Rebschutzdienst der Weinbauberatung Heilbronn
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Das Spätstarter-Jahr 2013 hat sich beim Einbiegen auf die Zielgerade nach vorne gearbeitet. Bleibt zu hoffen, dass der Usain Bolt-Effekt anhält. Der Leichtathletik-Star spielt seine Stärken beim Sprint auch erst aus, wenn die Zielgerade in Sichtweite kommt. Die Voraussetzungen in den Weinbergen sind überwiegend gut bis sehr gut, nachdem Juli und August mehrheitlich sehr sommerlich waren und auch die notwendigen Niederschläge Ende Juli in den meisten Fällen gerade noch rechtzeig eingesetzt haben. Lediglich jüngere Anlagen auf flachgründigen Standorten haben unter dem Trockenstress etwas stärker gelitten. Allerdings sind die Unterschiede der Niederschlagsmengen gerade im Juli und August teilweise beträchtlich. So sind in Besigheim in dieser Zeit 126 Liter je m² gemessen worden, während die Brackenheimer Ecke nur mit 68 Litern versorgt wurde.
Mit Ausnahme weniger Hagelflächen entwickeln sich die Weinberge in der Zwischenzeit prächtig. Reifebeginn bei Frühsorten wie Acolon, Dornfelder, Samtrot oder Müller Thurgau war um den 10. August. Damit liegt die Entwicklung gegenüber sehr frühen Jahren um ca. 14 Tage zurück, gegenüber dem Mittel der letzen 10 Jahre um ca. 7 Tage. Dies ist aber kein Nachteil!
Die Gesamtentwicklung auch angesichts der eher moderaten Ertragsverhältnisse bietet wiederum Chancen auf einen guten bis sehr guten Weinjahrgang. Entscheidend wie immer sind aber die letzten 4-6 Wochen vor der Lese.
Ertragsregulierende Maßnahmen sind verbreitet bei Trollinger angesagt, hier manchmal auch nur bei einzelnen Rebstöcken. Oft genügt es, im Schnabeltriebbereich die zweiten Trauben an den Rebtrieben abzuschneiden. Selbstverständlich gibt es auch bei anderen Sorten Weinberge mit Überertrag. Auch dort ist rechtzeitig zu regulieren, will man die Qualität sichern. Insgesamt dürfte aber das Traubengewicht bei lockeren Trauben eher etwas unter dem Durchschnitt liegen Trotz extrem heißer Temperaturen – am 27.7. wurden z.B. in Lauffen 37° C gemessen – kam es zu keinen massiven Sonnenbrandschäden. Ganz anders war dies am 15. Juli 2007, als nach einer längeren Kühl- und Regenphase die Temperaturen von einem Tag auf den anderen auf 35° C stiegen.
Erfreulich ist auch der Gesundheitszustand der Weinberge. Verbreiteter kritischer Peronospora- oder Oidiumbefall ist dieses Jahr die Ausnahme. Nach dem 2012er Oidium-Katastrophenjahr ist dies erfreulich. Dennoch gibt es auch dieses Jahr Anlagen, die sehr starken Oidium-Befall zeigen und nicht gelesen werden können. Im Interesse aller sollte versucht werden, die Fehler zu erkennen und für die nächsten Jahre zu beheben.
Die 2013er Traubenstruktur ist überwiegend locker, was mit der zögerlich verlaufenden Blüte oder auch mit eingesetzten Biowachstumsregulatoren zusammenhängt. Zur Vorbeugung gegen Botrytis und Essigfäule sollte in der Reifephase Bodenbearbeitung unterbleiben und wo noch nicht geschehen, die Traubenzone ausreichend freigestellt werden. Die Begrünung darf nicht zu hoch wachsen, damit sich kein feuchtes Kleinklima bilden kann.
