Wechselhaftes Wetter zieht Rebblüte in die Länge
Die Regenfälle seit Ende der vergangenen Woche brachten zwischen 15 und 40 L/m². Auch für diese und nächste Woche sind wieder Regenfälle prognostiziert. Da es am Wochenende neben den Regenfällen auch sommerliche Temperaturen geben soll, bieten sich in einem günstigen Zeitfenster Pflanzenschutzbehandlungen an. Auch auf die Rebblüte hat das Wetter Auswirkungen, diese zieht sich in diesem Jahr in die Länge. Im Beratungsgebiet ist alles zu finden: Von ersten blühenden Gescheinen bis zu anziehenden Beeren. Mit den steigenden Temperaturen werden sich die Reben ab dem Wochenende aber auch wieder schneller weiterentwickeln, sodass auch die späteren Lagen das Stadium abgehende Blüte zu Beginn der kommenden Woche erreichen sollten.
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Allgemeiner Entwicklungsstand
Die Regenfälle seit Ende der vergangenen Woche brachten zwischen 15 und 40 L/m². Weitere Schauer und Gewitter sind in dieser Woche möglich und auch für die nächste Woche prognostiziert. Am Wochenende ist zumindest vorübergehend mit einem Anstieg auf sommerliche Temperaturen zu rechnen. Hier bietet sich auch ein günstiges Fenster für anstehende Pflanzenschutzbehandlungen.
Aufgrund der wechselhaften und seither kühlen Witterung zieht sich die Rebblüte in diesem Jahr in die Länge. Von ersten blühenden Gescheinen bis zu anziehenden Beeren ist im Beratungsgebiet alles zu finden. Mit den steigenden Temperaturen werden sich die Reben ab dem Wochenende aber auch wieder schneller weiterentwickeln, sodass auch die späteren Lagen das Stadium abgehende Blüte zu Beginn der kommenden Woche erreichen sollten. Auffällig sind zudem die große Inhomogenität innerhalb der Rebanlagen und auch die Entwicklungsunterschiede an einzelnen Stöcken.
Die Grenzwerte der Temperatur für den Blüteverlauf liegen bei etwa 18°C am Tag und etwa 10°C in der Nacht. Von den Temperaturen her waren daher für frühe Anlagen und Sorten zwar schwierige, aber nicht völlig ungünstige Blütebedingungen gegeben. Der Regen war für blühende Anlagen ein weiterer Faktor, der die Befruchtung ungünstig beeinflussen könnte. Ob dort eine stärkere Verrieselung eintritt, wird sich in den kommenden zwei Wochen zeigen. Leichte Verrieselungen sind aus phytosanitären und qualitativen Gründen positiv zu bewerten, der meist gute Gescheinsansatz in nicht frostgeschädigten Anlagen macht zumindest hier Hoffnung auf eine gute Ertragserwartung. Bei Anlagen, die erst mit der Blüte beginnen, dürften keine negativen Auswirkungen auf die Blüte zu erwarten sein.
Bei teilweise frostgeschädigten Anlagen ist ein Entwicklungsrückstand bei den verbliebenen Gescheinen zu erkennen, hier muss die weitere Entwicklung hinsichtlich des Blüherfolges abgewartet werden. Der Gescheinsansatz bei den nachgewachsenen Geizrieben lässt bei den meisten Sorten keinen oder nur einen sehr geringen Fruchtansatz erkennen. Wenn Gescheine zu finden sind, dann meistens an schlafenden Augen aus dem Kopfbereich oder nachtreibenden Beiaugen auf den Fruchtruten.
Weinbauliche Arbeiten
Sofern noch keine Ausbrecharbeiten vorgenommen wurden, zeigen frostgeschädigte Anlagen trotz kurzer Trieblängen bereits jetzt starke Verdichtungen durch den Austrieb von Geiztrieben bzw. schlafender Augen auf. Mit dem weiteren Wachstum wird sich die Verdichtungsproblematik noch verstärken. Wie die Erfahrungen aus dem Jahr 2011 zeigen, tut sich unter solchen Bedingungen bei entsprechender Witterung sowohl für Oidium als auch für Peronospora ein Schlaraffenland auf. Daher ist in frostgeschädigten Anlagen eine Auflockerung der Verdichtungszonen besonders wichtig. Vor allem im Kopfbereich des Stockes, der ein gesundes Zielholz für das nächste Jahr aufweisen soll, sind Ausbrecharbeiten dringend notwendig. Entfernen Sie daher Triebe aus Verdichtungszonen, die nicht für den Anschnitt im kommenden Jahr gebraucht werden. Auch wenn diese Arbeiten, mangels Aussicht auf Ertrag, schwerfallen und viel Zeit in Anspruch nehmen, sollten Sie durchgeführt werden. Ein leichterer Rebschnitt im Winter und ein gesunder Weinberg im kommenden Jahr sind der Lohn dafür.
