Rebschutzhinweis Heilbronn: Heißer als erwartet
Die gefürchteten Eisheiligen sind an den Winzer*innen vorübergezogen, ohne größere Frostschäden zu hinterlassen. Im Gegenteil: Die Pflanzen wachsen, was das Zeug hält. Daher müssen nun auch nötige Pflanzenschutzmaßnahmen beachtet werden.
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Die „Eisheiligen“ mutieren dieses Jahr zu den „Schweißheiligen“. Am 11. Mai 30 Grad und milde Nachttemperaturen. Dies führt zu sichtbar frohwüchsigen Weinbergen. Die Temperaturen bewegen sich nach aktuellen Prognosen auch noch die nächsten 10 Tage in einem frühsommerlichen Bereich mit zumeist zweistelligen Nachttemperaturen. Höchste Zeit also, die Frostruten zu entfernen. Aktuell befinden sich nun auch die Nachzüglerflächen im 3-4- Blatt-Stadium. In sehr frühen Lagen und bei weit entwickelten Sorten sind bereits sechs bis sieben Blätter am Trieb abgespreizt. Abgesehen von einzelnen Frost- und Knospenschäden zeigt sich ein recht einheitlicher Austrieb mit normalem Gescheinsansatz. Verbunden mit den Aprilniederschlägen und dem momentanen Temperaturaufschwung ist mit einer weiteren starken Zunahme der Blattmasse in den nächsten Tagen zu rechnen (2-3 Blättern pro Woche). Beim Start der Pflanzenschutzmaßnahmen bleibt Oidium die Leitkrankheit. Dies gilt insbesondere für letztjährige Befallsanlagen. Was Peronospora betrifft ist die vergangene und zukünftige Wetterentwicklung hinsichtlich Stark- oder Gewitterniederschlägen zu berücksichtigen. Einzelne heftige, meist kleinräumige Gewitterzellen haben vor Wochenfrist möglicherweise dazu geführt, dass es zu Primärinfektionen gekommen ist. Dort sollten nach Ablauf der Inkubationszeit (ab circa 8 Tagen nach den Ereignissen) mögliche Sekundärinfektionen vor gemeldeten Starkregen durch einen Belag verhindert werden. Aktuell werden noch keine derartigen Wetterereignisse angezeigt – dies kann sich aber natürlich immer wieder ändern.
Pflanzenschutz
Viele Betriebe haben bisher noch keine gesamtflächige Standardbehandlung gegen Peronospora und Oidium durchgeführt. Das war mit Ausnahme von gefährdeten Oidiumlagen (insbesondere Trollinger) auch nicht notwendig und kann bei Fortdauer der niederschlagsfreien Hochdruckwetterlage noch bis nächste Woche hinausgezögert werden. Wer jetzt oder nächste Woche eine Behandlung plant, wird gegen Peronospora ein Kontaktfungizid und gegen Oidium Netzschwefel (3,6 – 6 kg/ha; je nach Mittel) einsetzen. Ein systemisches Peronosporamittel auf Basis der Phosporigen Säure (zum Beispiel „Veriphos“) wird aktuell noch nicht als Kombinationsmittel zu einem Kontaktfungizid empfohlen. Auch für das systemische Mittel Profiler ist es diese Woche noch zu früh.
Bei der zweiten Oidiumbehandlung (oder bei denjenigen, die die erste Behandlung noch hinauszögern), sollte zumindest bei den empfindlichen Sorten ein organisches Mittel (z.B. Prosper Tec bzw. Spirox) zum Einsatz kommen. Immer wieder wird die Frage gestellt, ob organische Oidium-Produkte mit Netzschwefel kombiniert werden sollen? Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen und Ansätze.
Gegen eine Kombination von Netzschwefel spricht das Gebot der Minimierung von Pflanzenschutzmitteln und sprechen Versuchsergebnisse, die durch Schwefelzugabe keine Wirkungsverbesserung nachgewiesen haben.
Befürworter einer Kombination führen mehrere Gründe auf:
- Organische Produkte werden gerne ab der zweiten Vorblütebehandlung genommen, da die Wirkungsdauer gegenüber Netzschwefel ein paar Tage mehr beträgt
- Netzschwefel hat eine Nebenwirkung gegen Schadmilben (Aber Vorsicht: zu viel des Guten schädigt auch wieder die Raubmilben)
- Falls organische Präparate eine Minderwirkung durch Resistenz aufweisen sollten, hätte zumindest noch der Netzschwefel eine sehr gute Anfangswirkung (bei NS gibt es keine Resistenzbildung)
- Die Kombination eines Multi-Site-Wirkstoffes (Netzschwefel) mit einem organischen Produkt soll verhindern helfen, dass sich beim organischen Mittel Resistenzen entwickeln. Aktuell fehlen dazu allerdings noch ausreichend wissenschaftliche Beweise
Achtung!