Der besonders für rote Sorten gefährliche neue Obst- und Rebschädling Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) ist 2012 in Südbaden angekommen. Falls über das flächendeckende Monitoringsystem festgestellt wird, dass sich der Schädling auch in Württemberg etabliert, wird über den Rebschutzdienst und die Vermarktungseinrichtungen schnellstmöglich informiert. Wer in seinen Anlagen in der Reifephase unerklärliche Fäulnis feststellt, sollte sich an die Weinbauberatung wenden.
Kritisch ist nach wie vor die Zunahme von absterbenden Rebstöcken. Meist handelt es sich hierbei ursächlich um den ESCA Pilz. Eine direkte Gegenmaßnahme gibt es leider nicht. Rebstöcke mit ESCA-Symptomen können auch jetzt noch ca. 10 cm oberhalb der Veredlungsstelle abgeschnitten werden. Das alte Holz ist aus der Anlage zu entfernen. Im nächsten Frühjahr wird dann versucht einen neuen gesunden Rebstamm mit austreibenden Bodentrieben hochzuziehen. Wer erst im Winter zurückschneidet, muss die befallenen Rebstöcke jetzt markieren. Bei Anlagen, die noch mindestens 6 -8 Jahre stehen bleiben, bietet es sich an, die Stöcke zu roden und die Fehlstellen z.B. mit Hochstammreben nachzupflanzen. Die Ausbreitung der Schwarzholzkrankheit stagniert.
Junganlagen
Die Junganlagen sind überwiegend gut gewachsen. Pflanzenschutzmaßnahmen, besonders gegen Peronospora, sollten in Junganlagen bis Anfang September weitergeführt werden.
Trockenheit
Besonders junge Bestände mit überhöhten Erträgen leiden am schnellsten unter Trockenstress. Bereits fortgeschrittener Trockenstress macht sich bemerkbar in Form von vergilbenden Altblättern. Die Triebspitzen stellen sich auf und die Beeren stellen das Wachstum ein. Eine Ertragsreduzierung insbesondere auch zur Stockerhaltung ist besonders bei jüngeren Anlagen wichtig. Wo möglich und nötig sollte bei Bedarf auch mit der Tropfbewässerung nicht zu spät begonnen werden. Die Wassermenge sollte ca. 10 Liter je Rebstock betragen. Falls kein Regen in Sicht ist, sollte eine Wassergabe nach ca. 8-10 Tagen wiederholt werden. Wasser in den Weinberg fahren kostet Zeit und Geld. Deshalb ist immer abzuwägen, ob der erwartete Nutzen größer ist als die Kosten.
Pflanzenschutz- und Weinbauversuche in der Weinbauschule
Am Freitag, 13. September 2013 zeigt die LVWO Weinsberg ab 8.00 Uhr in regelmäßigen Abständen wieder aktuelle interessante Versuche für die weinbauliche Praxis. Schwerpunkte sind Pflanzenschutz, Minimalschnitt und Züchtung.
Hinweise zur Vogelabwehr
Es ist unbestritten, dass Vogelfraß durch Starenschwärme massive wirtschaftliche Schäden in Weinbergen anrichten können. In vielen Weinbaugemeinden wurde in den letzten Jahren die Vogelabwehr von Wengertschützen auf stationäre Schuss- oder andere Vergrämungsapparate umgestellt. Dies führt immer wieder zu Beschwerden in der Bevölkerung. Bei jedem Vergrämungs-Apparat sollte im Interesse des nachbarschaftlichen Friedens immer geprüft werden, ob er notwenig ist, wann zwingend begonnen werden muss, ob vorgeschriebene bzw. sinnvolle Mindestabstände eingehalten sind oder ob diese ggf. noch vergrößert werden können. Auf alle Fälle muss spätestens bei einbrechender Dämmerung abgeschaltet werden. Diese Punkte sind gerade auch wegen einer positiven Grundeinstellung der Bevölkerung zum Wein dringend zu beachten. Bei Bedarf ist auch zu prüfen, ob es nicht Sinn macht, zumindest in Teilen einzelner, besonders sensibler Gemarkungsteile die Vogelabwehr durch Wengertschützen wieder zu aktivieren.
