Frostschäden und Weinblüte
In den kommenden Tagen sollen sich die Höchsttemperaturen um die 20°C Marke bewegen, durchweichender Regen ist weiterhin nicht in Aussicht. In nicht frostgeschädigten Anlagen zeigen sich meist um die neun Blätter. Somit wird der Blühbeginn der Weinblüten frühestens im Laufe dieser Woche sein. In frostgeschädigten Anlagen zeigt sich inzwischen das komplette Schadausmaß der Frostschäden vom 12. Mai. Insbesondere an den Gescheinen hat sich das Bild in den vergangenen Tagen mitunter nochmals verschlechtert. Es bleibt zu hoffen, dass die aktuell noch grün aussehenden Gescheine dann in der Blüte auch ordentlich versorgt werden können.
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Allgemeiner Entwicklungsstand
Vor allem die meist einstelligen Nachttemperaturen in der vergangenen Woche haben die Rebentwicklung im Vergleich zur Vorwoche deutlich verlangsamt. Auch in den nächsten Tagen sollen sich die Höchsttemperaturen um die 20°C Marke bewegen, durchweichender Regen ist weiterhin nicht in Aussicht. In nicht frostgeschädigten Anlagen zeigen sich meist um die neun Blätter. Somit wird mit dem Blühbeginn in Abhängigkeit von Lagegüte und der weiteren Temperaturentwicklung frühestens im Laufe dieser Woche zu rechnen sein.
Mit zunehmender Verbräunung der Blätter, Triebe und Gescheine in frostgeschädigten Anlagen zeigt sich inzwischen das komplette Schadausmaß der Frostschäden vom 12. Mai. Insbesondere an den Gescheinen hat sich das Bild in den vergangenen Tagen mitunter nochmals verschlechtert. Es bleibt zu hoffen, dass die aktuell noch grün aussehenden Gescheine dann in der Blüte auch ordentlich versorgt werden können. Allmählich zeigt sich aber auch der beginnende Wiederaustrieb, seien es Geiztriebe, schlafende Augen im Altholzbereich oder auch insbesondere im Kopfbereich durchtreibende Augen, die den Frost überlebt haben.
Weinbauliche Arbeiten
Die in der Vorwoche empfohlenen Maßnahmen in frostgeschädigten Anlagen gelten weiterhin. Stark geschädigte Weinberge ohne nennenswerte Ertragsaussichten können grundsätzlich sehr extensiv bewirtschaftet werden. Das wesentliche Ziel ist hier mit geringem Kosten- und Arbeitsaufwand ausgereifte Fruchtruten für den Anschnitt im kommenden Jahr zu erhalten. Geiztriebe sind als Fruchtholz ebenso geeignet wie Wasserschosse aus dem Altholz.
In teilgeschädigten Anlagen muss in Verdichtungszonen ausgebrochen werden, auch wenn geringe Aussichten auf zufriedenstellende Traubenerträge gegeben sind. Dies ist zum einen im Hinblick auf eine entsprechende Gesunderhaltung der Bestände, aber auch für die Fruchtbarkeit im kommenden Jahr wichtig. Zudem wird durch die entsprechenden Ausbrecharbeiten im Kopfbereich der Rebschnitt im nächsten Winter erleichtert. Verdichtungszonen durch Geiztriebe können dann zu gegebener Zeit auch zeitsparend mithilfe eines Entlaubers reguliert werden.
Abbildung 1+2 (Galerie): Vorher - Nachher: In teilgeschädigten Anlagen wird neben dem Ausbrechen ein Rückschnitt auf basale Geiztriebe im Zielholzbereich empfohlen.
Abbildung 3 (Galerie): Problematisch ist der Rückschnitt jedoch, wenn sich in stärker erfrorenen Anlagen eine Verbräunung an den Schnittstellen zeigt. Hier ist es sicherer, wenn als Zielholz auf den Neuaustrieb aus dem Kopfbereich gesetzt wird.
In nicht geschädigten Anlagen sollte insbesondere bei windbruchgefährdeten Sorten der erste Heftdurchgang rechtzeitig durchgeführt werden. Achten Sie beim Heften auf eine gleichmäßige Verteilung der Triebe. Neben der besseren Belüftung und Abtrocknung der Laubwand wird so auch eine ideale Pflanzenschutzmittelapplikation gewährleistet.