Für einen Einsatz der Mittel mit dem Resistenzbuchstaben „L“ (Luna Max, Luna Experience oder Sercadis) ist es die nächsten 3 Wochen noch zu früh. Diese werden zum Stadium abgehende Blüte empfohlen. Die Resistenzvorsorge durch Abwechslung der Wirkstoffe (Buchstaben beachten) ist von zentraler Bedeutung, um weiteren Resistenzproblemen vorzubeugen.
Schadmilben
Wie in jedem Frühjahr sieht man jetzt wieder Pockenmilbe. Besonders oft bei der Rebsorte Riesling. Die Vergangenheit lehrt, dass dadurch aber kein wirtschaftlicher Schaden zu erwarten ist. Nach der Blüte, spätestens aber im Herbst ist der Spuk vergessen. Rote Spinne ist in einzelnen Weinbergen wieder da. Die Kombination von starkem Zuwachs und der Zugabe von Netzschwefel führt dazu, dass sich der Befall überwiegend verwachsen wird. Mitte Juli ist dann zu prüfen (Lupe!), ob Rote Spinne vorhanden ist (gegebenenfalls dann Behandlung mit Akarizid Kiron).
Stockaustriebe
Jetzt kommt bald die Zeit zum „Stämmleputzen“. Wer diese Arbeit chemisch erledigen will, sollte den richtigen Zeitpunkt finden. Zuverlässig erfasst werden Stockaustriebe bei guter Benetzung bis zu einer Länge von max. 15-20 cm. Ungünstige Windverhältnisse in dieser Zeit verursachen häufig Probleme. Wegen Abdriftgefahr und damit Symptomen an Nachbarweinstöcken sind Wind und Thermik zu beachten. Unbedingt auch abdriftarme Düsen und Spritzschirm verwenden. Zum Einsatz kommen die Mittel Beloukha, Quickdown oder Shark. Bitte beachten sie die Anwendungsbestimmungen zum Standjahr und die entsprechenden Sortenbeschränkungen. Beim Einsatz in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten gibt es bei den Mitteln Quickdown und Shark keine Sortenbeschränkungen (befristete Genehmigung bis 31. Dezember 2022).
Mittel | Wirkstoff | Anz. Anw. Max. | Aufwandmenge | Einsatz außerhalb WSG und QSG | Einsatz innerhalb WSG und QSG (Genehmigung bis 31. Dezember 2022) |
Beloukha | Pelargonsäure | 2 | 8%ig (max. 16 L/ha) | Pflanzjahr bis 4. Standjahr | Pflanzjahr bis 4. Standjahr |
Quickdown | Pyraflufen- Ethyl | 2 | 0,4 L/ha + 1 L/ha Toil (Netzmittel) | ab 3. Standjahr, nur in Riesling und Dornfelder | Ab 3. Standjahr, ohne Sortenbeschränkung |
Shark | Carfentrazone |
1 2 |
1 L/ha 0,5 L/ha |
Ab 3. Standjahr, nur in Silvaner, Burgundersorten, Schwarzriesling, Chardonnay, Morio Muskat | Ab 3. Standjahr, ohne Sortenbeschränkung |
Termine
- Die Mittelmenge berechnet sich aktuell mit der 1-fachen Basisaufwandmenge. Bei fortgeschrittenem Rebstadium Mitte Mai gegebenenfalls auch mit der 1,5 -fachen Basisaufwandmenge
- Die Auszahlung der Fördermittel der Umstrukturierung muss zwingend im Rahmen des Gemeinsamen Antrags bis 16. Mai (Ausschlussfrist) beim zuständigen Landwirtschaftsamt über FIONA beantragt werden. Nach dem 16. Mai 2022 eingehende Auszahlungsanträge führen zum Verlust der Fördermittel!
- Überzählige Rebtriebe auf der Fruchtrute oder im Stammkopfbereich lassen sich aktuell noch leichter entfernen als später. Das Ausbrechen stellt eine gute Möglichkeit dar, von Anfang an lockere Laubwände zu haben. Wo die Arbeitszeit für diese Maßnahme nicht ausreicht, kann ab der Blüte mit einem Entblätterungsgerät ebenfalls für eine Auflockerung im Traubenzonenbereich gesorgt werden.
- Triebe in Bodennähe sind besonders gefährdet für oft unerkannte Primärinfektionen (Bodeninfektionen durch Peronospora). Deshalb ist das Stämmleputzen gleichzeitig auch eine gute Peronosporabekämpfung
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen, insbesondere auch zum Bienenschutz, sind zu beachten
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe oder Reinigungsflüssigkeit in die Kanalisation oder in Oberflächengewässer gelangen. Reinigen Sie Ihre Geräte auf unbefestigten und möglichst bewachsenen Flächen
- Es wird darauf hingewiesen, dass Restbrühe nach Spritzungen verdünnt (schnellere Geschwindigkeit, weniger Druck) in den bereits behandelten Parzellen ausgebracht wird und keinesfalls auf Wegen oder anderweitigen Flurstücken „entsorgt“ werden darf. Und auch niemals in die Kanalisation! Ist das Sprühgerät leer, wird nochmal mitgeführtes Wasser nachgeleert und abermals auf der bereits behandelten Parzelle versprüht.
Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden: https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau .
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