Rebschutzhinweis Heilbronn: Auf Sauerwurm achten
Nach der Blüte blicken die meisten Winzer zufrieden auf den aktuellen Traubenansatz. Wichtig sind nun Maßnahmen zum Entblättern der Traubenzone, um totes Pflanzenmaterial, das faulen könnte, zu entfernen. Bei der Benutzung von Sprühgeräten zum Pflanzenschutz sollte darauf geachtet werden, dass keine unnötig hohen Sprühwolken und damit große Pflanzenschutzmittelabdrift entstehen.
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Im Allgemeinen ist der Traubenansatz nach der Blüte gut bis sehr gut. Einzelne Lembergerstöcke sind etwas stärker verrieselt, was in der Summe am Ende aber zu vernachlässigen sein wird. Überwiegend stehen die Reben sehr gesund da. Der Entwicklungsvorsprung gegenüber „normalen“ Jahren beträgt circa (ein bis) zwei Wochen. Bei dichtbeerigen Rebsorten schließen sich viele Trauben zu einer Zeit, in der in anderen Jahren die Rebe noch blüht. Leider haben sich nicht alle Trauben gut geputzt, so dass Blütenrückstände im Traubeninneren zurückbleiben. Dieses tote Pflanzenmaterial kann dann bei ungünstiger Witterung im Herbst zu Fäulnis führen. Laubsauger oder „Ausblasgeräte“ haben neben der Teilentblätterung der Traubenzone noch den hilfreichen Effekt, lose Blütenrückstände aus dem Traubengerüst zu entfernen. Das Wegnehmen von Blättern in der Traubenzone ist eine wichtige qualitätsfördernde Maßnahme und unterstützt die Bekämpfungsmaßnahmen gegen Botrytis. Die Entblätterung sollte bei weißen Sorten und beim Trollinger hauptsächlich von der sonnenabgewandten Seite her durchgeführt werden. Bei frühen Entblätterungen ist die Gefahr von Sonnenbrand im Juli/August geringer als bei späten Terminen, da sich die jungen Beeren besser an die Sonne gewöhnen können.
Gute fachliche Praxis: Immer wieder fallen Sprühgeräte im Einsatz auf mit unnötig hochsteigenden Sprühwolken. Das muss nicht sein! Ohnehin steht der Pflanzenschutz im Fokus der Bevölkerung und wird durch weithin sichtbaren Sprühnebel noch befeuert. Durch die Verwendung von Antidriftdüsen, der richtigen Zapfwellendrehzahl und durch richtig eingestellte Düsen und Luftleitbleche kann man Abdrift deutlich reduzieren. Die Mittel bleiben dort, wo sie hingehören!
Trockenheit: Mit Ausnahme einiger zwei- oder dreijähriger Anlagen oder extremer Trockenstandorte ist die
Wasserversorgung der Reben noch ausreichend. Der nasse April hat hier vorgesorgt. Sehr unterschiedlich waren die Niederschläge in den vergangenen Wochen je nach Gebiet. Deshalb lässt sich keine allgemein gültige Aussage hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit machen. Auf zusätzliche Wassergaben sollte während der Zellteilungsphase auf wüchsigen Standorten noch verzichtet werden.
Wegen des starken Trauben- und Beerenwachstums steigt bei Spritzabständen von mehr als zehn Tagen das Risiko, sich bei empfindlichen Rebsorten, allen voran Trollinger, Beerenbefall mit Oidium einzufangen. Mit der anstehenden Behandlung werden voraussichtlich bis zum Spritzabschluss Ende der ersten Augustwoche noch vier, möglicherweise auch noch fünf Behandlungen erfolgen. Bei früh reifenden Sorten (zum Beispiel Acolon, Müller Thurgau) sind es entsprechend eine Behandlung weniger. Um hinsichtlich möglicher früher Lesetermine flexibel zu bleiben, werden ab Juli Mittel mit 56 Tagen Wartezeit nicht mehr empfohlen. Ein allgemeiner Lesestart der Frühsorten in der ersten Septemberhälfte ist realistisch und sollte bei der Betriebs- und Urlaubsplanung berücksichtig werden. Die Vorgaben der Absatzorganisationen zu Mittelwahl und Spritzabschluss sind für deren Mitglieder bindend!