Pflanzenschutz
Sehr stark frostgeschädigte Anlagen brauchen mangels grüner Blattmasse aktuell noch keine Pflanzenschutzbehandlung. Hier sind kostengünstige Pflanzenschutzbehandlungen erst ab dem Dreiblattstadium von Geiztrieben bzw. Neuaustrieb einzuplanen. Sobald in teilgeschädigten Anlagen jedoch schützenswerte Gescheine vorhanden sind, wird ein „normaler“ Pflanzenschutz mit aktuell entsprechend reduzierter Düsenanzahl empfohlen.
In nicht geschädigten Anlagen gilt aufgrund des fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums der Gescheine und ausbleibender Niederschläge nach wie vor Oidium als Leitkrankheit.
Der Spritzabstand sollte aktuell 12 Tage nicht überschreiten. Bei der Oidiumbekämpfung ist zudem die Mittelwahl in der letzten Spritzung zu berücksichtigen. Wurde dabei Netzschwefel eingesetzt, ist aufgrund des gestiegenen Infektionsrisikos der Abstand für einen lückenlosen Schutz entsprechend zu verkürzen.
Achten Sie bei den weinbaulichen Arbeiten nun verstärkt auf Krankheitssymptome und melden Sie eventuelle Auffälligkeiten (Ölflecken, Zeigertriebe durch Oidium) an die Weinbauberatung bzw. die örtlichen Rebschutzwarte. Aktuelle Beobachtungen der Rebschutzwarte können über http://www.monitoring.vitimeteo.de eingesehen werden.Bei aktuell anstehenden Behandlungen ist der 2-fache Basisaufwand ausreichend, bei Behandlungen in der kommenden Woche ist in frühen Lagen der 2,5-fache Basisaufwand zu empfehlen.
Oidium:
Der Oidiumindex in den Prognosesystemen zeigt aktuell ein steigendes Risiko für Mehltauinfektionen an. Zudem befinden sich die Gescheine allmählich in einer sehr kritischen und empfindlichen Phase. Aufgrund der vorangeschrittenen Entwicklung und der verbesserten Entwicklungsbedingungen für den Oidiumpilz sollte in der letzten Vorblütebehandlung ein organisches Präparat aus einer potenten Wirkstoffgruppe zum Einsatz kommen. Die organischen Präparate bieten im Vergleich zum Netzschwefel eine höhere Wirkungssicherheit und -dauer. Achten Sie dabei unbedingt auf einen konsequenten Wirkstoffgruppenwechsel und das Resistenzmanagement.
Momentan werden in erster Linie die Mittel Dynali, Talendo, Prosper TEC oder Vivando (unter Beachtung der untenstehenden Hinweise) empfohlen.
Nur in unkritischen Lagen mit späterem Blühbeginn kann auch nochmals ein Netzschwefelpräparat (3,6 kg/ha - 6 kg/ha je nach Produkt) eingesetzt werden.
Folgende Info wird wegen der Dringlichkeit nochmals wiederholt:
Im Rahmen des Resistenzmonitorings 2019 wurden im Anbaugebiet Württemberg einzelne angepasste Stämme des Oidiumpilzes gegenüber dem Wirkstoff Metrafenone (Vivando) gefunden. Das Ergebnis ist einjährig und unterliegt keiner mehrjährigen Entwicklung. Es sollte deshalb nicht überbewertet werden. Die Wirkstoffgruppe K, zu der neben Metrafenone auch Pyriofenone
(Kusabi) gehört, soll langfristig für die Oidiumstrategie erhalten bleiben. Deshalb wird vorsorglich für die Saison 2020 der Einsatz der Wirkstoffgruppe K mit nur einer Anwendung empfohlen. Diese sollte vorzugsweise außerhalb des Mehltaufensters liegen.
Peronospora:
Bisher wurde nur ein einzelner Ölfleck (aus einer frostberegneten Anlage) gemeldet. Daher dürften die von den Prognosemodellen seither berechneten Primärinfektionen erwartungsgemäß nur ganz vereinzelt geglückt sein.
Die aktuelle Wetterprognose zeigt eine für Peronospora weiterhin eher ungünstige Witterung. Bei weiterhin stabiler Wetterlage reicht somit der Einsatz eines Kontaktmittels aus.
