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Württemberg

Rebschutzhinweis Heilbronn: Ewiger Sommer und seine Folgen

Zur Zeit braucht man nicht ins Ausland zu fahren, um Temperaturen um die 40° Celsius, trockene und gelb-braune Vegetation zu erleben. Besonders die jungen Anlagen sind inzwischen deutlich angeschlagen. Da hilft nur Bewässerung. Glücklicherweise vertragen ältere Anlagen und einige Sorten die Hitze und die Sonneneinstrahlung besser. 

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Wespen beißen Beerenschalen und Trauben auf, wodurch Sekundärerreger Schaden anrichten können.
Wespen beißen Beerenschalen und Trauben auf, wodurch Sekundärerreger Schaden anrichten können.Pixabay
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Allgemeine Situation

Der „Ewige Sommer 2022“ hält an. Knochentrocken und südländisch braun präsentiert sich die Rebenlandschaft. Drei Monate mit Niederschlagsdefizit liegen hinter uns und immer noch stehen die Aussichten auf TROCKEN. Jüngere Anlagen leiden besonders. Erstaunlich, wie robust ältere Weinberge dem Wassermangel trotzen. Hier wird deutlich, wie es Rebwurzeln gelingt, sich Notreserven an Wasser aus tieferen Bodenschichten zu erschließen, sofern die geologischen Untergrundverhältnisse es zulassen. Aber auch hier zeigen sich zunehmend Stresssymptome. Ohne die Möglichkeit, durch wassersparende Tropfschläuche extreme Trockenstandorte zu befeuchten, wären eine Vielzahl von Flächen deutlich schlechter dran. Das Sonnen-Plus hat erwartungsgemäß auch dazu geführt, dass der seit Ende Mai bestehende Reifevorsprung ganz sicher zu einem sehr frühen Herbstbeginn führen wird. Wann gab es das schon, dass bei der Abschlussspritzung manche Lembergeranlagen schon so deutlich gefärbt sind?

Die Kirschessigfliege liebt eher durchschnittliche Temperaturen und höhere Luftfeuchte. Demgemäß gibt es dahingehend die Hoffnung, dass es, zumindest bei den Frühsorten, zu keinem kritischen Populationsaufbau kommen wird. Eine endgültige Einschätzung lässt sich seriös aber noch nicht abgeben.

Die extremen Hitzetage mit Temperaturen nahe der 40° Celsius-Marke ließen starke Sonnenbrandschäden befürchten. Selbstverständlich gibt es bei den besonders empfindlichen Sorten, wie beispielsweise Trollinger, Sonnenbrandschäden auch in bedenklichem Ausmaß. Besonders geschützte Kessellagen, in denen die Hitze steht, sind betroffen. Allerdings ist erfreulich, dass sich der Schaden bei anderen Sorten vielfach nicht in dem Ausmaß zeigt, wie in einigen Sonnenbrand-Extrem-Jahren (2007, 2015, 2016, 2019). Dieses Jahr hatten die Trauben und Beeren reichlich Gelegenheit, sich an Hitze zu gewöhnen. Kritischer ist immer ein schneller Wetterumschwung von feucht-kühl auf große Hitze. Laubschnitt sollte noch so lange hinausgezögert werden (bei empfindlichen Sorten und sofern überhaupt Laub zugewachsen ist) bis keine Extremtemperaturen mehr gemeldet werden.

1-jährige Junganlagen

Es ist wichtig für die Frosthärte und den Austrieb im nächsten Jahr, möglichst viel aktive Blattmasse bis in den Herbst hinein zu erhalten. Deshalb werden die Behandlungen bis in den September hinein weiter empfohlen. Spritzabstände sind immer abhängig von Zuwachs und Regen. Bei anhaltender Trockenheit können die Spritzabstände natürlich länger gezogen werden. Gegen Oidium weiterhin in den traubenlosen Junganlagen Netzschwefel verwenden.

