Es gilt erhöhte Wachsamkeit!
Die sommerliche Witterung und die meist sehr vitalen Laubwände treiben die Reifeentwicklung zügig voran. Die zuletzt kühlen Nachttemperaturen haben die Fäulnisentwicklung in den Anlagen zwar abgebremst, allerdings ist in den kommenden Tagen wieder mit steigenden Nachttemperaturen zu rechnen. Vereinzelte Schauer und Gewitter sind ebenfalls möglich. Insbesondere im Kochertal ist der Gesundheitszustand nach dem teilweise starken Hagelschlag am vergangenen Freitag in nach wie vor kritisch zu sehen.
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Die Witterung in dieser Woche hat zwar für eine teilweise Eintrocknung der offenen Beeren geführt, je nach Hagelintensität ist in Frühsorten mit entsprechendem Mostgewicht teilweise dennoch deutlicher Essiggeruch in den Anlagen wahrnehmbar. Aufgrund der Wartezeiten nach der Abschlussspritzung und der noch verhaltenen Mostgewichte ist derzeit noch keine vorgezogene Lese möglich. Je nach Schadensumfang ist jedoch auch in der Folge zu erwarten, dass die geschädigten Reben durch den Hagelschock in der Reife noch mehr oder weniger lang still stehen werden.
Vereinzelte Botrytisnester, Verletzungen durch Hagelkörner und die in diesem Jahr recht zahlreichen Fraßschäden durch Wespen, Vögel und Mäuse haben zahlreiche Essigfliegen (einheimische und KEF) angelockt. Diese legen ihre Eier in die Wunden, die daraus schlüpfenden Larven und die mit eingeschleppten wilden Hefen führen dann in der Folge zur gefürchteten Essigfäulnis. Schützen Sie daher gefährdete Flächen besonders vor Vogel- und Wespenfraß. Auch bei Arbeiten in der Traubenzone (Entblättern, Ertragskorrektur, Ausschneiden fauler Trauben) dürfen intakte Beeren nicht beschädigt werden. Im Hinblick auf die allgemeine Traubengesundheit bleibt letztendlich zu hoffen, dass wir in den nächsten Wochen von größeren Niederschlagsereignissen und längeren Nässezeiten verschont bleiben.
Kirschessigfliege
Die Witterungsbedingungen sind für die Entwicklung der KEF-Population nach wie vor günstig. Die Fangzahlen in den Monitoringfallen waren seither eher verhalten, auch in dieser Woche sind die Fänge nur leicht angestiegen. Mit der Abnahme der reifenden Wildfrüchte und der fortschreitenden Traubenreife werden die Tiere nun verstärkt in die Rebanlagen gelockt.
Die wärmeren Temperaturen um 30°C in dieser Woche reichen nicht für einen Zusammenbruch der Population aus, da die Tiere sich an kühleren Orten (angrenzendes Gestrüpp, Böschungen, usw.) verkriechen können. Beim Eiablagemonitoring der LVWO Weinsberg und eigenen Beobachtungen konnte bei gesunden und unverletzten Beeren in dieser Woche an den meisten Standorten eine Zunahme der Eiablage in den Frühsorten (Acolon, Regent, Portugieser, Dornfelder, Cabernet Dorsa etc.) festgestellt werden.
Besonders in Randlagen mit angefressenen und faulenden Beeren zeigt sich teilweise auch ein massiver Anstieg der Eiablage. Durch die Gerüche der einsetzenden Gärung werden neben den „normalen“ Essigfliegen auch Kirschessigfliegen verstärkt angelockt. Es gibt aber auch bei den gefährdeten Rebsorten noch Anlagen, die beispielsweise aufgrund der verzögerten Reifeentwicklung nach dem Frost aktuell nicht befallen sind.
Ab nächster Woche werden auch spätere Rebsorten in das Eiablagemonitoring mit einbezogen. Nach wie vor gilt erhöhte Wachsamkeit in befallsgefährdeten Beständen, insbesondere bei frühreifenden, roten Sorten wie Acolon, Regent, Dornfelder, Portugieser und Cabernet Dorsa. Die befallsgefährdeten Anlagen sollten intensiv auf Gesundheitszustand, Flugaktivität und Eiablage kontrolliert werden! Die über das Vitimeteo-System veröffentlichten Daten können nur als Anhaltspunkt dienen und entbinden nicht von regelmäßigen Kontrollen in den eigenen Beständen.
Falls deutliche Flugaktivität in der Traubenzone und/oder Eibefall, bzw. schäumende Eiablagelöcher festgestellt werden, wird empfohlen besonders in Randlagen eine Bekämpfungsmaßnahme durchzuführen. Grundsätzlich sollte bei geplanten Maßnahmen wegen der höheren Flugaktivität der KEF und aus Gründen des Bienenschutzes in den Abendstunden appliziert werden. Bei entsprechend fortgeschrittenem Befall ist eine vorgezogene Lese anzuraten, da der Verrottungsprozess durch Insektizidbehandlungen nicht mehr aufgehalten werden kann.
Sofern die Wartezeit sicher eingehalten werden kann, wird empfohlen in enger Absprache mit der Vermarktungsorganisation eine Behandlung bevorzugt mit Spintor durchzuführen. Für einen verbesserten Bekämpfungserfolg empfiehlt sich eine beidseitige Behandlung der kompletten Laubwand. Auch alle anderen zugelassenen oder genehmigten Präparate können entsprechend ihrer Anwendungsbestimmungen eingesetzt werden. Achtung: Sowohl Spintor als auch Exirel sind als bienengefährlich eingestuft und dürfen daher bei Saftaustritt bzw. Bienenflug in den Anlagen nicht mehr eingesetzt werden. Dies ist besonders auch in hagelgeschädigten Anlagen zu beachten.
