Später Regen versöhnt Sachsens Winzer mit Jahrgang 2022
Überall im Land werden Bilanzen der diesjährigen Weinlese gezogen. So auch in Sachsen: Im August startete die Ernte mit den Trauben für Federweißer und im Oktober waren dann alle Erntemengen eingefahren. Allerorts waren die Winzer äußerst glücklich damit, wie gut sich die Trauben trotz der besorgniserregenden Trockenheit im Sommer entwickelt hatten. Starker Regenfall machte wiederum die Lese schwierig und sorgte für Pausentage. Insgesamt erwarten sächsische Winzer rund 2,3 Millionen Liter Ertrag.
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Innerhalb von vier bis maximal sechs Wochen haben die Winzer im Anbaugebiet Sachsen die Lese für den Jahrgang 2022 abgeschlossen. Erste Trauben für Federweißer waren Mitte August geerntet worden. Anfang Oktober waren die meisten Keltertrauben in den Kellern. Der Weinbauverband Sachsen erwartet einen durchweg guten Jahrgang. Es seien Voraussetzungen gegeben, dass die Önologen Weine im klassischen sächsischen Stil ausbauen können. Die Trauben hätten sich nach dem viel zu trockenen Sommer mit einsetzenden Niederschlägen auch in Lagen mit Trockenstress überwiegend noch gut entwickelt, sagt Verbandschef Felix Hößelbarth. Problematisch war die Lage in den alten Terrassenweinbergen. In den meisten Steillagen sind - abgesehen von Junganlagen - keine Bewässerungssysteme installiert.
Erst fehlte der Regen, dann kam er in Strömen
Die Ernte sei außergewöhnlich schnell erledigt gewesen, so Hößelbarth. Der Regen habe aber dafür gesorgt, dass an einzelnen Tagen die Lese unterbrochen werden musste. Es gab dann Stress in den Kellern, wenn an Folgetagen größere Mengen vom eigenen Weinberg und von Traubenlieferanten zeitgleich zum Pressen gebracht wurden. In kompakten Trauben, etwa bei Burgundern, trat zunehmend Botrytis auf und erforderte Eile. Es habe beispielsweise in Radebeul von Ende August bis Ende September so viel Niederschlag gegeben, wie im gesamten ersten Halbjahr. Bei den Qualitäten hat sich nach Hößelbarths Einschätzung konsequente Ertragsreduzierung und gute Laubarbeit im Sommer ausgezahlt. Die Situation habe sich in den unterschiedlichen Lagen entlang der 60 Kilometer langen Sächsischen Weinstraße sehr differenziert dargestellt - abhängig von Böden und auch von der Hangneigung. Was auch auffällig war: Innerhalb der Weinberge gab es bei gleichen Rebsorten teilweise zeitverzögerte Entwicklung und Reife. So seien mitunter mehrere Lesedurchgänge für die gewünschten Qualitäten notwendig gewesen. Der sächsische Verbandschef erwartet einen Ertrag von 2,3 bis 2,4 Millionen Litern im Anbaugebiet Sachsen.
Zufriedenstellende Ergebnisse trotz widriger Wetterbedingungen
Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) stimmt der Einschätzung des Weinbauverbandes zu. Das Amt rechnet mit ähnlicher Erntemenge und ebenfalls durchweg guten Qualitäten. Mostgewicht und Säurewerte lägen im Durchschnitt, hieß es. Ein Rückblick: Frostschäden im Winter gab es keine. Am 26. Dezember 2021 wurden in Dresden-Pillnitz die tiefsten Nachttemperaturen des gesamten Winters mit -12,4 °C gemessen. Im Frühjahr gab es auch keinen Spätfrost entlang des Elbtals. Die Vegetationsphase begann durchwachsen. Der April war zu kalt, der Mai anfangs beinahe hochsommerlich. "Das führten nicht selten zur Verdoppelung der Trieblänge in nur acht bis zehn Tagen." Im Juni bremste die Schafskälte die Entwicklung der Reben zu Beginn der Blüte um den 10. Juni herum wieder aus. Die Blüte verlief den Angaben zufolge recht schnell. "Nicht überall putzten sich die Trauben ordentlich, sodass Blütenrückstände im Traubeninneren zurückblieben. Schäden durch Verrieselungen konnten in den allermeisten Rebanlagen nicht festgestellt werden."
Weniger Schädlinge, mehr Trockenschäden
Schon im Juni fehlten Niederschläge. Es seien die „ersten Trockenstresssymptomen in Verbindung mit Nährstoffmangelerscheinungen“ aufgetreten, hieß es vom Landesamt. Besonders betroffen waren demnach Junganlagen. Lokaler Hagel ging Ende Juni am Meißner Spaargebirge und in Weinböhla so früh nieder, dass beschädigte Beeren eintrockneten. Temperaturen von knapp 40 Grad Celsius und pralle Sonne bescherte empfindlichen Sorten wie Bacchus und Riesling im Juli Sonnenbrand auf den Trauben. Auch diese Schäden trockneten ein. Pilz- und Schädlingsbefall sei für die Winzer 2022 beherrschbar gewesen, hieß es. In Fruchtproben wurden beispielsweise erst ab der 36. Kalenderwoche Eiablagen und Larvenbefall durch die Kirschessigfliege festgestellt.
Goldriesling erlebte schnelles Wachstum
Das LfULG weist darauf hin, dass die "hohen Tages- und Nachttemperaturen im August in Verbindung mit dem weit verbreiteten Trockenstress für einen beschleunigten Säureabbau in den Trauben bei den frühreifen Sorten" sorgte. "Um Qualitätseinbußen zu vermeiden sowie eine mikrobiologische Stabilität im Wein zu gewährleisten", sei "von der vereinfachten Neuregelung zur Säuerung von frischen Weintrauben je nach Qualität des Erntegutes Gebrauch gemacht" worden, so das LfULG. "Die ergiebigen Niederschläge ab Ende August stabilisierten die Säure- und pH-Wert der mittelfrühen und späten Sorten dann nachhaltig." Da zum Ende der Lese hin wegen der fehlenden Sonne im September nicht alle spätreifenden Rebsorten wie gewünscht ausreiften, wurde - insbesondere bei Basisqualität - auch auf Anreicherung zurückgegriffen. Übrigens ging nicht nur die Ernte außergewöhnlich schnell über die Bühne - auch die Entwicklung des nur noch in Sachsen gewerblich kultivierten Goldrieslings verlief ungewöhnlich schnell. Statt die üblichen rund 100 Tage benötigte der Goldriesling beim Weingut Schloss Proschwitz Prinz zu Lippe in diesem Jahr nur rund 80 Tage von der Blüte bis zur Ernte, wie Außenbereichsleiter Björn Probst sagte.
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