Wespen

Wespen sind dieses Jahr gehäuft anzutreffen. Im Gegensatz zu Bienen können Wespen aktiv Beerenschalen aufbeißen. So auch bei Weintrauben. Gefährdet sind insbesondere Frühsorten in Randlagen. Das Hauptproblem von Wespenfraß ist weniger der Ertragsschaden als die Tatsache, dass verletzte Traubenbeeren durch Sekundärerreger aller Art die Trauben- und damit die Weinqualität negativ beeinflussen. Größere 1,5 Liter PET Flaschen, die im oberen Drittel Bohrungen mit einer Größe von 5 mm aufweisen, eignen sich gut für das Abfangen von Wespen. Größere Löcher bergen die Gefahr von unerwünschten Beifängen (zum Beispiel Hornissen). Je mehr Bohrungen gesetzt werden, desto besser ist die Fängigkeit der Falle. Die Bohrungen lassen sich leicht mit einem Holzbohrer fertigen. Ein Bereich kann freigehalten werden, damit die Fangflüssigkeit besser ausgeleert werden kann.
Der Flaschenkopf muss verschlossen sein, um eine Verdünnung der Fangflüssigkeit bei Regen (wäre an sich wünschenswert) zu verhindern und damit durch diese große Öffnung keine unerwünschten Beifänge möglich sind.
Als Köderflüssigkeit (maximal 0,5 l je Flasche) wird zum Beispiel folgende Mischung empfohlen:

  • 200 ml Bier,
  • 100 ml Weinessig,
  • 50 ml Himbeersirup,
  • 600 ml Wasser,
  • 100 g Zucker und
  • ein paar Tropfen Netzmittel (Spülmittel).

Dies ergibt circa einen Liter Köderflüssigkeit
Die Fallen werden vorwiegend am Parzellenrand in der Einflugrichtung der Wespen aufgehängt. Es macht Sinn damit zu beginnen, bevor die Wespen schon deutlich an den Traubenbeeren naschen. Ist die Köderflüssigkeit mit Wespen gefüllt, muss gewechselt werden. Köderflüssigkeit, auch verbrauchte, darf nicht im Weinberg ausgeschüttet werden! Dies würde nur noch mehr Wespen anlocken.
Die Fallen bei beginnendem Auftreten von Wespen in der Anlage aufhängen und vor der Weinlese wieder aus der Rebfläche entfernen.
Achtung! Bei Lese mit dem Vollernter ZWINGEND ALLE Fallen zuvor abhängen!!!

Esca und Schwarzholzkrankheit

Es ist erschreckend, wie stark sich Esca auch dieses Jahr wieder zeigt. Alle kranken Stöcke sollten vor dem Laubfall markiert werden, damit sie entweder zurückgeschnitten oder nachgepflanzt werden können. Nach dem Herbst sind die Symptome wegen der Herbstfärbung zunehmend schlechter zu erkennen. Auch sofortiges Abschneiden unter Belassung etwaiger gesunder Stammausschläge in Bodennähe ist möglich. Altholz aus Weinberg entfernen. Einjähriges Holz und Laub stellt keine Gefahr dar und kann im Weinberg verbleiben.
Rückschnitt von Rebstöcken, die mit Schwarzholz befallen sind, kann analog stattfinden.

Kirschessigfliege (KEF)

Aktuell besteht bei der sommerlichen Witterung keine Gefahr für KEF Befall. Hinsichtlich vorbeugender Maßnahmen wird auf die Broschüre der LVWO bzw. des Weinbauinstituts Freiburg verwiesen. Monitoring auf KEF Befall startet Mitte August und ist in „Vitimeteo“ zu finden.

Vogelabwehr

Vogelfraß durch Starenschwärme kann große wirtschaftliche Schäden in Weinbergen anrichten. In vielen Weinbaugemeinden wurde in den letzten Jahren die Vogelabwehr von Wengertschützen auf stationäre Schuss oder andere Vergrämungsapparate umgestellt. Dies führt bei „Dauerbeschuss beziehungsweise Piepsen“ teilweise zu Beschwerden in der Bevölkerung. Bei jedem Vergrämungs- Apparat sollte im Interesse des nachbarschaftlichen Friedens immer geprüft werden, ob er notwendig ist, wann zwingend begonnen werden muss, ob vorgeschriebene beziehungsweise sinnvolle Mindestabstände eingehalten sind oder ob diese gegebenenfalls noch vergrößert werden können. Auf alle Fälle muss spätestens bei einbrechender Dämmerung abgeschaltet werden. Diese Punkte sind gerade auch wegen einer positiven Grundeinstellung der Bevölkerung zum Wein dringend zu beachten. Bei Bedarf ist auch zu prüfen, ob es nicht Sinn macht, in besonders sensiblen Gebieten die Vogelabwehr durch Wengertschützen wieder zu aktivieren.

