Kirschessigfliege: Sonderhinweis Nr. 5
Verbreitet lagen die Niederschläge am Wochenende um 20 Liter/m². Für die spät reifenden Sorten auf flachgründigen Standorten ist das eine willkommene Erfrischung. Für reife Anlagen und besonders bei kompakten Trauben wird sich der Fäulnisdruck, unabhängig von der KEF, dadurch etwas verstärken.
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Allgemeiner Lesebeginn für Frühsorten ist in dieser Woche. Je nach Behang sind auch schon mittelfrühe Sorten in der Reife recht weit fortgeschritten. Auch hier wird in den nächsten Tagen, eben je nach Reifegradation und Fäulnisdruck, die Lese oder zumindest eine Vorlese beginnen. Die spätreifenden Rebsorten Lemberger und Trollinger haben großteils auch schon erfreuliche Mostgewichtszunahmen zu verzeichnen. Auch bei diesen Sorten ist das Ertragsniveau und die Lagegüte ganz besonders dafür verantwortlich, welcher Reifegrad erreicht wurde. Dementsprechend gibt es zum Beispiel in Terrassenanlagen Trollingerweinberge, die bei moderatem Behang bereits eine erstaunliche Reife aufweisen.
Generell sind die Weinberge hinsichtlich der Fäulnisentwicklung sehr genau im Auge zu behalten. Nach wie vor gilt die Maxime, dass die Lese aus qualitativer Sicht so spät wie möglich durchgeführt werden sollte. Mit dem Instrument der Vollernterlese besteht besonders für größere Betriebe mittlerweile auch die Möglichkeit, sehr schlagkräftig ernten zu können, wenn es nötig ist. Allerdings ist dabei sehr penibel darauf zu achten, dass essigstichige Trauben oder anderweitig ungeeignetes Lesegut zuvor herausgeschnitten werden.
Völlig unabhängig von der Kirschessigfliege finden sich in kompakten Trauben bereits mehrfach Nester mit Essigstich. Anzeichen dafür sind Beerchen, die beim Berühren der Trauben sich sehr leicht ablösen. Aus Platzmangel haben sich die Beerchen vom Beerenstiel weggeschoben und bleiben dennoch im Trauben hängen. Die dadurch entstandene Wunde am Stielansatz wird sehr schnell von Essigfliegen und Kirschessigfliegen besiedelt, besonders im schlecht trocknenden Inneren der Trauben. Feuchtigkeit und Wärme beschleunigen den Vorgang der Essigbildung enorm. Parallel dazu siedelt sich auf zuckerhaltigem Saft auch Botrytis an. Besonders bei Rotweintrauben ist dies auch kein gern gesehener Gast, schon gar nicht, wenn Maischegärung geplant ist. Die weitere mittelfristige Wetterentwicklung soll sich eher im unbeständigen und kühleren Bereich einpendeln. Sofern die Nachttemperaturen im einstelligen Bereich angesiedelt sind und keine permanente Nässe herrscht ist die Gefahr einer massiven Essigbildung als eher gering einzustufen. Kühle Nächte fördern auch die Aromabildung.
Besonders in Anlagen mit Vorschädigungen durch Oidium, Fraßverletzungen, Botrytis oder Traubenkompaktheit sowie in Lagen mit feuchterem Mikroklima in Tal- oder Waldlagen sind Kirschessigfliegen präsent. Bitte beobachten Sie weiterhin sorgsam Ihre Anlagen. Dies sollte insbesondere in Randlagen geschehen. Besonders im Focus sollten jetzt rotfärbende Rebsorten wie Trollinger stehen.
Leider ist bei „schäumenden“ Beerchen nicht immer zu erkennen, ob die KEF als Primärschädling verantwortlich war oder aber eben erst sekundär über die bereits geöffnete Beerenhaut ihre Eier leichter ablegen konnte. Unabhängig davon sind diese „saftelnden“ Beerchen ein Alarmzeichen und als Anfangsbefall zu deuten.
Pflanzenschutz-Maßnahmen sind nicht erforderlich bzw. möglich bei:
- Weißweinsorten
- Rötlichen und roten Sorten, die keine Befallssymptome zeigen
- Rötlichen und roten Sorten, die zwar Befallssymptome zeigen, der absehbare Lesezeitpunkt aber die Einhaltung der vorgeschriebenen Wartezeit nicht ermöglicht
Pflanzenschutz-Maßnahmen sind möglicherweise in Erwägung zu ziehen bei:
- Rötlichen und roten Sorten, die sichtbaren Anfangsbefall zeigen und bei denen die Wartezeit sicher eingehalten werden kann. Dazu zählen insbesondere Trollingeranlagen mit mittlerem und höherem Behang.
Selbstvermarkter und Erzeugergemeinschaften sollten vorbereitet sein, schnell reagieren zu können, wenn Lesenotwendigkeit besteht. Andererseits ist es aber ganz sicher auch nicht sinnvoll, gesunde Bestände ohne Not abzuernten, wenn eine weitere gesunde Reife möglich ist. Grundsätzlich müssen Mitglieder von Erzeugergemeinschaften und Weingärtnergenossenschaften entsprechende Maßnahmen mit dem Vermarktungsbetrieb abstimmen.