Pflanzenschutz
Peronospora:
Der Infektionsdruck ist nach wie vor überschaubar. Nur gelegentlich finden sich Ölflecken. Laubwand und Traubenzone haben einen Grundschutz durch vorausgegangene Behandlungen. Dementsprechend sind keine massiven Beeinträchtigungen analog 2021 mehr zu erwarten. Bei anstehenden Behandlungen vor Niederschlägen genügt ein Kontaktfungizid wie zum Beispiel Delan WG oder Folpan 500 SC oder Folpan 80 WDG. Auf den Einsatz eines Mittels mit systemischer Komponente (Phosphonate) kann nun verzichtet werden.
Oidium:
Der Infektionsdruck für Oidium ist weiterhin hoch. Erst ab Erbsengröße nimmt die Anfälligkeit für Infektionen an den Trauben allmählich ab. Unter Zugrundelegung der Abwechslung der Wirkstoffe stehen aktuell die Mittel Talendo, Dynali oder Prosper zur Auswahl. Letztmalig kann Netzschwefel zugesetzt werden. Es gibt immer wieder Meldungen von beginnendem Befall an den Traubenbeerchen. Oft vom Beerenstiel her beginnend oder auch nur einzelne Beerchen oder Teile davon. Die Chance, beginnenden Befall zu erkennen besteht nur dann, wenn verteilt ganze Trauben aus der Laubwand genommen und begutachtet werden.
Sollten Befallsherde vorhanden sein, ist eine Traubenwäsche mit Bikarbonaten („Backpulvermittel“) zu empfehlen. Die Produkte Vitisan + Netzmittel oder Kumar (Netzmittel enthalten) sind mit hohen Wasseraufwandmengen einzusetzen.
Die Aufwandmengen sind dabei neben den Zulassungsvorgaben nach Befallsgrad und Verbrennungsgefahr
abzuwägen beziehungsweise einzusetzen. Die Gefahr möglicher Blattverbrennungen ist zu berücksichtigen! Die Anwendung sollte nicht in trockengestressten, schwachwüchsigen Anlagen, Jungfeldern oder bei hoher Sonneneinstrahlung durchgeführt werden. Grundsätzlich ist eine Behandlung in den Morgen- oder Abendstunden zu bevorzugen. Diese Behandlung senkt den Infektionsdruck und kann bei Bedarf nach fünf bis sechs Tagen wiederholt werden, bevor mit synthetischen Fungiziden weiter behandelt wird. Überlegenswert ist auch, bei kritischen Anlagen (zum Beispiel Vorbefall im letzten Jahr) bei den folgenden Behandlungen vorbeugend ein Bikarbonat zuzugeben. Rezepturen zu heilenden Oidiumspritzungen finden sich auch auf der Internetseite der Weinbauberatung des Landwirtschaftsamtes.
Botrytis
Ein früher Herbst birgt durch höhere Temperaturen bei entsprechenden Niederschlägen ein höheres Fäulnis- und
Essigrisiko. Zum Stadium vor Traubenschluss besteht letztmalig die Gelegenheit, das Traubeninnere gegen frühe
Sauerfäulnis zu schützen. Deshalb ist abzuwägen, ob ein Einsatz von Spezialbotrytiziden in kompakten Sorten
durchgeführt werden soll. Dies natürlich immer kombiniert mit einer Teilentblätterung der Traubenzone. Bei den
Botrytismitteln Cantus und Kenja ist darauf zu achten, dass hier eine Resistenz-Verwandtschaft zu Oidiumpräparaten mit dem Buchstaben „L“ (Collis, Luna Max, Luna Experience, Sercadis) besteht und diese Gruppe nur einmal in der Saison angewendet werden soll.
