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Rebschutzhinweis Main-Tauber-Kreis

Große Bandbreite in der Rebentwicklung

Die Niederschläge der vergangenen Tage brachten meist zwischen 20 und 30 Liter pro m², doch bereits ab Donnerstag werden die Niederschläge weniger. Für die kommende Woche ist aktuell sommerliches, sonniges Hochdruckwetter gemeldet. Durch das Wetter ist die Bandbreite der Rebentwicklung gerade immens: Zwischen beginnender Blüte und Schrotkorngröße ist je nach Lage und Rebsorte, aber auch innerhalb einzelner Anlagen, alles zu finden. Durch die verhaltenen Temperaturen wird sich das allgemeine Ende der Rebblüte aber noch weiter verzögern. Der Blüherfolg und eventuelle Verrieselungsschäden können aktuell noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Bestände zeigen sich aber nach wie vor sehr gesund.
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Kesel
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Allgemeine Situation

Die Niederschläge der vergangenen Tage brachten meist zwischen 20 und 30 Liter pro m², für den heutigen Tag sind nochmals nennenswerte Regenmengen angekündigt. Die Niederschläge werden dann ab Donnerstag weniger und für die kommende Woche ist aktuell sommerliches, sonniges Hochdruckwetter gemeldet. Bis dahin bleiben die Temperaturen auf moderatem Niveau knapp oberhalb der 20°-Marke.
Die Bandbreite der Rebentwicklung ist immens: Zwischen beginnender Blüte und Schrotkorngröße ist je nach Lage, Rebsorte, aber auch innerhalb einzelner Anlagen alles zu finden. Durch die verhaltenen Temperaturen wird sich das allgemeine Ende der Rebblüte in vielen Anlagen noch weiter verzögern, die zwei warmen Tage am vergangenen Wochenende haben insbesondere in späteren und/oder frostgeschädigten Lagen nicht ausgereicht. Der Blüherfolg und evtl. Verrieselungsschäden in Folge der nicht optimalen Blühbedingungen können aktuell noch nicht abschließend beurteilt werden. Bei verzögerter Blüte muss mitunter mit stärkeren Verrieselungen gerechnet werden.
Die Bestände zeigen sich nach wie vor sehr gesund, Ölflecken durch Peronospora wurden seither nur punktuell gesichtet. Auch beim Echten Mehltau (Oidium) wurden bisher noch keine Befallsstellen im Gebiet gemeldet, allerdings zeigen sich hier evtl. bereits gesetzte Befälle mitunter erst zeitverzögert im Nachblütebereich.

Frostgeschädigte Anlagen

Frostgeschädigte Weinberge wollen bei den gemäßigten Temperaturen und dem wechselhaften Wetter noch immer nicht so richtig durchstarten, die Entwicklung geht hier deutlich langsamer als erwartet. Trauben der zweiten Generation (Geiztriebtrauben) sind am Neuaustrieb in den meisten Anlagen nur vereinzelt zu finden. Im Gegensatz zu 2011 ist es zunehmend fraglich, ob diese Trauben aufgrund der verzögerten Entwicklung in diesem Jahr überhaupt noch geerntet und zu vernünftigen Weinen verarbeitet werden können.
Ziel muss es in stark geschädigten Anlagen weiterhin sein, gut ausgereiftes Fruchtholz für den Anschnitt im kommenden Jahr zu erhalten.
Daher ist es notwendig, das Zielholz im Drahtrahmen zu fixieren, im Bogenbereich kann extensiv gearbeitet werden und zu gegebener Zeit mit dem Laubschneider und Entlauber Licht und Luft geschaffen werden.
Beim Pflanzenschutz kann in Anlagen ohne zu erwartenden Traubenertrag nochmals mit einem Kontaktmittel plus Veriphos (Phosphorige Säure) und Netzschwefel behandelt werden. Die Behandlungen sind hier entsprechend des Zuwachses zu terminieren. Bei teilgeschädigten Anlagen sollte „normaler“ Pflanzenschutz mit reduzierter Düsenanzahl betrieben werden.

