Wachstum der Beerchen: Auf Turbo gestellt
Die Rebblüte ist inzwischen in allen Lagen beendet und der Turbo ist gezündet: Zu erkennen ist dies einerseits am Wachstumsschub und der raschen Beerenentwicklung der letzten Tage. Mittlerweile befinden wir uns in frühen Lagen und Sorten im Stadium Schrotkorngröße. Der Blüte ist meist erfolgreich verlaufen, damit sind kompakte Traubenstrukturen auch in diesem Jahr wieder vorprogrammiert. Lediglich punktuell wird von stärkerenVerrieselungen in stark wüchsigen Anlagen berichtet.
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An Fronleichnam und dem letzten Wochenende sind bei gewittrigen Regenfällen meist zwischen 20 und 50 Liter Niederschlag gefallen. Lokal kam es auch nochmals zu Hagelgewittern und Erosionsschäden. In dieserWoche rollt nun die erste Hitzewelle des Jahres 2019 mit Höchsttemperaturen jenseits der 35°C-Marke über uns hinweg. Die tropischen Temperaturen und die gute Wasserversorgung werden weiterhin für eine schnelle Rebentwicklung sorgen.
Weinbauliche Arbeiten
Aufgrund der wüchsigen Bedingungen ist es schwierig, die Heftarbeiten in allen Anlagen termingerecht durchzuführen. In jedem Fall müssen die Anlagen für den Pflanzenschutz befahrbar gehalten werden. Deshalb Heftarbeiten den Vorzug geben. Je nach Wüchsigkeit sind erste Rebanlagen bereits gegipfelt bzw. der Laubschnitt steht in den nächsten Tagen an. Hierbei ist immer abzuwägen zwischen der Sturmschadensgefahr und dem physiologisch sinnvollen späten Gipfeltermin zur Erreichung lockerer Traubenstrukturen.
Eine frühe Entblätterung nach der Rebblüte ist nach wie vor ein zentraler Baustein zur Fäulnisvermeidung. Aufgrund des raschen Beerenwachstums ist die Zeitspanne allgemein sehr kurz, der optimale Zeitpunkt liegt bei Schrotkorngröße. Die Hitzewelle sorgt in der Winzerschaft für Unsicherheit hinsichtlich der Entlaubung bei hohen Temperaturen und möglicher Folgeschäden. Das jetzige Stadium der Beerenentwicklung ist grundsätzlich noch unempfindlich für Sonnenbrand bzw. Hitzeschäden. Zum frühen Zeitpunkt ist zudem eine optimale Abhärtung der Beeren gegeben. Das Risiko eventueller Schäden durch Sonnenbrand beim Entlauben ist im Stadium Erbsengröße/ Traubenschluss deutlich größer als zum jetzigen frühen Zeitpunkt.
Pflanzenschutz
Aufgrund der derzeit hochsommerlichen Temperaturen sind bei Pflanzenschutzbehandlungen um die Mittagszeit Minderwirkungen nicht auszuschließen, da die Spritzbeläge zu rasch antrocknen und die Wirkstoffe ggf. nicht eindringen bzw. sich nicht ausreichend verteilen können. Außerdem besteht bei feinem Sprühnebel ein Wirkstoffverlust durch Thermik, daher sollten unbedingt grobtropfige Injektordüsen zum Einsatz kommen. Zudem sollten anstehende Behandlungen wenn möglich nur in den kühleren Morgenstunden bzw. späten Abendstunden durchgeführt werden.
Im Entwicklungsstadium Schrotkorngröße sind die Beeren weiterhin hochanfällig für Infektionen durch Peronospora und Oidium. Die schnelle Vergrößerung der Beerenoberfläche bewirkt ein rasches Aufreißen des Spritzbelages. Behalten Sie daher die kurzen Spritzabstände im Bereich von etwa zehn Tagen weiterhin bei. Bei Behandlungen ab Schrotkorngröße wird der 3,5- bis 4-fache Basisaufwand empfohlen.
Ein regelmäßiger Wechsel der Fahrgassen, eine angepasste Fahrgeschwindigkeit und in kritischen Beständen auch das Befahren jeder Rebgasse ist für eine verbesserte Applikationsqualität anzuraten. Beachten Sie immer die Gebrauchsanleitung, denn nicht alle Mittel sind mit der konstanten Steigerung der Basisaufwandmenge zugelassen. Achten Sie beim Einsatz resistenzgefährdeter Fungizide unbedingt auf einen konsequenten Wirkstoffgruppenwechsel und das Resistenzmanagement.
Peronospora
In dieser Woche sind nochmals neue Ölflecken im oberen Bereich der Laubwand sichtbar geworden, auch frischer Befall an den jungen Beeren ist punktuell zu sehen. Die Befallsstellen in den Weinbergen könnten je nach Spritzrhythmus zum Monatswechsel nochmals zunehmen, denn die Inkubationszeiten der Infektionen durch die Niederschläge von Fronleichnam und dem darauffolgenden Wochenende laufen entsprechend aus.
