Die ersten Trauben lassen sich sehen
Mit Ausnahme weniger Nachzügler ist die Rebblüte schon seit einigen Tagen beendet. Durch das hochsommerliche Wetter ist die Rebenentwicklung geradezu explodiert. Oft finden sich bereits hängende Trauben. Auch die Beeren haben sich enorm entwickelt. In warmen Lagen ist bereits mehr als Schrotkorngröße erreicht. Vielfach wird bereits der erste Laubschnitt durchgeführt. In den nächsten Tagen ist bei dichtbeerigen Sorten und frühen Lagen bereits mit dem Rebstadium „Beginnender Traubenschluss“ zu rechnen. Ein früher Lesebeginn 2017 wird immer wahrscheinlicher. Aus heutiger Sicht findet die Abschlussspritzung vermutlich
um das erste Augustwochenende herum statt.
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Die Ertragserwartungen in den Weinbergen sind bekanntermaßen frostbedingt sehr unterschiedlich. Betriebe ohne nennenswerte Frostschäden müssen angesichts des Fruchtansatzes in bestimmten Weinbergen ans Ausdünnen denken. Wer das nicht rechtzeitig spätestens zu Reifebeginn (Mitte August) durchführt, wird gnadenlos mit schlechten Qualitäten und Öchsleverlusten bestraft.
Betriebe, die sowohl frostgeschädigte als auch nicht geschädigte Weinberge bewirtschaften, werden versuchen, den Fehlertrag der einen Fläche mit der anderen auszugleichen. Das ist aber nur bis zu einem gewissen Maße sinnvoll. Die größte Gefahr für Überertrag ist beim Trollinger gegeben. Das hat schon das Jahr 2016 gezeigt und darf sich für 2017 nicht noch einmal wiederholen. Im Sinne der nach wie vor bedeutenden Württemberger Rebsorte darf der „Bogen nicht überspannt werden“.
Sehr erfreulich ist, dass sich durch die langen sommerlichen Witterungsphasen der Unterschied der Traubenentwicklung in frostgeschädigten Weinbergen eher angleicht. Momentan gibt es Entwicklungsunterschiede von ca. 2 Wochen. Das kann sich im
Verlauf der Saison durch das geringere Ertragsniveau in den Frostweinbergen auch noch weiter angleichen.
Der aktuell 8-10 tägige Vegetationsvorsprung bietet einerseits Chancen für einen guten Jahrgang, andererseits aber auch Risiken bezüglich der Traubengesundheit. Trotz der aktuellen Trockenheit muss gut überlegt werden, ob der Boden bearbeitet werden soll. Wer weiß schon, welche Witterungsverhältnisse uns während der Traubenreife erwarten. Bewässerungsgaben sollten aktuell nur dort angedacht werden, wo bekanntermaßen besondere Trockenstressstandorte liegen. Spätestens dann, wenn die ersten basalen Blätter gelb werden, sollten aber bewässerungsfähige Parzellen getröpfelt werden. Anlagen mit wenig Ertrag sind von Wassergaben erst einmal auszuklammern.
An den Triebspitzen mancher Rebstöcke treten Nester der Schwarzen Bohnenlaus auf. Dies ist für die Rebe kein Problem. Der Spuk verschwindet spätestens nach dem ersten Laubschnitt von selbst wieder.
Laubarbeiten und Entblätterung
Neben Heftarbeiten und Laubschnitt steht jetzt auch die Entblätterung der Traubenzone im Vordergrund. Eine lockere Traubenzone ist besonders auch für die Anlagerung von Pflanzenschutzmitteln zur Oidiumbekämpfung sehr vorteilhaft. Aus der Vergangenheit sind keine Fälle bekannt, dass Extremtemperaturen wie in der jetzigen Entwicklungsphase an den Beerchen zu Sonnenbrand führen können.
In der Summe aller Vor- und Nachteile überwiegen die positiven Effekte einer frühen Entblätterung der Traubenzone nach der Blüte. Durch Zuwarten erhöht sich die Gefahr von Sonnenbrandschäden, es sei denn, man wartet bis September. Dann ist allerdings eine maschinelle Entblätterung nur noch bedingt möglich. Auch bereits im Hinblick auf vorbeugende Maßnahmen gegenüber Kirschessigfliege ist die Entblätterung der Traubenzone ein zentraler Baustein.
