Aktuelle Informationen zur KEF-Situation
Das Wochenende brachte flächendeckende Niederschläge mit Regenmengen zwischen 20 und 40 L/m². Dies sorgt für die dringend notwendige Erfrischung der gesamten Natur. Auch für die weitere Entwicklung unserer Trauben war der Regen grundsätzlich gut, da die physiologische Reife gefördert wird. Allerdings verstärken die Niederschläge das bereits bekannte Aufplatzen von reifen Beeren, besonders die kleinen Beeren bei Spätburgunder und Schwarzriesling sind betroffen.
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In aller Regel ist das Aufplatzen auch mit Saftaustritt verbunden. Diese Rissbildung hat primär nichts mit der Kirschessigfliege zu tun. Sekundär werden solche beschädigten Stellen aber durch heimische Essigfliegen und auch durch die Kirschessigfliege mit Eiern belegt. Bei kompakten Sorten und Klonen sind darüber hinaus auch ein Abdrücken der Beeren im Traubeninneren bzw. ein Ablösen von äußeren Beeren zu beobachten. Immer wieder finden sich in kompakten Trauben bereits Nester mit Essigfäulebefall.
Abgesehen von den beschriebenen Verletzungen zeigen sich viele Bestände derzeit noch sehr gesund und unproblematisch. Die aktuell trockene Witterung ist positiv für die Traubenentwicklung zu sehen, die kühlen Nächte stabilisieren die genannten Verletzungen an den Trauben und sorgen für eine gute Aromenbildung. Hoffen wir, dass uns der Wettergott auch in den kommenden Wochen hold bleibt!
Kirschessigfliege (KEF)
Nach wie vor befindet sich der überwiegende Teil der Rebanlagen in einem stabilen Zustand. Die für die KEF seit dem Wetterumschwung günstige Witterung, schwindende Alternativfrüchte und zunehmende Reife haben jedoch dazu geführt, dass der KEF-Druck nun sprunghaft angestiegen ist. Seit Anfang der Woche beobachtet man in vielen Anlagen stark steigende Flugaktivität (insbesondere Abends), steigende Eiablage und auch zunehmend typische „saftende Befallsbeeren“.
Die stark gefährdeten frühen Rebsorten wie Acolon, Regent und Dornfelder wurden bereits gelesen bzw. stehen in den nächsten Tagen zur Lese an. Besonders bei diesen Sorten sollte der Erntetermin nicht zu weit geschoben werden, da ansonsten der Selektionsaufwand bei der Handlese enorm ansteigen kann bzw. eine maschinelle Lese unter Umständen nicht mehr möglich ist.
Alle anderen roten und rotfärbenden Rebsorten sollten sofort auf Flugaktivität (abends), Eiablage und insbesondere „Schäumende Beeren“ oder punktförmigen Saftaustritt an einer kleinen Stichstelle (Eifäden sind mit der Lupe unter dem Safttropfen erkennbar) kontrolliert werden. Saftaustritt an einer kleinen Rissstelle ist nicht durch die KEF
verursacht. Drehen Sie die Trauben auch um. Oft findet man "Befallsbeeren“ auf der Traubenrückseite.
Stark gefährdet sind aktuell insbesondere Trollingerflächen, allgemein bei roten Rebsorten aber auch Standorte in unmittelbarer Nachbarschaft zu Randstrukturen (Hecken, Wald, Obst). Entstehende Wundstellen, die nicht verschorfen, bzw. solche, die von den Maden noch vergrößert werden, sind Ausgangspunkt einer schleichenden Mischinfektion. Grund zur Sorge bieten auch der anhaltende Insektenfraß und die platzenden Beeren, da die Wundstellen von allen Fruchtfliegen genutzt werden und die Anlagen bei entsprechender Witterung sehr schnell in Richtung Essigfäule kippen können.
Die Zunahme der Eiablage an roten Rebsorten wird auch im Rahmen des Beerenmonitorings der LVWO Weinsberg bestätigt. Je nach Zeitpunkt der Eiablage werden in den nächsten Tagen weitere Befallsstellen offensichtlich werden. Die Rebsorten bzw. später reifenden Anlagen, die aufgrund der Wartezeiten jedoch noch für einen Insektizideinsatz infrage kommen, werden mit jedem Tag geringer. Grundsätzlich muss jeder Winzer selbst die Notwendigkeit einer Bekämpfung in den spätreifen Sorten anhand des Befalls bzw. des Befallsrisikos abwägen und festlegen. Zwingend sollten Mitglieder von Absatzorganisationen entsprechende Sondermaßnahmen mit den Verantwortlichen abstimmen.
Selbstvermarkter und Erzeugergemeinschaften sollten vorbereitet sein, schnell reagieren zu können, wenn Lesenotwendigkeit besteht. Andererseits ist es aber ganz sicher auch nicht sinnvoll, gesunde Bestände ohne Not abzuernten, wenn eine weitere gesunde Reife möglich ist.
Pflanzenschutz-Maßnahmen sind nicht erforderlich bzw. möglich bei:
- Weißweinsorten
- Rötlichen und roten Sorten, die keine Befallssymptome zeigen
- Rötlichen und roten Sorten, die zwar Befallssymptome zeigen, der absehbare Lesezeitpunkt aber die Einhaltung der vorgeschriebenen Wartezeit nicht ermöglicht
Pflanzenschutz-Maßnahmen sind in Erwägung zu ziehen bei:
- Rötlichen und roten Sorten, die sichtbaren Anfangsbefall zeigen und bei denen die Wartezeit sicher eingehalten werden kann. Im Wesentlichen handelt es sich daher um Trollinger- und evtl. Lembergeranlagen.