Bei notwendig werdenden Behandlungen mit unsicherer Wartezeit von 14 Tagen ist Karate Zeon mit 7 Tagen Wartezeit eine Alternative. Bei den aktuell gemeldeten moderateren Temperaturen könnte das Mittel entsprechend den zugelassenen Einsatzbedingungen (ausschließlich Traubenzone mit ganz besonderem Augenmerk auf Abtriftminderung in der oberen Laubwandhälfte) angewandt werden, wenn die beiden Präparate Mospilan und Spintor mit 14 Tagen Wartezeit zu unsicher sind. Ein Einsatz von Karate Zeon muss unter allen Umständen so erfolgen, wie es die Genehmigung erlaubt. Dazu weiter unten mehr.
Bereits vielfach veröffentlichte Hinweise zum Bienenschutz sind zu beachten!
Unter „Vitimeteo“ kann ein schneller Überblick über die KEFGesamtsituation in Baden-Württemberg gewonnen werden. An dieser Stelle sei den Landesanstalten Weinsberg und Freiburg ein herzliches Dankeschön dafür ausgesprochen, die Winzer und die Weinbauberatung durch fachlich sehr fundierte Aussagen zu unterstützen. Sehr hilfreich sind die zur Verfügung gestellten Ergebnisse zu KEF-Fangzahlen und insbesondere des Eiablage-Monitorings. Selbstverständlich entbinden die Monitoringergebnisse nicht den einzelnen Winzer davon, seine Anlagen selbst zu beobachten und ggf. entsprechende Maßnahmen bezogen auf den Einzelstandort vorzunehmen.
Zusatzinformation zu den einzelnen Präparaten:
Ein grundsätzliches Ranking, das besagt, welches Mittel das Beste ist, gibt es noch nicht. Vielleicht helfen die vielfach angelegten Versuche dahingehend für die nächsten Jahren weiter.
- SpinTor wirkt insbesondere auf Fliegen. Vom Sprühnebel getroffene Fliegen werden sofort erfasst (Kontaktwirkung) – deshalb die ganze Laubwand behandeln! SpinTor wird von den Tieren auch durch Begehen inkl. Putzverhalten und Fraßaktivität aufgenommen (Fraßwirkung). Die Eier kommen bei der Eiablage mit dem Wirkstoff in Kontakt, ebenso die Larven, da der Wirkstoff oberflächennah eindringt und dort aufgenommen wird. Im Anschluss an eine Behandlung sollte es möglichst lange trocken sein. Spintor ist bienengefährlich!
- Mospilan hat eine gewisse Wirkung auf alle Stadien der KEF, insbesondere auf Larven.
- Karate Zeon wirkt im Wesentlichen gegen die erwachsenen Fliegen. Das Mittel ist stark raubmilbenschädigend. Deshalb ist der Einsatz gegen die Kirschessigfliege nur in der Traubenzone mit driftreduzierter und akkurater Anwendungstechnik zugelassen! Eine Abdrift von Sprühnebel in die obere Laubwandhälfte muss unbedingt vermieden werden. Falls Raubmilben in der oberen Laubwand nicht geschont werden, wird sich spätestens im Folgejahr ein sehr starker Spinnmilbenbefall einstellen!! Das Spritzen der Trauben nur in der Traubenzone ist mit driftreduzierter Anwendungstechnik durchzuführen. Dazu zählen z.B. Axialgeräte mit Querstromaufbau und horizontaler Luftführung, Tangentialgebläse, Radialgebläse mit horizontaler Luftführung und reine Spritzgestänge ohne Luftunterstützung. Die Gebläse sind mit waagrechter bzw. mit leicht nach unten geneigter Luftführung und randscharf nur auf die Traubenzone einzustellen sowie mit reduzierter Luftleistung zu betreiben, um ein „Durchblasen“ der Spritztropfen durch die Laubwand zu vermeiden. Die Sprührichtung muss von oben nach unten erfolgen. Dazu kann auch die Anbauspritze so weit möglich angehobenwerden, um die Düsen nach unten zu neigen. Beim Einsatz von Karate Zeon sind bevorzugt grobtropfige Hohlkegel-Injektordüsen einzusetzen. Für die Behandlung der Traubenzone sind 2 bis max. 3 Düsen je Seite zu öffnen. Es ist jede Rebzeile von beiden Seiten zu behandeln. Geräte, die von unten nach oben applizieren sind für diese Anwendung nicht geeignet. Weitere Auflagen und Anwendungsvorschriften zur Anwendung von Karate Zeon sind zu beachten. Für die Behandlung der Traubenzone ist die Aufwandmenge auf 37,5 ml/ha Karate Zeon zu reduzieren. Nur diese Menge ist zugelassen und muss penibel eingehalten werden.
Generell wird bei der Anwendung von Insektiziden auf einen möglichst umfangreichen Anwenderschutz hingewiesen. Bei Karate Zeon ist in den Anwendungshinweisen beschrieben, dass Hautreaktionen vorkommen können. Die Empfehlung, bei der Ausbringung bzw. Handhabung des anwendungsfertigen Mittels, in Raumkulturen partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder Halbmaske mit Partikelfilter P2 (Kennfarbe:weiß) zu tragen, deutet darauf hin, dass mit dem Mittel sehr sorgsam umgegangen werden muss. Bester Schutz bietet immer noch eine Schlepperkabine mit funktionsfähiger Filtereinrichtung.
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