Herbizideinsatz, Frostschäden und Pflanzenschutz
Aufgrund der eingetretenen Spätfröste bietet sich ein sehr uneinheitliches Bild. Während erste Hausreben bereits die Blüte ankündigen sind die Frostlagen deutlich ausgebremst oder wieder ganz auf Anfang gesetzt worden. Der weitere Temperaturanstieg wird die Vegetation in der kommenden Zeit wieder beschleunigen. Außerdem wird aus aktuellem Anlass noch einmal auf den sachgemäßen Einsatz von Herbiziden hingewiesen. Im eigenen Interesse sollte dieser auf ein Mindestmaß zu reduziert werden.
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Aus aktuellem Anlass:
Es erreichen uns aktuell zahlreiche Anzeigen wegen unsachgemäßem Herbizideinsatz. Natürlich sind auch technische Probleme nicht auszuschließen, aber viele Probleme sind hausgemacht und unnötig! Unsachgemäßer Einsatz schadet dem Weinbau und auch dem ganzen chemischen Pflanzenschutz. Daher der dringende Appell, im eigenen Interesse den Herbizideinsatz auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Hierzu gehört ein möglichst schmales Behandlungsband und das rechtzeitige Ausschalten am Anker. Wegränder, Vorgewende und Böschungen dürfen nicht behandelt werden. Bei Verstößen gegen das Pflanzenschutzgesetz können Bußgelder verhängt werden. Bitte beachten sie, dass aktuell sehr viele Wanderer und Radfahrer in den Weinbergen unterwegs sind. Soziale Netzwerke haben ein sehr großes Verbreitungspotential in kürzester Zeit. Solche Fehlandwendungen befeuern zusätzlich die Glyphosatdiskussion.
Allgemeine Situation
Der weitere Temperaturanstieg wird die Vegetation wieder beschleunigen. Aufgrund des Frostereignisses bietet sich ein sehr uneinheitliches Bild. Während erste Hausreben bereits die Blüte ankündigen sind die Frostlagen deutlich ausgebremst oder wieder ganz auf Anfang gesetzt worden. Ein erstes „drücken“ aus Blattachseln bei frostgeschädigten Trieben ist zu beobachten. Besonderes Augenmerk liegt auf den Gescheinen in frostgeschädigten Anlagen. Hier sind alle Varianten zu beobachten. Bei einem komplett verbräunten Geschein, ist kein Ertrag mehr zu erwarten. Gescheine mit nur partieller Verbräunung oder mit Gelbverfärbungen haben mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls einen Zellschaden genommen mit eher schlechter Zukunftsprognose. Bei Gescheinen, die bis jetzt noch grün sind, hier besteht gute Überlebenschancen.
Für die Wasserversorgung wichtige Niederschläge sind in der aktuellen Wetterprognose nur wenig gelmeldet. Örtlich kann es zu Niederschlägen kommen. Die trockenen Bedingungen waren zumindest aus Peronosporasicht bisher günstig und ermöglichten einen Saisonstart mit geringem Infektionsdruck. Ölflecken wurden erwartungsgemäß noch nicht gemeldet. Für Mehltau sind die Bedingungen gut und es wurden auch weiterhin Zeigertriebe (Lemberger) gemeldet. Werden bei Laubarbeiten Zeigertriebe gefunden, sollten diese aus der Anlage entfernen werden. Bitte weiterhin der Weinbauberatung melden.
In frostfreien Rebflächen ist es nun Zeit für erste Heftarbeiten. In sehr weit fortgeschrittene Sorten und Lagen winken die ersten Triebe am obersten Draht.
In Anlagen, bei denen die Frostschäden durch die Frostrute ausgeglichen werden konnten, sollten erfrorene Triebe entfernt werden. Dadurch wird verhindert, dass Beiaugen oder Geize austreiben, welche zu Verdichtungen in der Laubwand führen. Abgestorbene Blätter und Triebe im Verlauf der nächsten Wochen aus der Traubenzone entfernen, falls dies nicht automatisch durch Schwerkraft, Wind, Regen oder Bewirtschaftung (Pflanzenschutz) geschieht.
Weinberge mit Teilschäden in denen noch Ertrag zu erwarten ist:
Aus arbeitswirtschaftlicher und pflanzenphysiologischer Sicht ist kein unnötiger Aktionismus notwendig.
- Pflanzenschutz wie geplant weiterführen.
- Im Zweifelsfall noch abwarten, wie sich bei den wärmeren Temperaturen die teilweise erfrorenen Triebe entwickeln.