Sofern die mittelfristigen Prognosen für die kommende Woche einen Wetterwechsel oder ein steigendes Gewitterrisiko ankündigen würden, kann in der kritischen (Vor)Blütezeit ein Mittel mit systemischer Komponente (z.B. Profiler, Delan Pro oder Zorvec Zelavin Bria) bzw. die Beimischung von Veriphos zum Kontaktmittel einen zusätzlichen Schutz bewirken.
Fäulnisvermeidung durch Bioregulatoren:
Nach wie vor stehen die weinbaulichen Maßnahmen zur Fäulnisvermeidung im Vordergrund. Zusätzlich kann durch den Einsatz von Biowachstumsregulatoren wie Gibb3, Berelex 40 SG oder Regalis Plus die Verrieselungsneigung und/oder Jungfernfrüchtigkeit gefördert werden. Bedingt durch die Frostschäden wird der Einsatz von Bioregulatoren in diesem Jahr in vielen Betrieben auf einzelne Flächen beispielsweise zur Erzeugung hochwertiger Qualitäten reduziert werden.
Das Anwendungsfenster aller Präparate ist Vollblüte (d.h. 30 - 50 Prozet abgeworfener Käppchen), eine genaue Beobachtung der Bestände zur Festlegung des Termins ist unerlässlich. Möglicherweise steht ein Einsatz in frühen Lagen bereits zum Ende der kommenden Woche an.
Mit den Präparaten darf nur eine Soloanwendung in die Traubenzone erfolgen, zur allseitigen Benetzung der Gescheine muss jede Reihe befahren werden. Vorsicht in schwachwüchsigen und z.B. durch Chlorose gestressten Anlagen. Grundsätzlich kann der Einsatz von Wachstumsregulatoren zu einer Ertragsreduktion führen. Fäulnisbefall im Herbst bedingt einen höheren Leseaufwand und zwingt zum Verwerfen der Faulfraktion. Die Anwendung macht daher vor allem in Anlagen Sinn, welche regelmäßig zu Fäulnis durch Abdrücken der Beeren neigen.
Die Sortenempfehlungen und speziellen Einsatzbedingungen der Produkte sind den Gebrauchsempfehlungen auf den Mittelpackungen zu entnehmen.
Wuchsanomalien insbesondere beim Schwarzriesling:
Seit der vergangenen Woche wird vermehrt über deformierte Blättchen im oberen Drittel der Triebe berichtet. Betroffen ist in erster Linie die Rebsorte Schwarzriesling, aber auch andere Sorten zeigen vereinzelt vergleichbare Symptome. Die Blättchen sind löffelartig nach unten gekrümmt. Es handelt sich offensichtlich um eine sortenspezifische Reaktion auf die Kältephase Mitte Mai, ohne dass es hier zu den bekannten stärkeren Frostschäden kam. Die Triebspitzen sind noch aktiv und die Symptome werden sich verwachsen, auch wenn die Verformung der Blätter weitestgehend erhalten bleibt. Abtrift von Herbiziden ist auszuschließen, wenn diese Flächen nicht unmittelbar an Ackerflächen angrenzen
Trockenheit
Nach jetzigem Stand könnte auch 2020 wieder ein trockenes Jahr werden.
Achten Sie daher allgemein auf eine wassersparende Bewirtschaftung. Nach den Trockenjahren 2018 und 2019 ist die Vitalität der Rebanlagen nicht sehr ausgeprägt. Halten Sie daher Maß bei der Belastung ihrer Weinberge. Der Versuch einen Ausgleich von frostgeschädigten Anlagen durch das Niederziehen von Frostruten in ungeschädigten Anlagen zu erreichen, sollte mit Augenmaß geschehen. Überlastete Anlagen erbringen nicht die notwendige Qualität und können über Jahre hinaus mit einem schlechten Wuchs reagieren. Seien Sie vernünftig!
Positiv ist, dass es bislang zu keiner Hitzewelle gekommen ist, was die Verdunstung zusätzlich anheizen würde. Moderate Bewässerungsmaßnahmen machen daher aktuell nur in Junganlagen an extrem flachgründigen, trockenen Standorten Sinn. In Frostlagen hat das aktuelle Wasserdefizit derzeit noch keinen negativen Einfluss auf den Wiederaustrieb.
Sonstige Hinweise
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel -insbesondere zu den Themen Anwenderschutz und Bienenschutz- sind zu beachten.
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen.
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten
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