Rebschutzhinweis Heilbronn: Junganlagen wässern
Obwohl es in letzter Zeit immer wieder Niederschlag gab, sollten die Anlagen gut auf Anzeichen drohender Trockenheit beobachtet werden. Die Maßnahmen zum Ausbringen von Herbiziden sollten bis Mitte Juli ein Ende gefunden haben. Zu beachten sind die sich häufenden Meldungen zum Mehltaubefall.
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Allgemeine Situation
Wuchs und Traubenbehang sind überwiegend gut bis sehr gut. Die Niederschläge in der letzten Juniwoche und Anfang Juli zwischen in der Summe 30 bis 40 Liter/m² haben die Reben sichtlich erfrischt. Nachhaltig durchfeuchtet ist der Boden dadurch aber nicht. In zu Trockenstress neigenden Standorten sollte der Zeitpunkt für den Beginn der Tropfbewässerung nicht versäumt werden. Umgerechnet zehn Liter je Rebstock hält die Reben acht bis zehn Tage aktiv. Im Sinne der Kosteneinsparung und des sorgsamen Umgangs mit Wasser ist darauf zu achten, nur den absolut notwendigen Wasserzusatz zu geben. Größere Regenmengen sind aktuell nicht in Sicht, weshalb auch das Ertragspotenzial generell, besonders aber auf Trockenstandorten, kritisch zu betrachten ist. Ein Überertrag stresst die Reben zusätzlich! Ein Umbrechen der Dauerbegrünung wird nicht empfohlen. Zu groß ist die Gefahr damit Fäulnis bei sich ändernder Wetterlage zu provozieren. Die Jahrgänge 2006 und 2014 lassen grüßen. Und überhaupt: Wer mit Vollernter lesen will benötigt absolut tragfähigen Boden im Herbst.
Die Wasserversorgung in Junganlagen sollte ebenfalls im Auge behalten werden, da diese aufgrund eines geringer ausgeprägten Wurzelsystems benachteiligt sind. Bei Bedarf und Bewässerungsmöglichkeit genügen auch hier Wassergaben von zehn Liter je Stock. Zur Prüfung der Notwendigkeit einer Wassergabe kann mit dem Spaten der Wurzelbereich freigegraben und der Feuchtegehalt der Erde mit der Hand gefühlt werden.
Der Vegetationsvorsprung gegenüber Normaljahren beträgt weiterhin circa zehn Tage so dass mit einem frühen Erntebeginn gerechnet werden muss. Dies bestätigt die Notwendigkeit der vorgezogenen Termine für die Abschlussspritzung auf die erste Augustwoche für mittel- und spätreifende Rebsorten. Bei der Auswahl der Pflanzenschutzmittel sind jetzt schon die individuellen Wartezeiten der Mittel zu beachten.
Wo nötig, sollten auch Herbizidmaßnahmen spätestens Mitte Juli abgeschlossen werden. Auch hier gibt es Wartezeiten zu beachten. Stockaustriebe oder tiefhängende Schnabeltriebe dürfen auf keinen Fall von Herbizid getroffen werden. Es wird nochmal dringend darauf hingewiesen, dass in Flächen, die in Wasserschutzgebieten liegen, der Wirkstoff Glyphosat nicht verwendet werden darf. Für die Windenbehandlung in Wasserschutzgebieten stehen die Abbrenner-Präparate Quickdown, Shark oder Beloukha zur Verfügung. Damit werden auch gegebenenfalls Stockausschläge miterfasst. Achtung! Wer aus Stammtrieben einen neuen Stockaufbau anstreben möchte (Esca/Schwarzholzkrankheit), muss diese Triebe vor einem Herbizideinsatz entsprechend schützen. Dafür gibt es mittlerweile seitlich offene Schutzröhren mit einem deutlich größeren Durchmesser.
Etwas schwierig ist momentan die Einschätzung der Trockenheit in Bezug auf die Erntemengen. Beim Blick in die Traubenzone wird deutlich, dass bei fast allen Weinbergen aus Gründen der Qualitätssicherung noch Trauben herausgeschnitten werden müssen. Vor Weichwerden beziehungsweise Färbung der Beerchen sollte dabei der Zielertrag eingestellt sein. Mit der Heckenschere kann bei gut freigestellter Traubenzone sehr schnell und effektiv ausgedünnt beziehungsweise können auch Trauben geteilt werden. Versuchen Sie es mal! Zum Ende der Spritzsaison sind die Vorgaben der Absatzorganisation zwingend zu beachten.