Vergrämungsfähig sind am ehesten Starenschwärme. Amseln oder sonstige Einzelvögel können als Gebüschbewohner akustisch oft nicht ausreichend vergrämt werden. Dagegen hilft meist nur lokal begrenztes Einnetzen. Die Schuss- oder „Pieps“apparate sollten erst aktiviert werden, wenn die Starenschwärme beginnen, sich in Weinbergsnähe aufhalten. Bei zu frühem Beginn sind auch Gewöhnungseffekte wahrscheinlicher. Die Anzahl der Anlagen muss auf das notwendige Maß beschränkt werden. Der Abstand der einzelnen Anlagen zueinander orientiert sich an der Reichweite der wirksamen Schallsignale. Übererschließungen sind zu vermeiden.
Bei Geräusch erzeugenden Vogelabwehranlagen handelt es sich um immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Derartige Anlagen unterliegen den Bestimmungen des § 22 Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Danach sind sie so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Hier nochmals zusammengefasst die amtlichen Hinweise zur Vogelabwehr:
Akustische Geräte: Besonders die automatisch arbeitenden Schreckschussapparate können zu Beeinträchtigungen in angrenzenden Wohngebieten führen. Die Betreiber solcher Anlagen müssen deshalb folgendes beachten:
Die erlaubten Abstände der Schussapparate in der Nähe geschlossener Wohnbebauung sind abhängig:
- 1. von der Schussanzahl je Tag und
- 2. von der Art der Wohnbebauung
Bei einer Schussanzahl von max. 100/Tag (Abstand der Einzelschüsse mind. 8 Minuten), ist:
- - zu reinen Wohngebieten ein Mindestabstand von 1000 m einzuhalten
- - zu allgemeinen Wohngebieten (vorwiegend Wohngebäude aber auch Werkstätten oder Büros) ein Mindestabstand von 800 m einzuhalten
- - zu Gebieten, in denen neben Wohngebäuden auch sonstige Nutzungen einschließlich Landwirtschaft vertreten sind, also sog. Misch- und Dorfgebieten, mindestens 500 m Abstand einzuhalten
- - bei weniger als 40 Schuss/Tag könnten diese Abstände auch noch etwas verringert werden
- - auch bei Entfernungen von mehr als 1000 m zu geschlossenen Wohnbebauungen gilt das Minimierungsgebot bzgl. Schussfrequenz und Anzahl der aufgestellten Geräte
- - im Sinne vieler Weinwanderer sollten die Schreckschussapparate nicht unmittelbar an den Wegrändern platzier werden. Hilfreich für die Akzeptanz sind z.B. auch Hinweisschilder oder Veröffentlichungen in Gemeindemitteilungsblättern, warum die Geräte betrieben werden müssen
- - zu kurze Schussfrequenzen sind wegen Gewöhnungseffekt sinnlos
- - die Rohrmündung bzw. bei Piepsern der Lautsprecher muss von den Häusern weggerichtet sein
- - Apparate müssen spätestens bei Einbruch der Dunkelheit abgestellt werden, da während der Nacht kein Vogelfraß zu erwarten ist. Morgens die Geräte nicht vor Tagesanbruch einschalten.
Netze:
Beim Aufhängen von Netzen sind unbedingt folgende tierschutzrechtlichen Belange zu beachten:
- - Maschenweite höchstens 30 mm
- - Fadenstärke mindestens 1 mm
- - Netze straff spannen
- - es dürfen keine losen Netzteile auf dem Boden liegen
- - keine Kunststoffgespinste verwenden
- - Netze windsicher befestigen
- - nach der Traubenlese Netze unverzüglich entfernen
- - Reste von Netzen dürfen nicht im Gelände liegen bleiben
Verstöße gegen diese Vorschriften des Tierschutzgesetzes sind Ordnungswidrigkeiten, die mit hohen Bußgeldern geahndet werden können.
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