Weinbauliche Arbeiten

Die Voraussetzungen für einen raschen Triebzuwachs in den nächsten Tagen sind gegeben, sodass in wüchsigen Anlagen demnächst der erste Laubschnitt ansteht. Vor dem Umkippen der Triebe in die Gassen sollte geschnitten werden. Bei den Laubschnittintervallen sollte immer auch der Pflanzenschutz berücksichtigt werden, daher ist ein Laubschnitt unmittelbar vor einer Spritzung günstiger als direkt danach. Dasselbe gilt auch für die Entblätterung und manuelle Laubarbeiten (Thema Anwenderschutz!). Vermeiden Sie bei den anstehenden Heftarbeiten große Verdichtungen der Triebe und lockern sie diese auf.
Eine frühe Entblätterung nach der Rebblüte ist nach wie vor ein zentraler Baustein zur Fäulnisvermeidung. Aufgrund des raschen Beerenwachstums ist die Zeitspanne allgemein sehr kurz. Bei maschineller Entlaubung müssen in diesem Jahr die unterschiedlichen Trieblängen bei der Terminierung berücksichtigt werden. Zudem kann eine Entblätterungsmaßnahme direkt nach der Blüte aufgrund der ungünstigen Blühbedingungen eine stärkere Verrieselung zur Folge haben!
Bis zur Erbsengröße kann ohne Sonnenbrandgefahr die Traubenzone freigestellt werden. Bei Weißweinsorten sollte nur die sonnenabgewandte Seite entlaubt werden.

Pflanzenschutz

Die jungen Beeren sind weiterhin hochanfällig für Infektionen durch Peronospora und Oidium. Die schnelle Vergrößerung der Beerenoberfläche bewirkt ein rasches Aufreißen des Spritzbelages. Behalten Sie daher die kurzen Spritzabstände im Bereich von etwa 10 Tagen weiterhin bei. In späteren Lagen reicht aktuell der 2,5 bis 3-fache Basisaufwand aus. Bei Behandlungen ab Schrotkorngröße wird der 3,5-fache Basisaufwand empfohlen.
Besonders an den Endstöcken sollte auf frühen Oidiumbefall an Blättern und Beeren geachtet werden. Achten Sie außerdem bei der Laubarbeit auf mögliche Ölflecke insbesondere an Bodentrieben, tiefhängenden Schnabeltrieben oder auch in Jungfeldern. Ein regelmäßiger Wechsel der Fahrgassen, eine angepasste Fahrgeschwindigkeit und in kritischen Beständen auch das Befahren jeder Rebgasse ist für eine verbesserte Applikationsqualität anzuraten. Beachten Sie immer die Gebrauchsanleitung, denn nicht alle Mittel sind mit der konstanten Steigerung der Basisaufwandmenge zugelassen. Achten Sie beim Einsatz resistenzgefährdeter Fungizide unbedingt auf einen konsequenten Wirkstoffgruppenwechsel und das Resistenzmanagement.

Peronospora:
Die bisherigen Infektionsereignisse wurden durch vorbeugende Behandlungen gut abgedeckt. Nur punktuell werden erste Ölflecken beobachtet. Allerdings wurden durch die jüngsten Niederschläge mitunter weitere Bodeninfektionen ausgelöst, so dass nach Ablauf der Inkubationszeiten entsprechende Ölflecken auftauchen könnten. Nur wo Ölflecken vorhanden sind muss auch mit Sekundärinfektionen gerechnet werden.
Bei weiterhin unbeständiger Witterung in der mittelfristigen Prognose wären regenfeste Mittel mit einem gewissen Zuwachsschutz zu bevorzugen:
Hierzu zählen z.B. Zorvec Zelavin Bria Pack (Zorvec plus Flovine), Orvego, Enervin F Pack, Delan Pro oder Folpan Gold. Alternativ kann beim Einsatz von Kontaktfungiziden durch Beimischung von Veriphos ein Zuwachsschutz erreicht werden.
Bei trockener Witterung in der kommenden Woche reicht der Einsatz von Kontaktfungiziden aus. In Anlagen, in denen die Laubwand komplett hochgewachsen ist, kann dann auch auf den Zusatz von phosphoriger Säure verzichtet werden.
Sofern die Behandlung unmittelbar nach stärkeren oder gewittrigen Regenfällen erfolgt, sollten Mittel mit kurativer Wirkung verwendet werden. Sinn machen diese Mittel aber nur, wenn sie im Idealfall maximal ein bis zwei Tage nach erfolgter Infektion eingesetzt werden.

