Beerchen wachsen kräftig
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Allgemeine Situation
Der Gesundheitszustand der Reben ist immer noch sehr gut. Ölflecken wurden bisher keine gemeldet und auch beim Mehltau ist die Befallssituation noch ruhig. In den allermeisten Sorten und Lagen ist die Blüte nun beendet. In nicht frostgeschädigten Flächen ziehen die Beerchen kräftig an und befinden sich zwischen Schrotkorn und Erbsengröße. Soweit dies bis jetzt beurteilt werden kann, sind keine außergewöhnlichen Verrieselungen entstanden. In den Frostbereichen kommt die Vegetation nun stärker in Schwung und durch den Besenwuchs zeigen sich bereits starke Verdichtungen. Hier kann zeitsparend maschinell Luft gemacht werden.
Das Unwetter am 17.06.2020 mit Starkregen bewegte sich überwiegend im Heilbronner Raum und entlang des Neckars, mit Niederschlagsmengen bis zu 40 L/m². Auch am Freitag 19.06.2020 kam es örtlich zu kleineren Gewitterzellen bei dem auch leichter Hagelschlag möglich war. Insgesamt fielen im Monat Juni Regensummen zwischen 60 und 90 L/m². Dies wirkte sich positiv auf die diesjährige Wasserbilanz aus, welche aktuell mit dem langjährigen Durchschnitt aufschließt. Aufgrund lokaler Unterschiede bei der Niederschlagsverteilung können örtlich auch noch stärkere Defizite vorhanden sein. Die Wetterprognose bringt eine deutliche Erwärmung mit Temperaturen um die 30 Grad. Für geplante Entblätterungsmaßnahmen besteht bei den anstehenden Temperaturen beim aktuellen Entwicklungsstand noch keine Sonnenbrandgefahr. Entblätterungsmaßnahmen der Traubenzone können noch bis zum Stadium Erbsengröße durchgeführt werden. Dann schließen die Beeren ihre Spaltöffnungen und es muss bei Entblätterungsmaßnahmen mit einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Sonnenbrand bei heißen Temperaturen gerechnet werden. Bei weißen Rebsorten sollte versucht werden, die Sonnenseite (West und Süd) etwas moderater zu entblättern.
In dichtbeerigen Sorten und frühen Lagen ist das Stadium „kurz vor Traubenschluss“ nicht mehr weit. Bei geplanten Botrytisbehandlungen ist für die Wirksamkeit wichtig, dass die Mittel in das Stilgerüst eindringen können. Hier schließt sich also für manche Sorten bald das optimale Behandlungsfenster.
Pflanzenschutz
Peronospora:
Auftretende Ölflecken bitte der Weinbauberatung melden. Gebiete, die im Gewitterbereich lagen, müssen bei Regenmengen von 30 L/m² und Stunde davon ausgehen, dass zumindest ein Teil des Spritzbelages abgewaschen wurde. Insbesondere wenn mit Belagsmitteln zur Peronosporabekämpfung gearbeitet wurde. Hier sollte die nächste Spritzung auf jeden Fall vor erneuten Niederschlägen erfolgen, auch wenn dies ein verkürztes Spritzintervall bedeutet.
Beim Einsatz kurativer Mittel können nur Infektionen die maximal 24 bis 48 Stunden zurückliegen noch geheilt werden. Die weiteren Wetteraussichten bringen zwar trockene Bedingungen, jedoch erhöht sich zum kommenden Wochenende die Gewitterwahrscheinlichkeit. Bei den anstehenden Behandlungen vor Regen, können möglichst raubmilbenschonende Kontaktfungizide eingesetzt werden. Bei vorausgegangen Niederschlagsereignissen bringen tiefenwirksame Mittel mehr Sicherheit. Ab dem Gipfeln bzw. dem Erreichen des Stadiums Erbsengröße wird der Einsatz eines phosphonathaltigen Produktes oder Profiler als Zuwachsschutz nicht mehr empfohlen. Da in frisch gepflanzten Junganlagen oder frostgeschädigten Anlagen immer noch Zuwachs entsteht, kann hier länger mit phosphoriger Säure als Zuwachsschutz gearbeitet werden.
Oidium:
Die diesjährige Befallssituation kann noch nicht abgeschätzt werden. Frühestens in den kommenden ein bis zwei Wochen werden sich Strategiefehler oder Behandlungslücken zeigen.
Das Infektionsrisiko für Oidium ist momentan immer noch hoch. Die enorme Oberflächenvergrößerung der wachsenden Beerchen lässt den Spritzbelag aufreißen. Aufgrund der verzettelten Entwicklung durch Witterung und Frostschäden wird das sogenannte Mehltaufenster dieses Jahr etwas länger geöffnet sein und der Spritzabstand sollte immer noch bei zehn bis maximal zwölf Tagen liegen. Bisher ist in normalbewirtschafteten Rebflächen kein Oidium gemeldet worden.
Es wird noch einmal der Einsatz eines Oidiummittels mit guter Dauerwirkung empfohlen (zum Beispiel Dynali oder Talendo). Bitte beachten, dass die Zulassung für Prosper Tec nur bis zum ES 75 (Erbsengröße) gilt. Zur Resistenzvorsorge bitte auf einen Wirkstoffwechsel achten.
