Waschbären nerven Winzer
Für Aufmerksamkeit hat Winzer Steffen Schabehorn aus Sörnewitz bei Meißen gesorgt: Ende August hat er mindestens fünf Waschbären auf seiner Rebfläche in Kötitz nahe an der Elbe erlegt. Einige der von ihm informierten Medien haben darüber berichtet. Winzer Schabehorn spricht von „Notwehr“. Die Waschbären hätten die Vogelschutznetze aufgerissen und sich über fast reifen Dornfelder-Trauben hergemacht. Von der Unteren Jagdbehörde des Landkreises Meißen habe er sich im Stich gelassen gefühlt. Sie habe ihm nicht geholfen. Der zuständige Jagdpächter war seinerzeit im Urlaub und so habe er sich selbst helfen sollen.
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Das räumt die Behörde zumindest teilweise ein und erklärt auf Nachfrage: „Da es trotz erheblicher Bemühungen unserer Mitarbeiter in der Kürze der Zeit nicht möglich war, einen anderen Jäger zu vermitteln, wurde dem Winzer mitgeteilt, dass er (…) auch selbst Fallen aufstellen könne.“ Das Amt habe dem Winzer noch die Möglichkeit aufzeigen wollen, „Firmen zu beauftragen, welche mit dem Waschbärenfang umgehen können“. Der Winzer sei aber telefonisch nicht mehr erreichbar gewesen. Die Tötung der Tiere aus den Fallen ohne Sachkunde, also ohne Jagdschein, sei nicht erlaubt, so eine Kreissprecherin. Als kommunale Behörde sei man selbst für die Bejagung nicht zuständig.
Schabehorn stimmt dem zwar grundsätzlich zu, sah sich nach eigenen Angaben allerdings aus wirtschaftlichen Gründen zum schnellen Handeln gezwungen. Mögliche Anzeigen nehme er in Kauf. Das Erlegen eines Waschbären durch einen Fachmann schlage mit 20 bis 30 Euro zu Buche, so der Weinbauer. Der Jagdpächter lehne es ab, die Waschbären zu bekämpfen. Deshalb fordert der Winzer eine Fangprämie und will sich bei Landespolitikern dafür stark machen. Insbesondere aus christdemokratischen Reihen habe es bereits positive Signale gegeben.
Gleichwohl rechnet Schabehorn mit Gegenwind von Tierschützern. Er fordert eine Aufklärung der Bevölkerung, welchen Schaden die eingeschleppten Waschbären auch in der einheimischen Vogelwelt anrichteten. Auf einer Vogelschutzinsel in der Elbe direkt neben der betroffenen Rebfläche leben nach Schätzung des Winzers inzwischen etwa 200 Waschbären.
Konkrete Lösungen bleiben aus
Beim Weinbauverband Sachsen reagiert man auf Anfrage schmallippig. Erst auf wiederholtes Nachhaken räumte die Vertretung der sächsischen Winzer ein: „Der Landkreis Meißen gilt als eine der Regionen in Sachsen, in der eine steigende Population von Waschbären zu verzeichnen ist.“ Zugleich schränkt der Verband aber ein, für das Anbaugebiet Sachsen insgesamt hätten Waschbären „keine größere Bedeutung für die Ernteergebnisse“.
Verbandschef Michael Thomas fügt hinzu: „Individuell kann sich die Situation natürlich aber auch anders darstellen und zu wirtschaftlichen Herausforderungen führen.“ Ganz sicher scheint sich der Weinbauverband mit seiner Analyse aber nicht zu sein und erklärt im selben Schreiben: „Die zunehmende Verbreitung von Waschbären in Sachsen ist bekannt und stellt nicht nur die Winzer im Elbtal vor Herausforderungen.“ Als Verband habe man die Mitglieder bereits vor drei Jahren informiert und auf die Zuständigkeit der Jagdpächter verwiesen. Der Weinbauverband Sachsen unterstütze alle Bestrebungen des Freistaates, die Waschbär-Population einzugrenzen. Konkrete Angaben dazu machte der Verband nicht.
Das sächsische Landwirtschaftsministerium bestätigte auf Anfrage, dass der Waschbär in Sachsen dem Jagdgesetz unterliege. Deshalb müssten sich Winzer, die Probleme mit Waschbären haben, zunächst an Jäger wenden. Ausnahmen gelten für sogenannte befriedete Bezirke, wie Gärten und Wohngrundstücke. „Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstückes in einem befriedeten Bezirk darf Dachse, Füchse, Iltisse, Marderhunde, Minke, Nutrias, Steinmarder, Waschbären sowie Wildkaninchen auch ohne Jagdschein fangen und sich aneignen. Er kann, sofern er die erforderliche Sachkunde besitzt, das gefangene Wild unter Beachtung tierschutzrechtlicher Vorschriften töten.“ Besitzt er keine Sachkunde, muss ein Fachmann das gefangene Tier töten.
Rebflächen gehören nach Einschätzung des Ministeriums nicht zu befriedeten Bezirken. Es dürften aus Artenschutzgründen nur Lebendfallen aufgestellt werden, um beispielsweise Wildkatzen zu schützen, hieß es weiter. Mehrere sächsische Winzer räumen auf Nachfrage zwar ein, dass Waschbären sich durchaus an reifen Trauben gütlich tun. Es gebe aber keinen Grund, dies an die große Glocke zu hängen, sagen sie.
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