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Liquidation

WG Hedelfingen löst sich auf

Zum 1. September ist Schluss: Nach 70 Jahren stellt die jüngste der Stuttgarter Genossenschaften den Betrieb ein.

von Nicole Mieding Quelle WG Hedelfingen erschienen am 25.08.2025
Weinbau in Steillagen, damit kennt sich die Esslinger Genossenschaft aus: Ans Teamwerk, wie sich die Genossen der Nachbarstadt nennen, will die Mehrzahl der verbliebenen Hedelfinger Wengerter künftig ihre Trauben liefern. © Teamwerk
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Vom 1. September an hat Stuttgart nur noch vier Weingärtnergenossenschaften – die WG Hedelfingen löst sich 70 Jahre nach ihrer Gründung auf. Der Beschluss hierzu wurde schon auf der Generalversammlung im Juni, dem Jubiläumsmonat, gefasst. Öffentlich wurde die Liquidation erst jetzt, als die Genossenschaft wie gesetzlich vorgeschrieben ihren Gläubigeraufruf per Zeitung annoncierte.

„Angesichts der aktuellen Herausforderungen möchten wir uns für die Zukunft neu aufstellen und so den Weinbau am Hedelfinger Lenzenberg erhalten. Der Verkauf unserer Weine, Sekte und Seccos wird fortgeführt“, informiert die WG aktuell auf ihrer Internetseite. Gespräche über künftige Kooperation mit der Esslinger Weingärtnergenossenschaft, die sich seit 2022 Teamwerk nennt, laufen.

„In diesem Prozess geht nicht alles von einem Tag auf den nächsten“, gibt Annemarie Binder auf Nachfrage von Rebe & Wein für die Genossenschaft Auskunft. Fest steht: Schon die aktuelle Ernte wird nicht mehr nach Hedelfingen geliefert. „Die Kosten sind für kleine WGs kaum noch zu schultern“, begründet Binder.

Eine Liquidation ist das gesetzlich vorgeschriebene, detailliert geregelte Verfahren zur Auflösung einer Genossenschaft. „Wir sind nicht zahlungsunfähig, wir haben weiter Wein zu verkaufen, und viele von uns wollen mit dem Weinbau weitermachen“, betont Binder. Anders als von den Stuttgarter Nachrichten berichtet, geht es nicht um eine Fusion: „Die Hedelfinger WG wird aufgelöst, jedes einzelne Mitglied kann entscheiden, welchen Weg es weitergeht“, stellt Binder klar.

Hinter den Kulissen waren Gespräche mit möglichen neuen Partnern gelaufen. „Esslingen zeigte sich bereit, den Weg mitzugehen und Genossen aufzunehmen. Die meisten unserer aktiven Mitglieder wechseln dorthin“, erklärt Binder. Zum Zeitpunkt der Auflösung zählte die WG noch 13 anliefernde Betriebe, sieben haben bereits beschlossen, ihre Trauben in diesem Jahr nach Esslingen zu liefern. Ein weiteres Mitglied will künftig mit Stuttgarts kleinster Genossenschaft, dem Steilwerk Rohracker, zusammenarbeiten. Wer von den verbliebenen Weinbautreibenden das Geschäft auf- oder übergibt, ist noch nicht entschieden.

Die Esslinger WG hat rund 100 Mitglieder, die 72 Hektar Rebfläche bewirtschaften. In Hedelfingen wurde in den vergangenen beiden Jahren ein Viertel der Rebfläche gerodet oder kurzfristig stillgelegt, aktuell beackern die Hedelfinger Genossen laut eigener Auskunft noch 7,5 Hektar. „Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, kommentieren Vorstand und Aufsichtsrat die Auflösung. „Wir sind stolz auf alles, was wir gemeinsam erreicht haben, und dankbar für die jahrzehntelange Treue unserer Mitglieder und Kunden.“ Stuttgart zählt zu Deutschlands größten Weinbaugemeinden, traditionell waren die Stuttgarter Wengerter in Genossenschaften organisiert. Deren Zahl schrumpft auf nurmehr vier.

Seit Beginn des Liquidationsverfahrens wird der Vorstand der Hedelfinger Weingärtner durch zwei Liquidatoren vertreten, Horst Binder und Jürgen Koch sind in dieser Funktion nun die Geschäftsführer. Die Hedelfinger Kirbe, die am 31. August und am 2. September in und um die Hedelfinger Kelter stattfindet, wird wie bisher vom Weinfestverein und der Freiwilligen Feuerwehr Hedelfingen ausgerichtet. Dieses Heimatfest werde auch in den kommenden Jahren durch diese bewährte Arbeitsgemeinschaft organisiert. Auch weitere Aktivitäten und Veranstaltungen sollen stattfinden, versichern die Genossen und wollen darüber zeitnah informieren.

Die Kleinen weichen

Weinbau wird in Hedelfingen seit dem 13. Jahrhundert betrieben. Bis zur Auflösung war die am 11. Juni 1955 gegründete Weingärtnergenossenschaft Hedelfingen die jüngste und zweitkleinste Genossenschaft im Großraum Stuttgart. 13 anliefernde Mitglieder bewirtschafteten noch 7,5 Hektar, ihre Vorzeigelagen sind Haumeisterklinge und Lenzenberg.

Mit der aktuellen Liquidation schreitet der Konzentrationsprozess unter den Genossenschaften voran. Als Klein-Gallien behauptet sich derzeit noch Stuttgarts kleinste Genossenschaft, das Steilwerk Rohracker. Die noch verbliebenen Genossenschaften haben schon vor Jahren Rettung durch Fusionen gesucht. So schlossen sich 2007 die Rotenberger mit den Uhlbacher Genossen zusammen und firmieren seither als Collegium Wirtemberg. Bereits 2005 fusionierte die Obertürkheimer Genossenschaft mit der Weinmanufaktur Untertürkheim zur Weinmanufaktur Stuttgart. Die Bad Cannstatter Weingärtner (Weinfactum Bad Cannstatt) gingen 2019 mit der Felsengartenkellerei Besigheim zusammen. (nim)

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