Pflanzenschutz
Meldungen von Mehltaubefall an Einzelbeerchen häufen sich etwas. Es wird dringend geraten, jetzt die Bestände auf Oidiumbefall intensiv zu überprüfen. Dabei müssen die Trauben in die Hand genommen und von allen Seiten angeschaut werden. Die größte Chance Oidium an Traubenbeerchen zu entdecken hat man in „masten“ Rebstöcken und in dichten Traubenansammlungen. Wo nach intensiver Begutachtung alles gesund ist, ist keine Explosion des Echten Mehltaus mehr zu befürchten. Anders sieht es in den Anlagen aus, in denen immer wieder Einzelbeerchen gefunden werden. Aus Erfahrung der letzten Jahre muss hier mit weiter steigendem Befallsaufbau gerechnet werden. An Sanierungsmaßnahmen (baldmöglichst, sehr intensiv von jeder Gasse in die Traubenzone mit viel Brühe) kommt man nicht drumrum, will man die Chance auf eine ungetrübte Ernte erhalten. Für mögliche Sonderbehandlungen gibt es auf der Internetseite des Landwirtschaftsamtes Heilbronn („Infodienst Weinbau Heilbronn“) zusätzliche Informationen. In Bezug auf Peronospora ist die Befallssituation aufgrund der trockenen Bedingungen weiterhin unkritisch. Auch wenn hier und da mal im oberen Drittel der Laubwand ein paar Ölflecken auftauchen sollten, ist dies bei dem aktuellen Entwicklungsstand kein Grund zur Beunruhigung.
Peronospora
Es genügen Kontaktfungizide (zum Beispiel Folpan) ohne weiteren Zusatz. Wer möchte, kann auch zur Einsparung von organischen Mittel bei der aktuellen Situation auf Kupfermittel übergehen. Hier genügt es, die Hälfte der empfohlenen Aufwandmenge zu verwenden. Ein Nebeneffekt des Kupfers ist auch die Oidiumwirkung auf den Rebblättern.
Oidium
Für die weiteren Standardmaßnahmen können organische Mehltaumittel zum Einsatz kommen (zum Beispiel Talendo, Dynali). Zur Resistenzvorsorge werden die Mittel aus der Gruppe „L“ (Luna Max/Experience, Sercadis, Collis) nun nicht mehr empfohlen. Die Mittel sollten maximal zweimal im Jahr und niemals direkt hintereinander eingesetzt werden. Bei den empfindlichen Rebsorten (besonders Trollinger) kann überlegt werden, ob zusätzlich ein „Backpulvermittel“ (Backpulvermittel = Bicarbonate = Vitisan oder Kumar) dazu kommt.
Aber Vorsicht: Wenn es zwischen hintereinander folgenden Zugaben von Bicarbonaten nicht regnet und bei voller Sonne auf schwächer wüchsige Anlagen behandelt wird, kann es zu Wasserentzug an den Blättern und dadurch zu braunen Blatträndern kommen. Ab den letzten beiden Behandlungen können dann in unkritischen Anlagen Vivando oder Kusabi oder Azole (zum Beispiel Topas, Systhane, Misha) sowie alternativ auch „Backpulver-Präparate“ (zum Beispiel Vitisan+ Haftmittel oder Kumar) zum Einsatz kommen.
Der Spritzabstand kann in sauberen Anlagen jetzt zehn bis zwölf Tage betragen.
Stiellähme
Jahre mit Stielähme (lummelige Traubenspitzen) sind leider nie vorherzusagen. Vorbeugend können empfindliche Sorten (zum Beispiel Lemberger, Cabernet Dorsa, Dornfelder, Acolon) mit einem magnesiumhaltigen Blattdünger behandelt werden.
Sauerwurm
Wie bereits in den letzten Jahren dominiert der Bekreuzte Traubenwickler das Geschehen. Mittlerweile hat er sich auch in seither verschonten Bereichen (Weinsberger Tal/Leintal) „vorgearbeitet“. Er weist in der Regel einen verzettelten Flug mit längerer Flugdauer und mehreren Flughöhepunkten auf. In Verwirrgebieten mit Lockstoffen für beide Arten (fast flächendeckend, außer Oberes Leintal und Weinsberger Tal) wird der Bekreuzte Wickler ausreichend reduziert. Im Zweifel sollten sich Weinbergbewirtschafter bei den örtlich verantwortlichen Verfahrensleitern erkundigen, gegen welche Arten die ausgehängten Ampullen wirken. Außerhalb von Verwirrgebieten oder auch in den Gebieten, in denen der Lockstoff für den den Bekreuzten Wickler fehlt, gibt es verschiedene Überlegungen.