Bei den derzeit moderateren Temperaturen könnte das Präparat Karate Zeon entsprechend der zugelassenen Einsatzbedingungen (ausschließlich Traubenzone mit ganz besonderem Augenmerk auf Abtriftminderung in der oberen Laubwandhälfte) mit 7 Tagen Wartezeit angewandt werden, wenn die beiden Präparate Mospilan und Spintor mit 14 Tagen Wartezeit zu unsicher sind. Bei allen Pflanzenschutzbehandlungen in späten Sorten muss gewährleistet sein, dass durch entsprechende Maßnahmen (geringe Gebläsedrehzahl, Düseneinstellungen, einseitige Behandlung der Randreihen, etc.) möglichst wenig Abdrift entsteht. Beachten Sie auch die Vorgaben des Bienenschutzes und planen sie Behandlungen möglichst außerhalb der Bienenflugzeiten, d.h. in den frühen Morgen- oder Abendstunden ein.
Anmerkung: Das Präparat Mospilan darf nur in roten Rebsorten und für Mitglieder der Weinbauverbände zusätzlich in Rot-färbenden Weißweinsorten (Grauburgunder, Traminer, Gewürztraminer, Roter Muskateller) eingesetzt werden.
Es wird empfohlen, vor Behandlung mit bienengefährlichen Mitteln, ortsansässige Imker zu informieren. Weitere allgemeine Hinweise zum Bienenschutz wurden bereits im Rundschreiben Nr. 18 gegeben.
Unter „Vitimeteo“ kann ein schneller Überblick über die KEF-Gesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden. Die von den Landesanstalten Weinsberg und Freiburg veröffentlichten Ergebnisse unterstützen sowohl Winzer als auch Weinbauberatung bei der Abschätzung der Befallssituation. Selbstverständlich entbinden die Monitoringergebnisse nicht den einzelnen Winzer davon, seine Anlagen selbst zu beobachten und ggf. entsprechende Maßnahmen bezogen auf den Einzelstandort vorzunehmen.
Zusatzinformation zu den einzelnen Präparaten:
Ein grundsätzliches Ranking, das besagt, welches Mittel das Beste ist, gibt es noch nicht. Vielleicht helfen die vielfach angelegten Versuche dahingehend für die nächsten Jahren weiter.
- SpinTor wirkt insbesondere auf Fliegen. Vom Sprühnebel getroffene Fliegen werden sofort erfasst (Kontaktwirkung) - deshalb die ganze Laubwand behandeln! SpinTor wird von den Tieren auch durch Begehen inkl. Putzverhalten und Fraßaktivität aufgenommen (Fraßwirkung). Die Eier kommen bei der Eiablage mit dem Wirkstoff in Kontakt, ebenso die Larven, da der Wirkstoff oberflächennah eindringt und dort aufgenommen wird. Im Anschluss an eine Behandlung sollte es möglichst lange trocken sein. Spintor ist bienengefährlich!
- Mospilan hat eine gewisse Wirkung auf alle Stadien der KEF, insbesondere auf Larven.
- Karate Zeon wirkt im Wesentlichen gegen die erwachsenen Fliegen. Das Mittel ist stark raubmilbenschädigend. Deshalb ist der Einsatz gegen die Kirschessigfliege nur in der Traubenzone mit driftreduzierter und akkurater Anwendungstechnik zugelassen! Eine Abdrift von Sprühnebel in die obere Laubwandhälfte muss unbedingt vermieden werden. Falls Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich spätestens im Folgejahr ein sehr starker Spinnmilbenbefall einstellen!! Das Spritzen der Trauben nur in der Traubenzone ist mit driftreduzierter Anwendungstechnik durchzuführen. Dazu zählen z.B. Axialgeräte mit Querstromaufbau und horizontaler Luftführung, Tangentialgebläse, Radialgebläse mit horizontaler Luftführung und reine Spritzgestänge ohne Luftunterstützung. Die Gebläse sind mit waagrechter bzw. mit leicht nach unten geneigter Luftführung und randscharf nur auf die Traubenzone einzustellen sowie mit reduzierter Luftleistung zu betreiben, um ein „Durchblasen“ der Spritztropfen durch die Laubwand zu vermeiden. Die Sprührichtung muss von oben nach unten erfolgen. Dazu kann auch die Anbauspritze so weit möglich angehobenwerden, um die Düsen nach unten zu neigen. Beim Einsatz von Karate Zeon sind bevorzugt grobtropfige Hohlkegel-Injektordüsen einzusetzen. Für die Behandlung der Traubenzone sind 2 bis max. 3 Düsen je Seite zu öffnen. Es ist jede Rebzeile von beiden Seiten zu behandeln. Geräte, die von unten nach oben applizieren sind für diese Anwendung nicht geeignet. Weitere Auflagen und Anwendungsvorschriften zur Anwendung von Karate Zeon sind zu beachten. Für die Behandlung der Traubenzone ist die Aufwandmenge auf 37,5 ml/ha Karate Zeon zu reduzieren. Nur diese Menge ist zugelassen und muss penibel eingehalten werden. Generell wird bei der Anwendung von Insektiziden auf einen möglichst umfangreichen Anwenderschutz hingewiesen. Bei Karate Zeon ist in den Anwendungshinweisen beschrieben, dass Hautreaktionen vorkommen können. Die Empfehlung, bei der Ausbringung bzw. Handhabung des anwendungsfertigen Mittels, in Raumkulturen partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder Halbmaske mit Partikelfilter P2 (Kennfarbe:weiß) zu tragen, deutet darauf hin, dass mit dem Mittel sehr sorgsam umgegangen werden muss. Bester Schutz bietet immer noch eine Schlepperkabine mit funktionsfähiger Filtereinrichtung.
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