Raumkulturen partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder Halbmaske mit Partikelfilter P2 (Kennfarbe:weiß) zu tragen, deutet darauf hin, dass mit dem Mittel sehr sorgsam umgegangen werden muss. Bester Schutz bietet immer noch eine Schlepperkabine mit funktionsfähiger Filtereinrichtung.
Wenn neue Infos zur KEF Situation vorliegen, wird wieder zeitnah informiert. Allerdings wird auch die Nähe zur bevorstehenden Hauptlese mögliche Maßnahmen ab nächster Woche kaum noch ermöglichen.
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