Mitgliederversammlung und Verleihung der Goldenen Ehrennadel
Am Dienstag, dem 07. Mai, fand die jährliche Mitgliederversammlung des Weinbauverbands Württemberg in der Alten Kelter in Besigheim statt. Auf dem Programm standen neben dem Rück- und Ausblick von Präsident Hermann Hohl auch spannende Vorträge und eine Podiumsdiskussion. Traditionell wurde die Goldene Ehrennadel verliehen. Die frisch gebackenen Träger dieser Auszeichnung sind Albrecht Hauber, Georg Enssle, Matthias Schilling, Thomas Frieben, Hans Wahler und Joachim Hauck.
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"2018 war zweifellos ein herausforderndes Weinjahr. Früher Austrieb, langanhaltende Trockenheit, regionaler Hagelschlag, Starkregen. Zum Glück wandte sich im Spätsommer dann noch vieles zum Guten. So konnte in ganz Württemberg eine an Menge und Güte hochwertige Traubenernte eingebracht werden", betont Weinbaupräsident Hermann Hohl in seiner Ansprache. Auf der 10.904 ha großen Ertragsrebfläche wurden 115 Mio. Liter Weinmostmenge geerntet. Im Vergleich waren es in 2016 114 Mio. Liter, 2007 129 Mio. Liter und 2002 131 Mio. Liter. Ebenso erfreulich waren die Mostgewichte, die bei allen Sorten über dem langjährigen Mittel lagen. "Besonders hervorzuheben ist der makellose Gesundheitszustand der Trauben. Dies führte zu hervorragenden Qualitäten, die sich in Reihe der Jahrhundertjahrgänge einordnen lassen", so Hohl.
Erfolgreiche Weinbaupolitik auf Landesebene
Auch politisch hat sich im Weinland Württemberg einiges getan. Zu nennen seien da zum einen der Vorwegabzug vom Weinbaubudget für Werbezwecke im Binnenmarkt. Für die Anbaugebiete Baden und Württemberg beträgt dieser rund 500.000 Euro. Ebenfalls von großer Bedeutung sind die erreichten Fördermittel auf europäischer Ebene. Auf Initiative des Landes wurde bei den GAP-Verhandlungen erwirkt, dass die Fördermittel für den Weinbereich bis 2023 fortgeführt werden. Für Baden-Württemberg sind das rund 10 Mio. Euro. Der Weinbau in Württemberg und damit die Kulturlandschaft im Ländle ist geprägt von Steilst- und Terrassenlagen. "Das für den Erhalt der Steilstlagen aufgelegte Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg wurde 2018 zum ersten Mal von den Weinbaubetrieben in Anspruch genommen. Es wurden 514 Anträge für insgesamt 309 ha Rebfläche gestellt", teilt der Weinbaupräsident weiterhin auf der Mitgliederversammlung mit.
Für ein Thema, das lange diskutiert und angekündigt war, fiel 2018 nun endlich der Startschuss: Minister Peter Hauk hat die beiden Weinbauverbände per Verordnung als Schutzgemeinschaft anerkannt. "Es gibt in der Schutzgemeinschaft noch kleine Anfangsprobleme, insbesondere was die Vertretung der Vermarktungsseite in der Schutzgemeinschaft betrifft. Wir werden aber auch dieses Problem noch lösen", betont Hohl. Die anfallenden Arbeiten für die Schutzgemeinschaften hielten sich 2018 in Grenzen. Laut Hermann Hohl müsse zunächst abgewartet werden, was bei der neuen Weingesetzgebung für die Schutzgemeinschaft geregelt wird.
Was auf Bundesebene los ist
Am 15. März 2019 hatte Bundesministerin Julia Klöckner die Vertreter der Anbaugebiete und die Gruppierungen der Deutschen Weinwirtschaft zu einem runden Tisch „Nationale Weinrechtsform“ nach Bonn ins Bundesministerium eingeladen. Beim Gespräch wurden für die Weinwirtschaft wichtige Eckpunkte angesprochen:
- Die geltende Hektarertragsregelung soll erhalten bleiben. In Württemberg gilt das Einwertmodell (110hl/ha) mit der Überlagerungsmöglichkeit. Zukünftig können die Schutzgemeinschaften einen höheren oder niedrigeren Wert je nach Marktgegebenheit festlegen.
