Sachsen: Lese auf der Zielgeraden
Das Stimmgewirr der ukrainischen, rumänischen und deutschen Erntehelfer in den sächsischen Weinbergen verstummt allmählich. Die Weinlese neigt sich in den meisten Betrieben dem Ende entgegen – so früh, wie wohl noch nie. Ein Selbstläufer wird der Jahrgang 2018 aber nicht. Nun ist das Können der Kellermeister gefragt, damit die Weine trotz hoher Mostgewichte und des Trockenstresses keine "Alkoholbomben" werden und nicht durch untypische Alterungstöne getrübt werden.
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Im Prädikatsweingut Schloss Proschwitz hängt lediglich in Terrassenweinbergen noch etwas Traminer und Riesling. Man strebe dort Auslesequalitäten an, sagte Unternehmenssprecherin Alexandra zur Lippe. Generell sei Sachsens größtes Privatweingut mit der Traubenqualität des Jahrgangs 2018 zufrieden. Die Trauben seien physiologisch ausgereift und besäßen entsprechend die sorten- und lagentypischen Aromen. Auf den Rebflächen wurden den Angaben zufolge bis zuletzt mit gezielter Laubarbeit an der Qualität der Trauben gefeilt.
Da die Trauben wegen des trockenen Wetters nicht faulten, ging die Ernte in diesem Jahr zügig vonstatten. In feuchten Jahren müssen oftmals zeitaufwendig essigfaule Beeren herausgepult werden. Das blieb den Erntehelfern erspart. Den hohen Mostgewichten werde der Kellermeister mit dem Säuern der Weine im rechtlich genehmigten Rahmen begegnen. Schloss Proschwitz wolle, so zur Lippe, auch vom Jahrgang 2018 elegante Weine mit nicht zu hohem Alkoholgehalt ausbauen. Mit Eiswein plane man nicht. Es gebe von diesen Weinen für Liebhaber noch eine Auswahl im Sortiment.
Endspurt für Schloss Wackerbarth
Anfang Oktober werde die Hauptlese abgeschlossen, erklärte Firmensprecher Martin Junge. Die Hauptlese werden Anfang Oktober abgeschlossen. Mitte der Woche waren die Trauben demnach bereits von 90 Prozent der insgesamt 92 Hektar geerntet. Der Blaufränkisch in Laubach sowie Riesling, Traminer und Scheurebe auf dem Wackerbarthberg und im Goldenen Wagen wurden zuletzt in die Kellerei geholt. „Aus den Riesling-, Traminer- und Scheurebe-Trauben, die aktuell noch in unseren Radebeuler Steillagen und Terrassenweinbergen hängen, keltern wir restsüße beziehungsweise edelsüße Weine wie Spätlesen und Auslesen“, kündigte Junge an. Zugleich stelle das Staatsweingut „die Weichen für Eiswein“: Auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern bleiben Trauben an rund 3.000 Riesling-Rebstöcke hängen. Ob Eiswein klappt, hängt vom Witterungsverlauf im Herbst und dem nötigen Frost zu Beginn des Winters ab.
Wackerbarth-Sprecher Junge sagte: „Mit den bisherigen Ergebnissen der Weinlese 2018 sind wir zufrieden – sowohl hinsichtlich der Qualität der Trauben und deren Mostgewichten, als auch bezüglich der Lesemenge.“ Im Vergleich zum Weinjahr 2017 verfügten zwar alle Trauben über geringere Gewichte – also weniger Saft - und eine lockerere Traubenstruktur. Da die Trauben aber alle gesund sind und kein Verlust verbucht werden muss, sei bei der Menge ein Ergebnis wie in einem Durchschnittsjahr erzielt worden. Traubenlieferanten und Wackerbarth-Winzer achteten den Angaben zufolge auf optimale Aromareife der Trauben. Junge betonte aber auch: „Der Ausnahmejahrgang 2018 stellt das Können unserer Kellermeister auf die Probe: Trotz der besonderen Witterung mit langanhaltender Hitze und vielen warmen Tagen und Nächten ist unser Ziel, auch aus diesem Jahrgang elegante und finessenreiche Weine zu keltern.“
Untypische Alterungsnoten entstünden bei Weinen in der Regel aus der Verbindung von Trockenstress, hohen Erträgen und einer zu zeitigen Lese von nicht vollständig ausgereiften Trauben, so der Unternehmenssprecher. „Um der langanhaltenden Trockenheit in diesem Jahr erfolgreich zu begegnen, haben wir die Bewirtschaftung unserer Weinberge umgestellt.“ Neben einer zusätzlichen Bewässerung in den Steillagen sowie Junganlagen, habe dazu auch eine individuell angepasste Bodenbearbeitung sowie eine aufwendige Pflege der Laubwand gehört. Das Staatsweingut verweist darauf, dass der Durchschnittsertrag in Sachsen bei lediglich 47 Hektoliter je Hektar liege. Deutschlandweit ernten die Winzer durchschnittlich beinahe doppelt so viele Trauben pro Hektar.