Die aktuelle Infektionsgefahr für Peronospora ist jedoch aufgrund mangelnder Niederschläge und hoher Temperaturen als gering einzustufen. Lediglich durch Taunässe kann es lagenweise zu Infektionen kommen. Bei Behandlungen vor den nächsten Regenfällen reicht daher ein möglichst raubmilbenschonendes Kontaktfungizid aus. Nur in Anlagen, in denen mit dem Gipfeln noch länger abgewartet werden kann bietet sich der Einsatz eines phosphonathaltigen Produktes (z. B. Delan Pro oder Kontakt + Veriphos) an.
Sofern die Behandlung nach gewittrigen Regenfällen erfolgt, sollten Mittel mit kurativer Wirkung verwendet werden. Sinn machen diese Mittel aber nur, wenn sie im Idealfall bis 24 Stunden nach erfolgter Infektion eingesetzt werden.
Oidium
Die Infektionsgefahr durch Oidium ist an den Trauben anhaltend hoch. Daher sollte nach wie vor ein Präparat mit guter Dauerwirkung aus den potenten Wirkstoffgruppen zum Einsatz kommen. Aktuell wird daher in erster Linie z. B. Vivando, Talendo, Dynali oder Kusabi empfohlen.
Wo seither noch kein Präparat der potentesten SDHI-Wirkstoffgruppe „L“(Luna Experience, Luna Max oder Sercadis) eingesetzt wurde, kann dies bei der nächsten Behandlung erfolgen. Auch das Botrytizid Cantus gehört zur Wirkstoffgruppe „L“. Präparate dieser Wirkstoffgruppe sollten niemals in aufeinanderfolgenden Behandlungen und insgesamt maximal zweimal eingesetzt werden. In unempfindlichen Sorten wird ein lediglich einmaliger Einsatz dieser Wirkstoffgruppe empfohlen.
Fäulnis- und Botrytisvorsorge
Die Kombination einer fachgerechten Entblätterung und eines Botrytizideinsatzes kurz vor Traubenschluss stellt die wirksamste Maßnahme zur Fäulnisvermeidung dar. Je nach Rebsorte und Lage ist bei weiterhin rasanter Entwicklung innerhalb der nächsten zwei Wochen mit dem Stadium Traubenschluss zu rechnen. Grundsätzlich wird bei kompakten Sorten und Klonen ein einmaliger Einsatz von Spezialbotrytiziden zum Stadium „kurz vor Traubenschluss“ empfohlen, da dies der letztmögliche Zeitpunkt ist, um eine vollständige und zuverlässige Benetzung der Stielgerüste bei dichtbeerigen Sorten zu erreichen. Ziel ist dabei, eingeschlossenes totes Material (z. B. Blütenkäppchen) so lange wie möglich vor Botrytisbefall zu schützen und damit frühe Fäulnisherde von innen heraus zuunterbinden.
Als Spezialbotrytizide stehen Cantus, Prolectus, Scala, Switch oder Teldor Prolectus zur Verfügung. Bei Cantus unbedingt darauf achten, dass hier auch der Resistenzbuchstabe „L“ hinterlegt ist. Bei einer reinen Traubenzonenbehandlung kann der Mittelaufwand halbiert werden. Die besteWirkung wird mit dem Befahren jeder Gasse und einer vorherigen Teilentblätterung der Traubenzone erzielt.
Traubenwickler
Der Flug der zweiten Generation hat begonnen. Aus diesem Grund sollten – sofern noch nicht geschehen – die Leimböden und die Köder in den Fangfallen entsprechend erneuert werden. Die regelmäßige Fallenkontrolle ist fortzuführen. Ein möglicher Behandlungstermin außerhalb der Verwirrflächen kann noch nicht genannt werden.
Herbizide
Durch die wüchsigen Bedingungen wird vielfach eine zweite Herbizidbehandlung im Unterstockbereich nötig werden. Bei systemisch wirkenden Mitteln wie Glyphosat sind Stockaustriebe mindestens zwei Tage vorher zu entfernen. Ebenfalls sind auch bei Herbizidanwendungen die Wartezeiten zu beachten.
Katana z. B. hat 90 Tage Wartezeit und ist daher aktuell nicht mehr einsetzbar. Die Mittelpalette ist mittlerweile sehr übersichtlich. Gegen Winden konnte in der Vergangenheit mit Wuchstoff („U46“) ein guter Erfolg verzeichnet werden. Produkte mit dem Wirkstoff MCPA haben allerdings seit Ende 2018 ein Anwendungsverbot im Weinbau. Als einziger wirksamer Wirkstoff bleibt hier Glyphosat. Zum Abbrennen wirkt kurzfristig gegen Winden auch Shark oder Quickdown. Die Indikation ist dabei allerdings begrenzt auf Stockaustriebe.
Sonstige Hinweise
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel –insbesondere zu den Themen Anwenderschutz und Bienenschutz – sind zu beachten
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten
Der nächste Rebschutzhinweis erfolgt voraussichtlich am Mittwoch, 03.Juli.
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