- Der Deutsche Weinbauverband setzt sich weiterhin dafür ein, das alte Qualitäts- und Bezeichnungsrechtssystem in ein herkunftsorientiertes Qualitäts- und Bezeichnungssystem zu überführen. Innerhalb der g.U. ist eine vierstufige Herkunftspyramide zu entwickeln, die aus den Stufen „Anbaugebiet Großlage/Bereich, Gemeinde/Ortsteil und Lage“ besteht. Die Großlage soll in das System integriert werden. Hierbei ist eine klar erkennbare Abgrenzung zwischen der Einzellage und der Großlage zu entwickeln.
- Das aktuelle Genehmigungssystem für Rebpflanzungen bleibt bestehen. Das jetzige System der Begrenzung schaffe Planungssicherheit. Daher bestehe bei der Begrenzung von 0,3 % der Gesamtrebfläche eines Anbaugebietes bei der Verteilung der Neuanpflanzungsrechte sowie bei den Prioritätskriterien momentan kein Handlungsbedarf. Die Ausweitung von Rebflächen soll weiterhin eingeschränkt gehandhabt werden.
Am 16. Mai findet ein weiteres Gespräch mit Ministerin Julia Klöckner statt. Die Verwendung und das System der traditionellen Begriffe sollen an diesem Tag zur Sprache kommen. "Die Änderungen am bestehenden System der traditionellen Begriffe bedarf einer umfassenden Beratung der Thematik. Die Verwendung der Prädikate geht in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Wenn sie weiterhin verwendet werden sollen, muss eine hohe Wertigkeit des Weines damit verbunden werden", bekräftigt der Weinbaupräsident.
Ein Blick in die Zukunft
Der Weinbau in Württemberg ist einem starken Strukturwandel ausgesetzt. Viele Kleinst- und Nebenerwerbsbetriebe hören wegen der schlechten Marktsituation und der erdrückenden Bürokratie auf. Die Haupterwerbsbetriebe wachsen dagegen rasant in der Fläche. "Auch sie stöhnen unter der Bürokratie-Last. Eine Entlastung in diesem Bereich ist deshalb dringendst erforderlich! Das Thema Entbürokratisierung wird deshalb weiterhin ein Tätigkeitsschwerpunkt des Weinbauverbandes sein" betont Hermann Hohl. Der Weinbauverband sieht außerdem beim Thema Mindestlohn Gesprächsbedarf. "Einer weiteren Erhöhung muss Einhalt geboten werden, da sie zu einer zusätzlichen Wettbewerbsverzerrung führen würde", so der Präsident weiter. Dies soll vor allem auch jungen Betriebsleitern zugute kommen, denen ein attraktives Berufsumfeld geboten werden müsse.
Damit der Winzerberuf auch in Zukunft attraktiv bleibt, sind attraktive Ausbildungsangebote wichtiger denn je, so die Überzeugung des Verbandes. Um dies zu gewährleisten, ist in Zusammenarbeit mit der Weinbauschule und der DHBW ein Bachelorabschluss „Wein-Technologie-Management“ zukünftig möglich. Ab Oktober 2019 können junge Menschen in einem praxisorientierten Studium innerhalb von sechs Semestern einen Hochschulabschluss erreichen.Weiterhin wird es am Ernährungswissenschaftlichen Gymnasium in Heilbronn-Böckingen die Einführung des Wahlpflichtfaches „Weinbau“ geben. Das Abitur ist dann gleichwertig mit der Zwischenprüfung, somit muss der Abiturient nur noch ein Jahr Lehre absolvieren um den Berufsabschluss „Winzer“ zu erlangen.
Verleihung der Goldenen Ehrennadel
Auf der Mitgliederversammlung des Weinbauverbandes werden die Mitglieder nicht nur über Vergangenes, Aktuelles und Zukünftiges informiert, sondern sie dient auch der Ehrung der Mitglieder, die viel für den Weinbau im Ländle getan haben. Auf der diesjährigen Versammlung hatte der Verband gleich sechs Goldene Ehrennadeln zu vergeben, die den Trägern an diesem Tag feierlich übergeben wurden.
Ausgezeichnet wurden:
- Albrecht Hauber, hauptamtliches Vorstandsmitglied der Weingärtner Stromberg-Zabergäu eG. Als Kellermeister und Betriebsleiter, später dann auch im Vorstand der Strombergkellerei, brachte er diese mit anderen 2012 in die Fusion. So entstand die Weingärtner Stromberg-Zabergäu eG. Seither ist er dort Vorstand der Önologie und Technik. Auch seine Arbeit als Qualitätsweinprüfer, in der Prämierung, als Mitglied im Prüfungsausschuss für Winzermeister, Gründungsmitglied im Verein Württembergischer Kellermeister und besonders seine Mitarbeit in verschiedenen Forschungsprojekten ist hervorzuheben.