Gesunde Trauben wandern in den Keller
Der kleine Weinbau „8 Zeilen“ von Winzer Ronny Koch in Diera-Zehren beendet am Wochenende die Ernte mit Spätburgunder und Traminer. „Das Traubengewicht ist deutlich geringer dieses Jahr, was der langen Trockenheit geschuldet ist. Daraus resultierend ist hoffentlich der Extraktgehalt auch deutlich konzentrierter“, so der Winzer. Dünnschalige und kompakte Rebsorten hatten besonders unter Hitze und Trockenheit zu leiden. „Pilzkrankenheiten waren bis auf den kleinen Wetterabschnitt innerhalb der Blüte nicht weiter relevant“, so Koch. „Eine ordentliche letzte Vorblüte- und eine gute Nachblütespritzung“ hätten gesunde Trauben gebracht. Koch ist angestellter Winzer und bewirtschaftet im Nebenerwerb noch vier Weinberge mit einer Gesamtfläche von 7500 Quadratmetern. Er erinnert sich, dass zu Beginn seiner Lehre 1996 Riesling noch Anfang bis Mitte November in Sachsen geerntet wurde. Der Klimawandel verschiebt diesen Termin kontinuierlich nach vorn. So früh, wie in diesem Jahr, sei es aber noch nie gewesen.
Standort hat großen Einfluss
Der einzige Bio-Betrieb im Anbaugebiet, das Radebeuler Stadtweingut Hoflößnitz, will Ende der Woche mit Riesling und Souvignier Gris die Lese beenden. Die Qualitäten seien zufriedenstellend bis sehr gut. Von der Solaris habe man Auslesequalität in den Keller holen können, hieß es aus der Geschäftsführung. Da Ansäuerung erlaubt ist, kann dies im Bedarfsfall angewendet werden. Um UTA – also untypische Alterungsnoten - vorzubeugen, werde „der Most bedarfsentsprechend mit zugelassenen Bio- Hefenährstoffen versorgt“. Die Gesamtmenge nach dem regenarmen Sommer liege etwa zehn Prozent unter den Planungen der Hoflößnitz. Hitze und Trockenheit sei vor allem auf sandigen Böden eine Herausforderung für die Reben gewesen. Neue pilzwiderstandsfähige Sorten, die auf 50 Prozent der 11,5 Hektar stehen, seien gegen Trockenstress nicht robuster als althergebrachte Rebsorten. Es liege stets am Standort.
Doch keine Cool Climate-Weine mehr?
Von Cool Climate-Weinen, die durch heiße Sommertage und kühle Nächte geprägt werden, sprechen die Sachsenwinzer aktuell nicht. Dabei sollten Weine von der Elbe künftig eigentlich unter diesem Label vermarktet werden, so hatte es sich zumindest der Winzerberater, Weinbarbetreiber und Master of Wine Janek Schumann aus Freiberg ausgemalt und bei diversen Veranstaltungen propagiert. Der Weinbauverband hatte dies urspünglich als Argument für Sachsenwein übernommen.
Sachsens größter Weinproduzent, die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen, ließ mehrere Anfragen zum Stand der Weinlese unbeantwortet.
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