Im Prinzip gibt es vier Strategien:
- Risiko eingehen und nicht behandeln (bei kompakten Rebsorten ist das Risiko von Sauerfäule durch Sauerwurm größer einzuschätzen als bei lockerbeerigen Trauben)
- Behandlung mit Bacillus Thuringensis Präparaten (zum Beispiel DiPel DF)
- Behandlung mit bienenungefährlichen Insektiziden (zum Beispiel Coragen oder Mimic)
- Behandlung mit bienengefährlichen Mitteln (zum Beispiel SpinTor oder Steward. Aufbrauchfrist von Steward endet zum 19.09.2022). Die Anwendung bienengefährlicher Mittel wird nicht empfohlen. Wer diese dennoch einsetzen möchte, muss beachten, dass zuvor gemulcht wird. Es darf nichts blühen!
Nachdem ein erster Flughöhepunkt um den 2. Juli festgestellt wurde, wäre circa sechs bis acht Tage später ein erster Behandlungstermin einzuplanen. Also bei der nächsten anstehenden Behandlung.
Ob eine zweite Behandlung notwendig wird, kann momentan noch nicht prognostiziert werden. Das hängt vom weiteren Flugverlauf ab. Dieser kann auch in Vitimeteo unter „Monitoring“ eingesehen werden. Auch örtliche Fangergebnisse, falls vorhanden, beachten!
Sonstiges und Mittelmenge
- ACHTUNG! Wer seine Brachezeit auf mehr als drei Jahre ausdehnt (Ausgangs-Stichtag ist der Tag der Rodung (siehe Weinbaukartei Flächenbogen) muss bis 31.07. einen Antrag beim Regierungspräsidium auf Verlängerung stellen! Ansonsten geht das Pflanzrecht verloren.
- Die Premium-Maßnahme Traubenteilen kann noch bis zum Reifebeginn durchgeführt werden.
- Mitglieder von Erzeugergemeinschaften müssen Mittel- und Terminvorgaben ihrer Absatzorganisation beachten.
- Im Hinblick auf vorbeugende Maßnahmen gegenüber Kirschessigfliege ist die Entblätterung der Traubenzone ein zentraler Baustein. Aber ACHTUNG: Ab jetzt Gefahr von Sonnenbrand beachten. Bei prognostizierten Temperaturen von > 30° C in den Tagen davor keinen Laubschnitt und keine Entblätterung vornehmen.
- Für die anstehende Behandlung ist der vierfache Basisaufwand anzuwenden.
- Seit zwei Wochen zeigen sich die ersten mit Esca befallenen Rebstöcke. Diese Stöcke sollten genauso wie Rebstöcke mit Schwarzholzkrankheit im Verlauf der weiteren Vegetationsperiode markiert werden, um dann im nächsten Frühjahr einen neuen Stockaufbau mit Stammaustrieben zu versuchen.
- Wegen des Fluges der Windenglasflügelzikade (Überträger der Schwarzholzkrankheit) sollten Brennesselbüsche in oder in der Nähe von Weinbergen noch bis August weder abgemäht noch gemulcht werden.
- Gerätereinigung niemals in der Nähe von Hofeinläufen. Restbrühe oder Reinigungswasser mit Mittelrückständen darf keinesfalls in die Kanalisation!
- Keltertraubenmittel sind nicht automatisch auch Tafeltraubenmittel! Erzeuger von Tafeltrauben müssen unbedingt an die entsprechende Zulassung der Pflanzenschutzmittel denken. Dies gilt auch, wenn aus Keltertaubenanlagen möglicherweise Esstrauben geschnitten und in Verkehr gebracht werden.
- Zur Reduzierung der Reblauspopulationen sollte Amerikanerreben an Böschungen et cetera nachhaltig entfernt werden.
- Pockenmilbe ist jetzt mit der zweiten Generation im oberen Bereich der Laubwand zu finden. Wirtschaftlicher Schaden ist nicht zu erwarten. Bei extrem starkem Befall sollten die Flächen für eine Austriebsbehandlung 2023 vorgesehen werden.
- Auch Junganlagen gegen Oidium und Peronospora behandeln
- Generell sollte darauf geachtet werden, Laubarbeiten vor einer Spritzung zu erledigen. Neben einer besseren Anlagerung an die Zielfläche dient dies auch dem Anwenderschutz.
In diesem Artikel finden eine angehängte PDF-Datei mit Hinweisen zu Wartezeiten von Pflanzenschutzmitteln.
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz und der persönlichen Schutzausrüstung, sind immer zu beachten.
Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden:
https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau.
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