Vorsicht Traubenwelke
Aufgrund stark schwankender Temperaturen ist in diesem Sommer die Traubenwelke in der Schweiz lokal vermehrt aufgetreten. Diese physiologische Störung äussert sich durch eine beeinträchtigte Reifung der Trauben, die deshalb wenig Zucker enthalten und sehr sauer sind. Je nach klimatischen Bedingungen können hohe Ertrags- und Qualitätseinbussen damit verbunden sein. Beobachtungen von Agroscope liefern Anhaltspunkte dazu, unter welchen Bedingungen diese physiologischen Störungen auftreten und wie sie sich vermeiden lassen.
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Die Traubenwelke kann bei zahlreichen in der Schweiz angebauten Sorten wie Chasselas, Pinot noir, Gamay, Sauvignon (Blanc und Gris), Müller-Thurgau, Merlot sowie Humagne rouge und Cornalin kurz nach dem Beginn der Traubenreife eintreten. Die betroffenen Trauben sind nicht zur Weinherstellung geeignet und verursachen daher beträchtliche wirtschaftliche Einbussen.
Vielfältige Symptome
Die Traubenwelke stört die Anreicherung mit Zuckern und die Entwicklung der Säure, aber auch die Synthese von Aromen und Farbstoffen. Bei roten Rebsorten bleiben die Trauben im Allgemeinen rosa, insbesondere wenn die Störung in einem frühen Reifestadium eintritt. Die Traubenwelke äussert sich häufig darin, dass die Beeren welk und weniger prall sind. Bei gewissen Sorten wie Sauvignon (und zum Teil Chasselas) können die Beeren allerdings auch fest bleiben und nicht welken. Das Phänomen äussert sich bei gewissen Reben an der ganzen Pflanze, vorwiegend aber am äusseren Ende der Trauben und der Fruchttriebe. Je nach Stock können die Trauben sehr unterschiedlich stark befallen sein (teilweise prall, Reifeverzögerung), was die Sortierung des Leseguts erschwert.
Klimatische Schwankungen als Ursache
Die Ursachen für diese Störung sind weitgehend unbekannt, und bisher konnte kein Krankheitserreger verantwortlich gemacht werden. Die bei Agroscope durchgeführten anatomischen Untersuchungen zeigen eine Desorganisation des Leitgewebes für den Transport des zuckerhaltigen Pflanzensafts und eine Reduktion des Wassertransports in den Stielen der befallenen Trauben. Weitere Studien laufen im Zentrum Pully zum Phänomen der Embolie. Dabei bilden sich möglicherweise Luftblasen in den Gefässen, wenn starke Klimaschwankungen eine abrupte Verdunstung auf den Blättern und hohe Saugspannungen in den Gefässen der Rebe hervorrufen. Dadurch würden betroffene Trauben vom Gefässsystem der Pflanze abgekoppelt. Die Empfindlichkeit der Reben gegenüber der Traubenwelke hängt ab von Umweltfaktoren wie Niederschlag und Temperatur, sowie vom Wasservorrat im Boden und von der Anbaumethode. Die Traubenwelke tritt bei fruchtbaren Böden mit grossen Wasservorräten relativ häufig auf. Auf trockenen, gut entwässerten Böden in Hanglagen kommt das Phänomen dagegen selten vor. Die Wasserversorgung während der Traubenreife spielt eine bedeutende Rolle. In heissen, trockenen Sommern mit starkem Wassermangel wie 2015 tritt das Phänomen nicht auf. Hingegen begünstigen feuchte Jahre oder eine ausgiebige Bewässerung in der Reifungsphase das Auftreten dieses Ereignisses. Häufiger ist es auch bei kräftigen Stöcken mit ausgeprägtem Blattwuchs, die stark behangen sind. Substanzielle Temperaturschwankungen (kühle Regenperioden gefolgt von Hitzeperioden) nahe am Zeitraum der Traubenreife scheinen das Auftreten der Traubenwelke ebenfalls zu begünstigen.
Im laufenden Jahr folgten auf ausserordentlich hohe Niederschläge in den Monaten Juni und Juli im August sehr heisse, sonnige Tage, was eine starke Transpiration über die Blätter bewirkte. Diese kontrastreichen klimatischen Bedingungen haben die Risiken verschärft. Anfang September wurde die Traubenwelke dann in Gebieten mit hohen Wasserreserven im Boden beobachtet. Nicht vorhanden ist die Störung dagegen in Rebbergen mit leicht eingeschränkter Wasserversorgung.
Indirekte Massnahmen
Eine direkte Massnahme gegen die Traubenwelke ist bisher nicht möglich. In Risikosituationen sollten Bemühungen im Vordergrund stehen, die auf indirekte Massnahmen abzielen. Zu vermeiden sind ein zu kräftiger Wuchs (entsprechende Bodenpflege und Düngung, Wahl der Rebunterlage), zu stark behangene Reben (ausgewogenes Blatt-Frucht-Verhältnis) und zu viel Wasser (Bewässerung). Bei hohem Risiko sollten weniger empfindliche Rebsorten gewählt werden. Da die Traubenwelke hauptsächlich die äusseren Enden der Trauben betreffen, lässt sich bei besonders anfälligen Sorten wie Humagne rouge und Cornalin durch eine Beschränkung der Ernte mittels Verzicht auf die untere Hälfte der Trauben das Risiko wirksam vermindern.
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