Vergrämungsfähig sind am ehesten Starenschwärme. Amseln oder sonstige Einzelvögel können als „Gebüschbewohner“ akustisch nicht ausreichend vergrämt werden. Dagegen hilft meist nur lokal begrenztes Einnetzen. Die Schuss- oder „Pieps“apparate sollten erst aktiviert werden, wenn die Starenschwärme beginnen, sich in Weinbergsnähe aufhalten. Bei zu frühem Beginn sind Gewöhnungseffekte wahrscheinlich. Die Anzahl der Anlagen muss auf das notwendige Maß beschränkt werden. Der Abstand der einzelnen Anlagen zueinander orientiert sich an der Reichweite der wirksamen Schallsignale. Übererschließungen sind zu vermeiden. 

Bei Geräusch erzeugenden Vogelabwehranlagen handelt es sich um immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Derartige Anlagen unterliegen den Bestimmungen des §22 Bundes Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Danach sind sie so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Auch sogenannte „Piepsgeräte“ sind bezüglich der Aufstellungsorte dahingehend zu prüfen, dass keine unzumutbaren Beeinträchtigungen angrenzender Wohnbebauungen auftreten.

Hier nochmals zusammengefasst die amtlichen Hinweise zur Vogelabwehr

Akustische Geräte: 
Besonders die automatisch arbeitenden Schreckschussapparate können zu Beeinträchtigungen in angrenzenden Wohngebieten führen. Die Betreiber solcher Anlagen müssen deshalb folgendes beachten: Die erlaubten Abstände der Schussapparate in der Nähe geschlossener Wohnbebauung sind abhängig:

  • von der Schussanzahl je Tag und
  • von der Art der Wohnbebauung

Bei einer Schussanzahl von maximal 100/Tag (Abstand der Einzelschüsse mindestens 8 Minuten) ist:

  • zu reinen Wohngebieten ein Mindestabstand von 1000 m einzuhalten
  • zu allgemeinen Wohngebieten ein Mindestabstand von 800 m einzuhalten
  • zu Gebieten, in denen neben Wohngebäuden auch sonstige Nutzungen einschließlich Landwirtschaft vertreten sind, also sogenannte Misch- und Dorfgebieten, mindestens 500 m Abstand einzuhalten

Es muss noch einmal betont werden, dass diese Mindestabstände nur gelten, wenn die Anzahl der Schüsse (davon abgeleitet auch die Anzahl der Piepse bei anderen Geräten) minimiert wird (höchstens alle 8 Minuten). Immer wieder sind deutlich höhere Schuss- oder „Pieps“ Frequenzen festzustellen. Wegen des beschriebenen Gewöhnungseffekts ist dies wenig zielführend und gleichzeitig ein Ärgernis für das Umland.

Auch bei Entfernungen von mehr als 1000 m zu geschlossenen Wohnbebauungen gilt das Minimierungsgebot bezüglich Schussfrequenz und Anzahl der aufgestellten Geräte. Im Sinne vieler Weinwanderer sollten die Schreckschussapparate nicht unmittelbar an den Wegrändern platziert werden. Hilfreich für die Akzeptanz sind zum Beispiel auch örtliche Hinweisschilder und Veröffentlichungen in Gemeindemitteilungsblättern, warum die Geräte betrieben werden müssen. Zu kurze Schussfrequenzen sind wegen Gewöhnungseffekt sinnlos. Die Rohrmündung beziehungsweise bei Piepsern der Lautsprecher muss von den Häusern weggerichtet sein. Apparate müssen spätestens bei Einbruch der Dunkelheit abgestellt werden, da während der Nacht kein Vogelfraß zu erwarten ist. Morgens die Geräte nicht vor Tagesanbruch einschalten.

Netze:
Beim Aufhängen von Netzen sind unbedingt folgende tierschutzrechtlichen Belange zu beachten:

  • Maschenweite höchstens 30 mm
  • Fadenstärke mindestens 1 mm
  • Netze straff spannen
  • es dürfen keine losen Netzteile auf dem Boden liegen
  • keine Kunststoffgespinste verwenden
  • Netze windsicher befestigen
  • Reste von Netzen dürfen nicht im Gelände liegen bleiben

Verstöße gegen diese Vorschriften des Tierschutzgesetzes sind Ordnungswidrigkeiten, die mit hohen Bußgeldern geahndet werden können.

Wichtig: Unmittelbar nach der Traubenlese müssen die Netze wieder vollständig entfernt werden.
 

Umstrukturierung

Die Frist für Anträge zur Umstrukturierung endet am 31. August! Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Anträge beim zuständigen Landwirtschaftsamt eingegangen sein.

Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz und der persönlichen Schutzausrüstung, sind immer zu beachten.
Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden: https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau.

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