Rebschutzhinweis Nr. 20
Das Winzerwetter hält an. Die trocken, warme Frühherbstwitterung lässt die Oechslegrade nach oben schnellen. Viel besser könnte es aktuell nicht laufen, einziger Wehmutstropfen sind die zunehmenden Trockenstresssymptome auf flachgründigen Standorten. Durch die großen Unterschiede in den Tag- und Nachttemperaturen lässt sich eine sehr schöne Reife- und Aromaentwicklung beobachten. Mostgewichtszunahmen von bis zu 1,5° Oe pro Tag wurden teilweise erreicht. Allerdings verlangsamt sich mit zunehmender Reife der Mostgewichtsanstieg merklich. Anlagen mit weniger Ertrag sind deutlich in der Reife voraus.
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Junganlagen und jüngere Ertragsanlagen leiden zunehmend unter Trockenstress. Wo möglich, sollten Trockenstandorte bewässert werden, wenn Altblätter erste beginnende Vergilbung zeigen. Bei wüchsigen Ertragsanlagen ohne Symptome von Trockenstress kann ein Überangebot an Wasser jedoch die Fäulnis beschleunigen, besonders wenn kompakte Trauben in der Anlage vorherrschen. Gründe zur Sorge finden sich auch in den stark von Sonnenbrand geschädigten Anlagen, wo aufgrund nachhaltiger Schäden teilweise ganze Trauben verkocht und dadurch nicht mehr verwertbar sind.
Kirschessigfliege
Der Flug der KEF ist lagenweise hoch, besonders wenn Randstrukturen vorhanden sind. Hohe Flugzahlen in den Anlagen sind jedoch nicht automatisch mit Eiablage und damit Beerenbefall gleichzusetzen. Die Fangflüssigkeit in den Becherfallen ist für die Tiere attraktiver als die Trauben. Insgesamt kann man in der breiten Fläche nach wie vor auch nur sehr wenige Insekten beobachten.
Durch die trocken-warme Witterung befinden sich die Rebanlagen großräumig in einem sehr guten gesunden Zustand. In einzelnen Anlagen mit Vorschäden durch Oidium, Fraß, Botrytis sowie in Lagen mit feuchterem Mikroklima (Tallagen, Waldrandlagen u.a.) können in den jetzt reifenden Sorten Kirschessigfliegen und je nach Rebsorte auch Eiablagen beobachtet werden. Kontrollieren Sie daher Ihre Anlagen weiterhin in kurzen Abständen.
Aufgrund der längeren Nässephase des letzten Wochenendes sind (trotz geringer Niederschlagsmengen) teilweise aufgeplatzte Beeren zu finden. Dies wurde besonders bei den kleinen Beeren an mischbeerigen Spätburgundertrauben beobachtet. An diesen Mikrorissen tritt Saft aus. Auch zeigen kompakte Sorten bereits abgedrückte Beeren. Die Symptomatik ist mit Hilfe einer Lupe eindeutig von Kirschessigfliegenbefall abzugrenzen. Diese Verletzungen bieten bei entsprechender Witterung ein erhöhtes Risiko für Besiedelung durch Botrytis und auch Essigbefall. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass hier bei vorhandener Kirschessigfliegen Population Eiablage erfolgt. Die weitere Entwicklung wird im Rahmen des Monitorings in den nächsten Tagen intensiv verfolgt. Eine Behandlung mit Spintor oder Mospilan hätte eine 14-tägige Wartezeit zur Folge. Bei entsprechend fortgeschrittener Reife kann es aber sein, dass solche Flächen recht früh gelesen werden müssen und dann die 14 Tage Wartezeit nicht eingehalten werden können. Deshalb ist eine Behandlung entsprechend abzuwägen.
In vorgeschädigten Trauben, meist am Rande von Rebflächen, ist der Befall mitunter etwas höher. Bei festgestellter Eiablage sollte bevor eine Bekämpfung geplant wird immer der weitere Reifeverlauf und der geplante/notwendige Erntetermin mit berücksichtigt werden. Deshalb ist es wichtig, in den betroffenen Weinbergen Mostgewichtsmessungen durchzuführen. Bei der derzeit gemeldeten Wetterlage dürften die Mostgewichte relativ schnell steigen. Alternativ kann daher bei beginnender Fäulnis auch eine vorgezogene Ernte die bessere Alternative sein.
Selbstvermarkter und Erzeugergemeinschaften sollten vorbereitet sein, schnell reagieren zu können, wenn Lesenotwendigkeit besteht. Andererseits ist es aber ganz sicher auch nicht sinnvoll, gesunde Bestände ohne Not abzuernten, wenn eine weitere gesunde Reife möglich ist.
Zusammenfassend gibt es aktuell keine allgemeine Bekämpfungsnotwendigkeit. Grundsätzlich muss jeder Winzer selbst die Notwendigkeit einer Bekämpfung sowie den Beginn der Maßnahmen anhand des Befalls bzw. des Befallsrisikos abwägen und festlegen. Behandlungen machen jedoch nur in Anlagen Sinn, die sichtbaren Befallsbeginn zeigen und sicher nicht vor Ende der Wartezeit gelesen werden müssen. Zwingend sollten Mitglieder von Absatzorganisationen entsprechende Sondermaßnahmen mit den Verantwortlichen abstimmen.
Anmerkung: Bei der Diskussion um die Wartezeit der Präparate würde der Einsatz von Karate Zeon als Mittel mit nur 7- tägiger Wartezeit möglicherweise weniger Probleme bereiten. Bei der aktuellen Witterung ist eine sichere Wirkung jedoch nicht gegeben, denn bei Temperaturen über 24°C nimmt die Wirkungsdauer stark ab.
Es wird empfohlen, vor Behandlung mit bienengefährlichen Mitteln, ortsansässige Imker zu informieren. Damit die Wahrscheinlichkeit, Bienen zu treffen möglichst gering gehalten wird, wird zusätzlich empfohlen, später am Abend zu behandeln. Einerseits endet da die „Kernarbeitszeit“ der Bienen, andererseits sind viele KEF-Fliegen dann aktiver als in den warmen Nachmittagsstunden. Weitere allgemeine Hinweise zum Bienenschutz wurden bereits im Rundschreiben Nr. 18 gegeben.
Unter „Vitimeteo“ kann ein schneller Überblick über die KEF-Gesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden.
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