Bei weißen Rebsorten sollte versucht werden, die Sonnenseite (West und Süd) etwas moderater zu entblättern. Bezüglich Oidium ist es nichts Ungewöhnliches, dass bisher kein oder kaum Befall zu finden ist. Ab Erbsengröße sollten bekannte Problemparzellen und die daneben liegenden Weinberge aber intensiver kontrolliert werden. Der Spritzabstand muss sich aktuell an Oidium orientieren und sollte nicht nennenswert über 10 Tage liegen. Bei der Terminierung immer auch die Gewittersituation beachten, um im Zweifel vor möglichen Gewitter- und Starkregenereignissen gegen Peronospora behandeln zu können. Auch wenn sich dadurch der Rhythmus um 1-2 Tage verkürzen sollte.
Für die weiteren Spritzungen ab Juli können bei guter Spritztechnik und bei befallsfreien Beständen die Abstände wieder auf über 10 Tage verlängert werden.
Oidium
Der Infektionsdruck für Oidium ist aktuell auch angesichts der unterschiedlichen Traubenentwicklung immer noch als sehr hoch einzustufen. Daher ist der Mehltaupilz konsequent weiter vorbeugend zu bekämpfen. Als Mittel werden aktuell empfohlen: Talendo oder Vivando oder Kusabi oder Dynali. Das neue Produkt Kusabi ist bezüglich der Resistenzeinstufung wie Vivando zu sehen (Buchstabe „K“).
Luna Experience ist einmalig für die Behandlung in die abgehende Blüte oder die Spritzung danach wegen dessen sehr guter Wirkung gegen Oidium zu empfehlen. Wer nach der Luna Experience Behandlung auch noch das Mittel Collis einplant, muss wegen Resistenzvorbeugung zwischen der Luna Experience-Behandlung und Collis eines der anderen genannten Produkte einsetzen.
Der Spritzabstand sollte 10 Tage nicht übersteigen. Zur Vorbeugung gegen Resistenzen müssen die Mittelgruppen bezüglich der Resistenzvorbeugung zwingend von Spritzung zu Spritzung konsequent gewechselt werden.
Informationen dazu gibt es im Internet unter folgendem Link: https://www.landwirtschaftbw.
info/pb/MLR.LVWO,Lde/Startseite/Fachinformationen/Rebschutz
Unter „Rebschutzmittel“ findet man hier die pdf Datei „Antiresistenzstrategie 2017“ mit entsprechenden Erläuterungen. Damit die Mittel auch zukünftig ihre Wirkung erhalten, muss penibel auf die Resistenzvorgaben geachtet werden. Dies gilt selbstverständlich
auch für jeden Kleinstwinzer!
Peronospora
Insgesamt wenige relevante Infektionsereignisse - und dann noch vielfach durch vorgeschalteten Pflanzenschutz abgedeckt - führten seither dazu, dass kaum Peronospora auftritt. Eine komplett andere Situation als 2016. Die Anfälligkeit der Trauben nimmt
ab Erbsengröße deutlich ab. Bei großtraubigen Sorten, besonders beim Trollinger, ist aber bekannt, dass es auch noch nach dem Stadium Erbsengröße zu Peroinfektionen besonders über das Stielgerüst kommen kann.
Wenn 1-2 Tage vor einer Spritzung lange Blattnässezeiten mit Wind und Regen gegeben waren, kann mit einem kurativen Fungizid eine heilende Wirkung in Bezug auf
Peronosporainfektionen erwartet werden. Angesichts des derzeit geringen Infektionsdruckes und des fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums genügen allerdings grundsätzlich bei Spritzungen vor Regen vorbeugende Kontaktfungizide, wie z.B. Folpan
80 WDG, Folpan 500 SC, Delan WG, Enervin, Mildicut oder Electis. Angesichts der gesunden Bestände und des erreichten Wachstums ist ein Zusatz von Phosphonaten (Veriphos) nicht mehr zwingend notwendig. Ab diesem Zeitpunkt kann auf den Einsatz
dieser systemisch wirkenden Mittel, auch im Hinblick auf Rückstände, verzichtet werden.