Sauerwurm
Erste Meldungen zum Flugbeginn der zweiten Generation des Traubenwicklers (Sauerwurm) liegen vor. Mit Beginn des Fluges der zweiten Generation sollten die Fallen (auch in Pheromongebieten) wieder in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Ergebnisse einzelner Fallen sind in Vitimeteo unter „Monitoring“ einsehbar. Besonders in Pheromongebieten, die nur mit dem Lockstoff gegen den Einbindigen Traubenwickler ausgehängt sind, sind Fallen für den Bekreuzten Wickler zu intensivieren. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich der Bekreuzte Wickler weiter verbreitet hat.
Wird gegen den Sauerwurm eine Bekämpfung notwendig, sollten Bacillus thuringiensis-Präparate, Coragen oder Mimic zum Einsatz kommen. Bienengefährliche Mittel (zum Beispiel SpinTor) sind nicht notwendig, da unkritische Ersatzmittel zur Verfügung stehen. Derzeit ist noch keine Bekämpfung notwendig.
Sonstiges und Mittelmenge
- Die nun folgenden Behandlungen erfolgen mit dem vierfachen Basisaufwand
- Zur Verhinderung der Ausbreitung der Schwarzholzkrankheit wird empfohlen Brennessel bis Ende Juli wachsen zu lassen. Damit erhofft man sich, dass die Überträgerzikaden an ihren Wirtspflanzen (Brennessel) bleiben, und die Reben verschonen
- Früher als sonst zeigen sich seit wenigen Tagen auch schon die ersten mit Esca befallenen Rebstöcke. Diese Stöcke sollten genauso wie Rebstöcke mit Schwarzholzkrankheit im Verlauf der weiteren Vegetationsperiode markiert werden, um dann im nächsten Frühjahr einen neuen Stockaufbau mit Stammaustrieben zu versuchen.
- Alle Maßnahmen gegen Botrytis (lockere Trauben, lockere und besonnte Traubenzone) wirken auch gegen die Ansiedlung von Ohrenzwickern. Überall wo verdichtete Laubbereiche sind, gibt es auch massig dieser Tierchen.
- Bei der Anwendung von glyphosathaltigen Herbiziden außerhalb von Wasserschutzgebieten müssen die Stockaustriebe rechtzeig zwei bis drei Tage zuvor entfernt oder abgetötet sein. Winden können in Wasserschutzgebieten mit den Abbrennern Shark oder Quickdown eingedämmt werden. Bei Herbiziden unbedingt auch die Wartezeiten beachten!
- Essigbeerchen bei Lemberger: Möglicherweise steht das Problem der Lemberger Essigbeerchen in Zusammenhang mit Calziummangel in den Stielgerüsten. Deshalb könnte vorbeugend bei den nächsten drei Behandlungen das Mittel „Lebosol Calcium Forte SC“ zum Einsatz kommen. Die Aufwandmenge laut Firma liegt bei vier bis acht Liter/ha. Versuchsergebnisse dazu sind noch keine vorhanden.
- Auch Junganlagen gegen Oidium- und Peronosporabefall behandeln
- Erzeuger von Tafeltrauben müssen an die entsprechende Zulassung der Pflanzenschutzmittel denken. Dies gilt auch für Keltertraubenanlagen aus denen später möglicherweise Esstrauben geschnitten und in den Verkehr gebracht werden.
- Generell sollte darauf geachtet werden, Laubarbeiten vor einer Spritzung zu erledigen. Neben einer besseren Anlagerung an die Zielfläche dienst dies auch dem Anwenderschutz .
- Gerätereinigung niemals in der Nähe von Hofeinläufen. Restbrühe oder Reinigungswasser mit Mittelrückständen darf keinesfalls in die Kanalisation!
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum
Bienenschutz und der persönlichen Schutzausrüstung, sind immer zu beachten.
Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden:
https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau
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