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Bio alleine reicht nicht mehr

An der Bioverarbeitertagung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) im schweizerischen Frick diskutierten vor wenigen Tagen rund 70 TeilnehmerInnen über Chancen und Herausforderungen im Biomarkt. Man war sich einig, dass dessen Potenzial nach wie vor gross ist, bloss wie schöpft man dieses aus? Ein renommierter Experte erklärte, Bio alleine genüge dafür nicht länger.
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Jörg Reuter von der Berliner Strategieberatung „Grüne Köpfe“ unterhielt das Publikum an der Bioverarbeitertagung mit provokativen Thesen zum Biomarkt.
Jörg Reuter von der Berliner Strategieberatung „Grüne Köpfe“ unterhielt das Publikum an der Bioverarbeitertagung mit provokativen Thesen zum Biomarkt. FiBL, Thomas Alföldi
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Am alle zwei Jahre stattfindenden Branchentreffen der Bioverarbeiter sorgte vor allem ein Referat für erhöhte Aufmerksamkeit. „Marktübersicht – Bio allein genügt nicht mehr“, lautete der Titel des Vortrags von Jörg Reuter, Co-Geschäftsführer von Grüne Köpfe, einem Berliner Strategieberatungsbüro für „GreenProfit“.


„Food Skills“ als Statussymbole
Reuter zeigte sich überzeugt, dass man im Biomarkt weiterhin von hohen Wachstumspotenzialen ausgehen darf. Um diese auszuschöpfen brauche es in der Verarbeitung aber einen Paradigmenwechsel von den 3G (Genuss, Gesund, Gerecht) zu den 4E (Egoistisch gut, Emotional nah, Ethisch richtig, Erleuchtend), wie er seine Formel kurz zusammenfasste. Bio fokussiere heute zu stark auf Strategie, Grenzwerte und Richtlinien und vernachlässige die romantische Seite des Konsumenten, der emotional abgeholt werden wolle.“Der Fluch liegt in der Abgrenzung“, meinte Reuter. Die Biobewegung schotte sich mit ihrer Konzentration auf Weltverbesserung zu stark ab. Heute suche der bewusste Konsument eher die Sinnhaftigkeit im lustvollen Konsum, als die verzichtorientierte Selbstbeschränkung. Deshalb, so die Prognose des grünen Trendforschers, „werden Verbandslabel emotionalen Produkt-Produzenten-Geschichten Platz machen müssen“. Dieser Trend werde noch verstärkt durch die zunehmende Bedeutung von sogenannten „Food Skills“ als Statussymbole. Mit Kochkunst und dem Wissen über originelle Produzenten und in urchiger Handarbeit hergestellten Delikatessen könne man heute angeben wie einst mit einem tiefer gelegten Sportwagen. Das äussert sich gemäß Reuter auch in einer zunehmenden Zahl von Gastro-Events bei denen zum Beispiel im urbanen Rahmen öffentlich ein Schwein geschlachtet und zu exzellenten Spezialitäten verarbeitet wird.

Wahrhaftigkeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit
Nach weiteren aufschlussreichen Referaten von Richard Kägi, einem Foodscout von Globus-Delicatessa (über seinen Auftrag, kulinarische Köstlichkeiten aufzuspüren) und von Marcel Wächter vom Grossmüller Groupe Minoteries (über ein Biokonzept für gewerbliche Bäcker) versammelten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Nachmittag zu sogenanten World Cafés. An wechselnden Tischen geht es dabei darum, das Gehörte zu diskutieren und Schlüsse daraus zu ziehen. Dabei zeigte sich, dass Jörg Reuter mit seinem Vortrag entweder sehr stark inspiriert oder bereits weit offene Türen eingerannt hat. Mehrheitlich war man der Meinung, dass die Kommunikation frischer, emotionaler und gar „sexier“ werden müsse; sie solle Geschichten erzählen und Freude verbreiten, statt zu moralisieren, wie es auf einem der Flip Charts hiess. Hoch bewertet wurde auch der Bedarf an Ehrlichkeit. Man müsse zu seinen Schwächen stehen, um so für Wahrhaftigkeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit zu sorgen.
Wichtig sei im Weiteren erweitertes Wissen um die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten, lautete eine der oft unterstützten Positionen. Hier ortete man eine Überforderung durch eine zu hohe Zahl von Labels. Diese solle mittels „Labelsfusion“ reduziert werden, erklärten mehrere TeilnehmerInnen. Ob die Produkte aus solchen Fusionen aber die Verwirrung der Kundschaft zu vermindern vermöchten, konnte nicht abschliessend geklärt werden.

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