Auch in nicht geschädigten Anlagen sind die Laubwände luftig zu halten. Nach der Rebblüte kann mit der moderaten Entblätterung begonnen werden, beim geplanten Maschineneinsatz sollten die Anlagen konsequent aufgeheftet sein. Trotz der Erfahrungen aus 2019 mit den sorten- und lagenabhängig starken Sonnenbrandschäden überwiegen die Vorteile früher Entblätterungsmaßnahmen nach wie vor. Durch die frühzeitige Entblätterung wird die Abtrocknung und Abhärtung der wachsenden Beeren gefördert und die Applikationsqualität bei weiteren Pflanzenschutzmaßnahmen verbessert. Eine Möglichkeit um die Kompaktheit der Trauben leicht zu reduzieren, insbesondere aber eine hohe Sauberkeit der Trauben zu erreichen, ist das „moderate Ausblasen“. Zusätzlich wird die Traubenzone über den pulsierenden Luftstrom entblättert. Der Einsatz der Ausblastechnik kann ab dem Stadium „Schrotkorngröße“ eingeplant werden, das Zeitfenster ist allerdings auf zwei bis drei Wochen beschränkt. Für den Einsatz der Saug-Zupftechnik ist es aktuell aufgrund vieler Kurztriebe in den Anlagen meist noch zu früh.
Bei einer geplanten Anwendung von Wachstumsregulatoren zur Auflockerung des Stielgerüstes sollten die aktuellen Wetterbedingungen und die Entwicklungsunterschiede in den Anlagen berücksichtigt werden. Die Aufwandmengen sind eventuell zu reduzieren. Mit dem ersten Gipfeltermin sollte möglichst lange abgewartet werden, denn ein verfrühter erster Laubschnitt fördert unnötig die Kompaktheit der Trauben. Der optimale Zeitpunkt für das Einkürzen ist dann, wenn die Triebe noch aufrecht stehen, aber schon ein Umbiegen absehbar ist.
Pflanzenschutz
Die Bestände zeigen sich aktuell sehr gesund. Bisher liegt nur eine einzige Ölfleckmeldung vor. Aus benachbarten Gebieten wird jedoch von Oidiumbefällen an Trauben und Blättern berichtet, beobachten Sie daher Ihre Anlagen bei anstehenden Laubarbeiten sehr genau und melden Sie entsprechende Auffälligkeiten!
Es ist bekannt, dass die jungen Beerchen und auch das Stielgerüst um die Blüte herum hochanfällig für Infektionen durch Peronospora und Oidium sind. Verschärfend kommt noch eine unsichere Wetterlage dazu. Daher sollten die Spritzabstände nicht zu weit gezogen werden und bei maximal zehn bis zwölf Tagen liegen. Auch pilzwiderstandsfähige Rebsorten sind in der derzeitig anfälligen Phase zu behandeln. Ein regelmäßiger Wechsel der Fahrgassen, eine angepasste Fahrgeschwindigkeit und in kritischen, dichten Beständen auch das Befahren jeder Rebgasse ist für eine verbesserte Applikationsqualität anzuraten.
Bei aktuell anstehenden Behandlungen wird der 2,5 bis 3-fache Basisaufwand empfohlen. Beachten Sie immer die Gebrauchsanleitung, denn nicht alle Mittel sind mit der konstanten Steigerung der Basisaufwandmenge zugelassen. Achten Sie beim Einsatz resistenzgefährdeter Fungizide unbedingt auf einen konsequenten Wirkstoffgruppenwechsel und das Resistenzmanagement.
Oidium:
Mit der wärmeren Witterung und der höheren Luftfeuchtigkeit steigt die Infektionsgefahr durch Oidium zum Wochenende hin wieder an. Zudem befinden wir uns in einer hochanfälligen Phase. Im sogenannten Mehltaufenster von kurz vor der Blüte bis etwa Erbsengröße der Beeren müssen Infektionen durch Echten Mehltau daher möglichst effizient unterbunden werden, da Befall in diesem Zeitraum während der gesamten restlichen Vegetationszeit Probleme bereitet. Daher sollten jetzt nur die potentesten Wirkstoffgruppen eingesetzt werden und bei Infektionsgefahr die Behandlungsabstände immer am Zuwachs ausgerichtet werden.