Fäulnis und Botrytisvorbeugung:
Einige indirekte Maßnahmen stehen im Vordergrund.
- Lockere Trauben
- Lockere und luftige Traubenzone (Entblätterung). Dies ist im Übrigen auch die wirksamste Maßnahme gegen KEF
- Verzicht auf öffnende Bearbeitung des Bodens
Trotz der nicht ganz optimalen Blühbedingungen haben sich die Trauben recht gut geputzt. Der Einsatz von Spezialbotrytismitteln hat im Durchschnitt der Jahre den besten Erfolg, wenn die Rebsorten mit kompakten Trauben kurz vor Traubenschluss behandelt werden. Ziel ist dabei, eingeschlossenes totes Material (zum Beispiel Blütenkäppchen) so lange wie möglich vor Botrytisbefall zu schützen und damit frühe Fäulnisherde von innen heraus zu unterbinden.
Folgende Mittel haben eine Zulassung: Cantus, Kenja, Prolectus, Kamuy, Pyrus, Scala, Switch oder Teldor. Wurde in der letzten Spritzung Luna experience, Luna Max, Sercadis oder Collis eingesetzt, wird zur Resistenzvermeidung empfohlen nicht die Mittel Cantus oder Kenja einzusetzen. Diese Mittel gehören alle derselben Resistenzgruppe an. Grundsätzlich genügt es beim Einsatz von Botrytiziden nur die Traubenzone mit der halben Aufwandmenge zu behandeln. Wird ein Botrytismittel der regulären Spritzung beigemischt, ist dies bei der nun anstehenden Behandlung für viele Sorten und Lagen der richtige Zeitpunkt. Das Befahren jeder Gasse sowie die Entblätterung der Traubenzone verbessern die Applikationsqualität und somit auch die Wirksamkeit.
Traubenwickler:
Der Flug des Bekreuzten Traubenwicklers hat vereinzelt begonnen. Ein Flughöhepunkt ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar. Für eine Bekämpfung in nicht verwirrten Gebieten ist es bei der anstehenden Behandlung sehr wahrscheinlich noch zu früh. Bitte regelmäßig die Fallen überprüfen. Fangzahlen verschiedener Standorte können in VitiMeteo (Monitoring/Fallenfang/ Schädling) eingesehen werden.
Sonstiges und Mittelmenge
- Für anstehende Behandlungen ist der vierfache Basisaufwand anzuwenden. Beachten Sie immer die Gebrauchsanleitung, denn nicht alle Mittel sind mit der konstanten Steigerung der Basisaufwandmenge und auch nicht für die gesamte Spritzsaison zugelassen. Neben der Gebrauchsanleitung sind auch in der Online-Datenbank des BVL Informationen zu Zulassungen von Pflanzenschutzmittel verfügbar.
- Alle Maßnahmen gegen Botrytis (lockere Trauben, lockere und besonnte Traubenzone) wirken auch gegen die Ansiedlung von Ohrenzwickern. Teilweise gibt es bereits sehr viele dieser Tierchen.
- Bei Bedarf können Blattdünger mit Eisenchelaten (zum Beispiel Fetrilon, Folicin) gegen Chlorose eingesetzt werden.
- In Stiellähme empfindlichen Sorten und Lagen kann vorbeugend ein Magnesiumhaltiger Blattdünger wie zum Beispiel Bittersalz oder Präparate auf Basis von Magnesiumoxid (zum Beispiel Falnet oder Lebosol Magnesium 500) eingesetzt werden. Hierbei die Anwendungsempfehlung (Gebrauchsanleitung) in Kombination mit Pflanzenschutzmitteln beachten.
- Umstrukturierung: Nach dem Einreichen der Rechnung (spätestens bis 15.07.2020) müssen die Tropfschläuche ortsfest installiert sein. Hierfür müssen die Schläuche mindestens zum Beispiel mit Kabelbinder oder Schnur am Zeilenende und -anfang fixiert sein. Der alleinige Anschluss an die eventuell vorhandene Querverteilung genügt nicht. Für die Mindestanforderungen bei einer Drahtrahmenverpflichtung müssen entweder die Endstickel gesetzt und ein Draht befestigt oder alternativ alle Innenstickel gesetzt sein.
- Die Aufbrauchfrist von Galactico und Vincare endet am 30.06.2020
- Für Trauben, die für den Direktverzehr erzeugt werden, gelten eigene Zulassungen. Tafeltrauben (Hofladen, Wochenmarkt, Lebensmittelhandel) sind also nur verkehrsfähig, wenn sie mit eigens für den Anbau von Tafeltrauben zugelassenen Mitteln behandelt werden. Dies wird seitens der Lebensmittelbehörden kontrolliert.
- Brennnesseln jetzt stehen lassen! Überträgerzikaden der Schwarzholzkrankheit werden durch die Entfernung ihrer Wirtspflanzen (zum Beispiel Brennnesseln) gezwungen, andere Pflanzen, zum Beispiel die Rebe anzufliegen. Das gilt es zu verhindern.
- Arbeitsschutz: Achten sie darauf, dass die erforderliche Schutzausrüstung in ausreichender Menge vorhanden ist.
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