In diesem Jahr stehen folgende Optionen zu Verfügung:
- Spintor 0,16 l/ha, 2 Anwendungen, WZ 14 Tage Achtung bienengefährlich!
- Exirel 0,9 l/ha, 1 Anwendung, WZ 10 Tage Achtung bienengefährlich!
- Karate Zeon 0,075 l/ha, 1 Anwendung, WZ 7 Tage (Gebrauchsanleitung bezüglich Abdriftminderung beachten!)
- Mospilan SG 0,375 kg/ha, 1 Anwendung, WZ 14 Tage
- Combi-protec in Tankmischung mit Spintor, 1l combi-protec in 20 l
- Spritzbrühe mit 5 ml Spintor (es gelten die Anwendungsbestimmungen und Wartezeiten bzw. Auflagen von Spintor)
- Combi-protec in Tankmischung mit Mospilan, 1l combi-protec in 20 l Spritzbrühe mit 25 g Mospilan (es gelten die Anwendungsbestimmungen und Wartezeiten bzw. Auflagen von Mospilan)
Weitere Hinweise:
- Anwendungshinweise zum Kombinationsverfahren mit Combi-Protec
- Zuerst Wasser in Messbecher, dann combi-protec dazugeben - sofort aufrühren!
- Anschließend SpinTor oder Mospilan zugeben.
- Nicht direkt in Brühebehälter geben.
- combi-protec ist am besten bei einer Temperatur über 20° C lösbar.
- Applikation auf das trockene Blatt.
- Keine Mischung mit Netzmittel.
- Nach dem Einsatz Spritze gründlich mit Wasser durchspülen!
- Bei einem geplanten Einsatz von Karate Zeon ist die Minderwirkung bei Temperaturen über 25°C zu beachten, da der Wirkstoff nicht hitzestabil ist. Zudem ist das Präparat als raubmilbenschädigend eingestuft, sodass hier nur eine Traubenzonenbehandlung mit stark driftreduzierter und akkurater Anwendungstechnik zugelassen ist. Eine Abdrift in die obere Laubwand muss zwingend vermieden werden, daher ist mit reduzierter Luftleistung zu fahren und auf eine optimale Geräteeinstellung zu achten!
- Für eine Behandlung in die Traubenzone ist die Aufwandmenge auf 37,5 ml/ha zu reduzieren.
- Das Massenfangverfahren mit Köderflüssigkeit kann unterstützend wirken. Hier fehlen allerdings noch gesicherte Nachweise, ob dieses Verfahren als alleinige Maßnahme ausreicht.
- Der Einsatz von Kalkpräparaten, wie z. B. Löschkalk bzw. Fruchtkalk gegen die KEF oder zur Vermeidung von Fäulnis wird nicht empfohlen. Bisherige Versuche belegen keine Wirksamkeit auf die genannten Schädlinge bzw. Schaderreger.
Eine komplette Zusammenfassung zur Kirschessigfliege im Weinbau finden Sie in der aktuellen Broschüre „Drosophila suzukii im Weinbau“. Diese ist als Einleger in der August-Ausgabe von Rebe & Wein erschienen.
Unter „Vitimeteo“ http://www.vitimeteo.de/monitoring/kefeifunde.shtml kann ein schneller Überblick über die KEF-Gesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden.
Grundsätzlich muss jeder Winzer selbst die Notwendigkeit einer Bekämpfung sowie den Beginn der Maßnahmen anhand des Befalls bzw. des Befallsrisikos abwägen und festlegen. Behandlungen machen nur in Anlagen Sinn, die sichtbaren Befallsbeginn zeigen und sicher nicht vor Ende der Wartezeit gelesen werden müssen. Zwingend sollten Mitglieder von Absatzorganisationen entsprechende Sondermaßnahmen mit den Verantwortlichen abstimmen.
Hinweise zum Bienenschutz
Nach der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I. S.1410) dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1 (Bienengefährlich) weder an blühenden Pflanzen (bspw. blühender Unterwuchs oder in der Nachbarschaft befindliche Blütenpflanzen) noch an von Bienen beflogenen nicht blühenden Pflanzen angewandt werden. Daher sind vor einem Einsatz von B1-Mitteln die blühenden Pflanzen zu mulchen. Honigtau und beschädigte Beeren in den Weinbergen sind generell als Warnsignal zu werten.
Selbst wenn momentan kein Bienenflug beobachtet werden kann, besteht die Gefahr, dass dies in Kürze stattfinden kann. Die Ausbringung von B1-Mitteln sollte deshalb in diesen Fällen unterbleiben. Weiter bitten wir zu beachten, dass in den wenigen Fällen, wo Bienenstände näher als 60 Meter zu Anlagen stehen, die mit B1-Mittel behandelt werden sollen, Rücksprache mit dem Imker zu erfolgen hat: bienengefährliche Pflanzenschutzmittel dürfen innerhalb eines Umkreises von 60 m um einen Bienenstand entweder während des täglichen Bienenfluges nur mit Zustimmung des Imkers oder außerhalb der täglichen Flugzeit eingesetzt werden. Sinnvoll ist es auch, die ortsansässigen Imker zu informieren.
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel
sind immer zu beachten!
In eigener Sache: Weinbauberater Zipf ist vom 28.08. - 08.09. im Urlaub. In
dringenden Fällen wenden Sie sich an Herrn Wolf im Landwirtschaftsamt Bad
Mergentheim (07931/4827-6301) oder an die Kollegen der Weinbauberatung
Heilbronn.
Der nächste Hinweis erfolgt voraussichtlich Ende der kommenden Woche.
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