- Georg Enssle, wurde 2005 Leiter des Geschäftsbereiches 41 Landwirtschaft, im Landratsamt des Rems-Murr Kreises. Er war neben seiner Funktion im Landwirtschaftsamt auch oberster Hagelabwehrchef im Remstal und Umgebung. Zuletzt bis in den Raum Heilbronn. Er ist ein Vertreter und Fürsprecher der umstrittenen Hagelabwehr. Der Erfolg der vergangenen Jahre und die geringe Anzahl an überschaubaren Hagelereignissen sprechen für sein außerordentliches Engagement im Bereich der Abwehrmethode durch das Impfen von Gewitterwolken mit Silberjodid – ausgebracht durch Flugzeuge.
- Matthias Schilling, sein beruflicher Werdegang führte ihn an die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg. Dort gab er Unterricht in Betriebswirtschaftslehre. 1993 legte er das Lehramt nieder und übernahm den elterlichen Betrieb.Dem Einstieg in den elterlichen Betrieb folgten verantwortungsvolle Aufgaben beim Weinkonvent Dürrenzimmern als Aufsichtsrat und Vorstandsvorsitzender sowie als Beirat bei der Württembergischen Weingärtner- Zentralgenossenschaft. Zuletzt engagierte sich Matthias Schilling im geschäftsführenden Vorstand des Weinbauverbands Württemberg e.V. und übte zeitgleich das Amt des Bezirksvorsitzenden des Weinbauarbeitskreises Zabergäu/Leintal aus.Besonders hervorzuheben ist sein unermüdlicher Kampf gegen die Kirschessigfliege, schon im ersten Befallsjahr konnte durch seinen Einsatz großflächiger Schaden abgewendet werden.
- Thomas Frieben, hat sich in seiner Zeit als Berufsvertreter insbesondere für die Flurbereinigung eingesetzt. Er setzte sich schon seit 1990 mit den Auswirkungen des Klimas auf die Landwirtschaft durch seine Funktion als Betreuer im Bereich Weinbau im Kochertal für die Vereinigte Hagel auseinander. So hat er sich auch beim Jahrhunderthochwasser 2016 sehr für eine Entschädigung des Berufstandes von Seiten des Landes eingesetzt. Schon seit mehreren Jahren ist er Ausschussmitglied bei der Spritzgemeinschaft Niedernhall, so wie stellvertretender Bezirksvorsitzender des Weinbauarbeitskreises Kocher-Jagst-Tauber. Des Weiteren hatte Thomas Frieben sich als Aufsichtsratsmitglied bei der WG Niedernhall, Kochertalkellerei Ingelfingen und Weinkellerei Hohenlohe engagiert.
- Hans Wahler, war als Rebveredler und Weingärtner aus dem Remstal ein engagierter Berufskollege. Neben seinem Engagement in der Remstalkellerei war er den Rebveredlern in Württemberg als deren Vorsitzender eng verbunden. Darüber hinaus vertrat er den Weinbaubezirk Remstal mehrere Jahre mit großem Einsatz im Vorstand des Weinbauverbandes Württemberg e.V. Nach Niederlegung seines Amtes als Bezirksvorsitzender blieb er weiterhin als Vorsitzender der Rebveredler im Vorstand des Weinbauverbandes tätig bis 2019. Die Vertretung der Rebveredler hat er nun vertrauensvoll an jüngere Hände weitergegeben.
- Joachim Hauck, der sich nach 20 Jahren auf dem Posten des Ministerialdirigenten, Leiter der Abteilung Landwirtschaft im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, am 3.Mai in den Ruhestand verabschiedete. Bei seiner Arbeit in den letzten 40 Jahren lagen ihm besonders die Themen rund um die Bodenbewirtschaftung, namentlich der Boden-, Gewässer- und Erosionsschutz, am Herzen. Auch Minister Peter Hauk lobte, bei der Verabschiedung am 3. Mai 2019 in Neibsheim, sein großes Engagement für die heimische Landwirtschaft. Dazu zählen auch die dazugehörigen Sonderkulturbereiche insbesondere der Weinbau. Besonders herauszustellen ist sein Einsatz für eine Frosthilfe, nach dem Frostereignis im Weinbau 2017.Ohne ihn wäre es zu einer solchen Hilfsaktion wohl nicht gekommen. Baden-Württemberg war das einzige Bundesland, dass eine Frostbeihilfe auf den Weg brachte.
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