Botrytis und Essigfäule
Grundsätzlich wird pro Jahr nur eine Behandlung mit einem Spezialbotytismittel empfohlen. Der effektivste Termin liegt dabei kurz vor Traubenschluss. Ziel ist dabei, eingeschlossenes totes Material (z.B. Blütenkäppchen) so lange wie möglich vor Botrytisbefall zu schützen und damit frühe Fäulnisherde von innen heraus zu unterbinden. Als Spezialbotrytismittel stehen Cantus, Switch oder Teldor zur Verfügung. Bei Cantus unbedingt darauf achten, dass hier auch der Resistenzbuchstabe „L“ hinterlegt ist. Eine deutliche Wirkungsverbesserung wird erzielt, wenn jede Rebgasse gefahren wird, die Trauben frei hängen und sichtbar sind und dadurch optimal benetzt werden.
Zur Mitteleinsparung genügt es, nur die Traubenzone zu behandeln. Einen nicht zu unterschätzenden Effekt zur Botrytisvermeidung ist mit einer Teilentblätterung der Traubenzone zu erreichen. Jetzt ist dafür der richtige Zeitpunkt.
Sauerwurm
Der Flug der zweiten Generation des Traubenwicklers hat begonnen. Ein Bekämpfungszeitpunkt außerhalb der Verwirrgebiete kann zur Zeit noch nicht empfohlen werden. Fallen sollten mit Ködern neu bestückt und dann regelmäßig kontrolliert und ausgezählt werden. Nur so kommt man außerhalb der Verwirrflächen zueinem richtigen Einsatzzeitpunkt eines Insektizides.
Ohrwürmer
Diese Tiere sind nachtaktiv und „nisten“ sich daher mit Vorliebe in kompakten Trauben ein. Alle Maßnahmen, die eine Lockerung des Traubens mit sich bringen und Licht in die Laubwand lassen, wirken daher einer Besiedlung entgegen.
Herbizideinsatz
Die warme Witterung hat den Unkrautbesatz schnell wachsen lassen. Vor dem Einsatz systemischer Herbizidwirkstoffe wie z.B. Glyphosat unbedingt Stockaustriebe entfernen. Beim Einsatz dieser Wirkstoffe sollten auch die Wunden am Rebstamm eingetrocknet und verschorft sein. Restbestände von Basta können gefahrlos auf Stocktriebe angewendet werden. Bitte beachten Sie die Aufbrauchfrist von Basta bis zum 30.06.2017!
Über eine Ausnahmegenehmigung einer weiteren Anwendung von Basta ist
noch nicht entschieden.
Sonstiges und Mittelmenge
- Wegen der weit fortgeschrittenen Rebenentwicklung kann ab sofort mit der vollen, also 4-fachen Basisaufwandmenge, behandelt werden.
- Spritzabstände von mehr als 10 Tagen erhöhen das Risiko für Oidiuminfektionen
- Wegen des Fluges der Windenglasflügelzikade (Überträger der Schwarzholzkrankheit) sollten Brennesselbüsche in oder in der Nähe von Weinbergen nicht mehr abgemäht oder gemulcht werden.
- Die Gerätereinigung nach Pflanzenschutz darf niemals in der Nähe von Hofeinläufen stattfinden. Restbrühe oder Reinigungswasser mit Mittelrückständen darf keinesfalls in die Kanalisation, da Kläranlagen die Wirkstoffe nicht aus dem Schmutzwasser herausfiltern und dadurch die Mittel über die Kläranlage in Oberflächengewässer gelangen.
- „Sonderbare“ Schwachwüchsigkeit mit sehr engem Internodienwachstums im Basalbereich der Triebe wurde bei verschiedenen Rebsorten, insbesondere bei Burgundersorten, gemeldet. Dies ist nicht neu und hat sich die letzten Jahre auch schon gezeigt. Viele stecken gebliebene Triebe fangen jetzt wieder an normal weiter zu wachsen. Der Befall einzelner Stöcke wechselt oft von Jahr zu Jahr. Über genaue Ursachen lässt sich leider noch keine seriöse Aussage tätigen.
- Ein Hinweis auf das Weinerlebnis-Event „Natur & Wein“ sei erlaubt. Diese Gemeinschaftsaktion örtlicher Genossenschaften und Weingüter im Zabergäu findet zwischen Neipperg und Dürrenzimmern am kommenden Wochenende statt. Näheres unter http://www.naturundwein.de/
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz, sind immer zu beachten.
Der nächste Hinweis erfolgt voraussichtlich am 28. Juni.
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