Die Präparate Sercadis, Luna Experience und Luna Max (alle Wirkstoffgruppe L) werden im einmaligen Einsatz bevorzugt zur abgehenden Blütespritzung empfohlen. Für alle anderen Fälle (z.B. spätere Entwicklung, Einsatz der Wirkstoffgruppe L in der letzten Behandlung) sollten in erster Linie Dynali (R/G) oder Talendo (J) eingesetzt werden. Die Mittel Vivando oder Kusabi (beide Wirkstoffgruppe K) können dann – sofern nicht bereits einmal eingesetzt – außerhalb der empfindlichen Phase ab dem Stadium Erbsengröße angewendet werden. Auch Topas und Systhane sollten definitiv erst zu einem späteren Entwicklungszeitpunkt zum Einsatz kommen.
Peronospora:
In den meisten Regionen sind Bodeninfektionen durch die vergangenen Niederschläge angelaufen und bei entsprechenden Regenmengen werden auch weitere Bodeninfektionen ermöglicht. Nur bei bereits vorhandenen Ölflecken wären auch Sekundärinfektionen denkbar. Vielfach waren die letzten Niederschläge durch Behandlungen gut abgedeckt. Bei ungeschütztem Neuzuwachs oder an Bodentrieben könnten dennoch Ölflecken ab dem Wochenende bzw. zu Beginn der kommenden Woche sichtbar werden. Da die Witterung weiterhin wechselhaft mit Schauern und Gewittern gemeldet ist, wären dies in der kommenden Woche dann gute Entwicklungsbedingungen für den Peronosporapilz.
Bei entsprechend ungeschützten Neuzuwächsen (zwei bis drei Blätter) wird eine Behandlung möglichst kurz vor stärkeren Niederschlägen/Gewittern empfohlen. Da in der kommenden Woche bei einer unsicheren Wetterlage mit einer schnelleren Rebentwicklung und damit größeren Zuwächsen an Trieben und jungen Beeren zu rechnen ist, bieten in dieser kritischen Phase Mittel mit einer systemischen Komponente eine höhere Wirkungssicherheit und Wirkungsdauer. Zum Einsatz kommen daher aktuell bevorzugt Profiler (einmaliger Einsatz bis Schrotkorngröße, nicht mit Luna Experience/Luna Max mischen), Delan Pro bzw. ein Kontaktmittel plus Veriphos.
In frostgeschädigten Anlagen mit geringer Blattmasse oder in wüchsigen, verblühten Anlagen, die aufgrund der Trieblänge zeitnah gegipfelt werden müssen, reicht der Einsatz eines reinen Kontaktmittels aus. In frühen, bereits verblühten Lagen bieten bei Behandlungen im unmittelbaren Nachblütebereich Produkte wie Enervin (alt) bzw. Enervin F Pack (neu) oder Orvego durch die Einlagerung des Wirkstoffs in die Wachsschicht eine verbesserte Wirkung an den jungen Beeren.
Bei verstärktem Druck und insbesondere wenn die Behandlung nach gewittrigen Regenfällen erfolgt, können auch Mittel mit kurativer Wirkung verwendet werden. Der kurative Effekt ist jedoch nur gegeben, wenn die Mittel je nach Temperatur innerhalb eines Zeitfensters von 24 bis max. 48 Stunden nach erfolgter Infektion eingesetzt werden können.
Traubenwickler Der Flug der zweiten Generation steht bevor. Aus diesem Grund sollten die Leimböden und die Köder in den Fangfallen entsprechend erneuert werden. Zur Ermittlung des Flughöhepunkts bzw. zur Festlegung eines sinnvollen Behandlungstermins gegen den Sauerwurm ist eine regelmäßige Fallenkontrolle außerhalb der Verwirrflächen ab sofort
anzuraten. Auch in Verwirrflächen sollte das Fluggeschehen beobachtet werden.
Sonstige Hinweise
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel sind einzuhalten. Besonders zu beachten sind die Anwendungsbestimmungen mit Hinweisen zur persönlichen Schutzausrüstung und Wiederbetretungsfristen. Schutzausrüstung für Nachfolgearbeiten sollte in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen.
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten.
Der nächste Rebschutzhinweis erfolgt voraussichtlich am Mittwoch, 17. Juni.
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