Neue Klimamodelle für Unterfranken
Vermehrte Hitze und Trockenheit, häufigere Gewitter mit starken Wolkenbrüchen – das sind einige Auswirkungen des Klimawandels. Sie stellen Land- und Forstwirte, Wein-, Gemüse und Obstbauern vor akute Probleme und werfen dabei jede Menge Fragen auf. Antworten darauf erwarten 16 kleine und mittlere Unternehmen aus Unterfranken, darunter auch sechs Weingüter, die sich in dem Kooperationsprojekt "BigData@Geo" mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zusammengetan haben. Die Forschungsgruppen wollen in Kooperation mit den Betrieben ein Modell erarbeiten, mit dem sich die Auswirkungen des Klimawandels in Unterfranken möglichst kleinräumig voraussagen lassen. Die Ergebnisse sollen auf einer Webseite leicht verständlich dargestellt werden.
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Viele Betriebsinhaber fragen sich schon heute, wie sie jetzt ihre Unternehmen strategisch ausrichten sollten, damit sie bei fortschreitender Klimaveränderung auch in 20 oder 30 Jahren noch gut wirtschaften können.
Eignen sich in der Zukunft vielleicht manche Weinbergsparzellen nur noch für Rebsorten, die mit extremer Trockenheit zurechtkommen? Dann sollte man rechtzeitig pflanzen. Muss man umfassend in Bewässerungsanlagen investieren? Wird es so weit kommen, dass der Anbau bestimmter Nutzpflanzen auf manchen Flächen gar nicht mehr möglich ist?
Um künftig besser vorbereitet zu sein, wurde das Kooperationsprojekt "BigData@Geo" ins Leben gerufen. Ziel ist es, Klimamodelle zu generieren, die gerade für Unterfranken möglichst kleinräumige Voraussagen möglich machen.
Vertreter der 16 teilnehmenden Unternehmen waren am 4. Juni 2018 zu einer Auftaktveranstaltung an die JMU gekommen. Sie diskutierten mit Informatikprofessor Andreas Hotho und den Geographieprofessoren Roland Baumhauer und Heiko Paeth – jeweils mit Promovierenden und anderen Mitarbeitern –über das weitere Vorgehen im Projekt.
In den Monaten zuvor hatten die JMU-Wissenschaftler die Unternehmen bereits kontaktiert. In Gesprächen und aus Fragebögen erfuhren sie von ihnen, welche Klima-, Boden- und Umweltdaten für die Betriebe besonders wichtig sind. Solche Daten sind bislang meist schwer zu bekommen, in der Darstellung unübersichtlich oder nur für Wissenschaftler verständlich.
Klimamodelle für die langfristige Planung
Die Forschungsgruppen wollen in Kooperation mit den Betrieben ein Modell erarbeiten, mit dem sich die Auswirkungen des Klimawandels voraussagen lassen. Die Ergebnisse sollen auf einer Webseite leicht verständlich dargestellt werden. „Wohlgemerkt: Hier geht es nicht um eine Wettervorhersage, sondern um eine langfristige Klimaprojektion für die Land- und Forstwirtschaft“, so Heiko Paeth, Experte für Klimaforschung und Klimamodellierung.
Aus möglichst vielen verfügbaren Datenquellen – zum Beispiel Satellitendaten, digitalen Geländemodellen und Bodenkarten – und mit Hilfe noch zu installierender Mess-Stationen soll am Ende eine Klimasimulation entspringen, die den Betrieben bei der langfristigen Planung hilft. „Wir wollen sie damit bei der Überlegung unterstützen, welche Pflanzen künftig an welchen Standorten des Betriebs noch sinnvoll angebaut werden können“, sagt Projektleiter Andreas Hotho.
Methoden der künstlichen Intelligenz im Einsatz
Hotho ist Fachmann für Data Mining, künstliche Intelligenz und neuronale Netze. Sein Team ist im Projekt dafür zuständig, die Umweltdaten zu sammeln und aufzubereiten. Es setzt dabei unter anderem auf neueste Methoden des maschinellen Lernens. Diese sollen die aufwändigen Rechenvorgänge bei der Klimamodellierung mit einfacher Standard-Hardware deutlich schneller machen.
„Wir wollen auch die bestehenden Systeme zur Klimamodellierung verfeinern, indem wir sie mit zusätzlichen Datenquellen kombinieren“, erklärt Roland Baumhauer. Mit den aktuell verfügbaren Modellklimadaten zum Beispiel lasse sich Unterfranken nicht gut genug abbilden – da sei es schon schwierig, Steigerwald, Rhön und Spessart vernünftig zu erkennen. Gängig seien derzeit Flächenraster mit 100 Kilometer Auflösung. Die JMU-Forscher streben eine viel höhere Auflösung an. „Ein Kilometer, das wäre schon beispiellos. Vielleicht schaffen wir sogar 90 Meter“, sagt Heiko Paeth. Damit könnten die Betriebe auf den Klimasimulationen sogar einzelne Parzellen erkennen.
Betriebe bewerten Ergebnisse der Wissenschaft
Ein erster Entwurf für ein Webportal solle den Betrieben in einigen Monaten zur Verfügung stehen, wie die Wissenschaftler beim Auftakttreffen ankündigten. Sie müssen dann die Verständlichkeit und Nutzbarkeit der grafischen Darstellungen auf dem Portal kritisch bewerten. Sind die Abbildungen zu Temperatur, Niederschlag oder Bodenwasser zu kompliziert, müssen die Wissenschaftler nachbessern.
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