Oidium:
Die aktuelle Witterung mit langen Nasszeiten und Regenfällen gefällt dem Oidiumpilz nicht sonderlich. Mit beständiger Witterung und höherer Luftfeuchtigkeit steigt der Druck jedoch wieder an. Zudem befinden sich die Trauben bis mindestens Erbsengröße in einer sehr empfindlichen Phase.
Bei Behandlungen in die abgehende Blüte und wo seither noch kein Präparat der potentesten SDHI-Wirkstoffgruppe „L“ (Luna Experience, Luna Max oder Sercadis) eingesetzt wurde, sollte dies bei der anstehenden Behandlung erfolgen. Achtung: Ebenso gehören Collis und die Botrytizide Cantus und Kenja zur Wirkstoffgruppe „L“. Präparate dieser Wirkstoffgruppe sollten niemals in aufeinanderfolgenden Behandlungen und insgesamt maximal zweimal eingesetzt werden. In unempfindlichen Sorten wird ein lediglich einmaliger Einsatz dieser Wirkstoffgruppe empfohlen.
Bei einem Einsatz der „L-Gruppe“ in der letzten Behandlung sollte nach wie vor ein Präparat aus den potenten Wirkstoffgruppen zum Einsatz kommen.
Aktuell wird daher in erster Linie zum Beispiel Talendo, Dynali oder Prosper TEC empfohlen. Beim Einsatz von Prosper TEC ist die auf etwa acht Tage verkürzte Wirkungsdauer zu berücksichtigen.

Stiellähme:
Möglicherweise führt die verzögerte Blüte später im Jahr zu verstärkter Stiellähme. Entscheidender sind aber die Wuchs- und Witterungsverhältnisse im Zeitraum der Traubenreife. Behandlungen mit magnesiumhaltigen Blattdüngern können das Problem sicher nicht lösen, haben aber einen gewissen mindernden Effekt. Bester Zeitpunkt hierfür ist der Zeitraum ab beginnender Reife (August). Nicht ganz auszuschließen ist, dass auch Behandlungen nach der Blüte einen gewissen positiven Effekt zur Minderung der späteren Stiellähme haben. Mittel sind z.B. Bittersalz (ca. 10 kg/ha) oder auch andere auf dem Markt befindliche Mg-haltige Blattdünger. Vorsicht ist bei Tankmischungen von Bittersalz mit Vitisan und Kumar geboten, da es dann evtl. zu Verbrennungen an den Blättern kommen kann. Bei den anderen Blattdüngern sind die Hinweise auf den Packungen zu beachten.

Traubenwickler:
Aktuell wurde auch in nicht verwirrten Gebieten noch keine Flugaktivität der Sauerwurmgeneration gemeldet. Sofern noch nicht geschehen sollten die Leimböden und die Köder in den Fangfallen für den Flug der zweiten Generation erneuert werden. Die regelmäßige Fallenkontrolle ist fortzuführen.

Verschiedenes:
In Lagen, die Schwarzholzkrankheit zeigen, ist mit dem Flugbeginn der Windenglasflügelzikade zu rechnen. Diese überträgt die schädigenden Phytoplasmen auf die Reben. Dies geschieht allerdings nur, wenn die Wirtspflanzen (hauptsächlich Winde, Brennnessel) dieser Windenglasflügelzikade während der Flugzeit zwischen Anfang Juni bis Ende Juli durch mechanische oder chemische Maßnahmen zerstört werden. Daher dürfen die Wirtspflanzen in diesen Zeitraum nicht bekämpft werden.

Seit einigen Tagen zeigen sich bereits wieder die ersten Rebstöcke mit ESCA-Symptomen. Leider gibt es keine neuen Erkenntnisse: Die Stöcke sollten markiert werden, um einen neuen Stockaufbau mit Stammaustrieben zu etablieren oder alternativ im nächsten Frühjahr nachzupflanzen.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) widerruft zum 31. Juli 2020 die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Envidor. Grund für den Widerruf ist, dass die EU-Genehmigung für den Wirkstoff „Spirodiclofen“ am 31. Juli 2020 endet. Der Widerruf erfolgt auf Antrag des Zulassungsinhabers. Es gilt eine Abverkaufsfrist bis 31. Januar 2021 und eine Aufbrauchfrist bis 31. Januar 2022. Nach Ende der Aufbrauchfrist sind eventuelle Reste entsorgungspflichtig.

Sonstige Hinweise

  • Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel sind einzuhalten. Besonders zu beachten sind die Anwendungsbestimmungen mit Hinweisen zur persönlichen Schutzausrüstung und Wiederbetretungsfristen. Schutzausrüstung für Nachfolgearbeiten sollte in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
  • Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegeränder und Böschungen ist nicht zulässig!
  • Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
  • Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen.
  • Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen!
  • Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten.


Der nächste Rebschutzhinweis erfolgt voraussichtlich am Mittwoch, 23. Juni.

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