- Durch die fehlende Triebspitze werden sich verstärkt Geiztriebe entwickeln. Diese müssen zu gegebener Zeit reguliert werden, um Verdichtungen zu verhindern. Zeitsparend dann auch maschinell möglich.
- Ziel geeignetes Fruchtholz für das nächste Jahr: Bei ausreichend Arbeitskapazität kann jetzt(bzw. nach dem Anschieben der Geiztriebe), die für das kommende Jahr vorgesehenen Fruchtruten, bis zum ersten basalen Geiztrieb zurückgeschnitten werden.
- Es ist mit einem sehr starken Austrieb im Kopfbereich zu rechnen. Bei den anstehenden Ausbrecharbeiten ist zu berücksichtigen, dass die vorgesehene Fruchtrute (Geiztrieb oder Wasserschoss) für den Rebschnitt im kommenden Winter jetzt im Sommer möglichst gut belichtet aufwachsen kann, damit die sich im Juni/Juli bildenden Knospen fruchtbar sind und im nächsten Jahr auch Trauben tragen. Im mittleren und vorderen Bereich der Bogrebe muss nicht regulierend eingegriffen werden, falls keine Trauben vorhanden sind.
- Komplettentfernung der teilgeschädigten Triebe wird nicht empfohlen.
- Das Provozieren von Geiztriebtrauben an Geiztrieben durch „Stummelschnitt“ im basalen Bereich der teilerfrorenen Triebe ist ebenfalls wenig erfolgversprechend.
- Allgemein ist damit zu rechnen, dass sich sowohl über Neuaustriebe und/oder Geiztriebtrauben mitunter nochmals ein gewisser Zusatzertrag entwickeln kann.
Total geschädigte Anlagen:
- In Anlagen ohne aktives Grün kann aus Kostengründen der Pflanzenschutz ausgesetzt werden. Wenn neuer Austrieb sichtbar ist, werden diese Anlagen mit den übrigen Weinbergen mitbehandelt.
- In total geschädigten Anlagen ist zu erwarten, dass sich die Rebe aus schlafenden Augen im Altholzbereich, wieder begrünt.
- Bei den in zwei bis drei Wochen anstehenden Ausbrecharbeiten ist dann auch hier auf gute Belichtung der vorgesehenen Fruchtruten zu achten.
- Das Komplettentfernen geschädigter Triebe oder auch das teilweise entfernen der Bogrebe wird nicht empfohlen.
- Keine Düngung und keine Bodenbearbeitungsmaßnahmen, um nicht unnötig ein zu „mastes“ Triebwachstum zu provozieren.
- Beim Stammputzen erstmal abwarten, ob die frostgeschädigten Stammaustriebe komplett verdorren. Falls ein grüner Stummel übrig bleibt, diesen „Behandeln“.
- Bereits abgeschlossene Hagelversicherungen überprüfen
Junganlagen mit Frostschaden:
- Es ist zu erwarten, dass in Junganlagen im ersten Pflanzjahr aus der Veredlungsstelle ein Wiederaustrieb erfolgt. Bei 2-jährigen kann durch den Rückschnitt auf basale Geiztriebe das Wachstum des Zielholzes gefördert werden. Wenn im oberen Bereich des Stämmchens kein Austrieb mehr erfolgt, muss von der Veredlungsstelle ein neuer Stamm hochgezogen werden.
Pflanzenschutz
Peronospora:
Die Inkubationszeit der möglichen Primärinfektion vom vergangenen Montag läuft zum Feiertag Christi Himmelfahrt hin ab. Das bedeutet, dass ab dann erste Ölflecken sichtbar sein können. Diese bitte der Weinbauberatung melden. Zur Peronosporabekämpfung sollte nach Ablauf der Inkubtionszeit aber spätestens vor den nächsten Niederschlägen eine Behandlung gesetzt werden. Hierbei werden Kontaktfungizide (Folpan 500SC, Folpan 80 WDG, Delan WG, Polyram WG oder Dithane Vino WG) empfohlen. Einen Zuwachsschutz bieten Mittel mit phosphoriger Säure (z.B. Delan
Pro oder Veriphos in Verb. mit Kontaktfungizid) oder das Mittel Profiler (max. 1-maliger Einsatz bis Schrotkorngröße empfohlen). Da aktuell noch kein Infektionsdruck vorhanden ist und keine unbeständige Wetterlage gemeldet wurde, kann auch darauf verzichtet werden.
Oidium:
Das Risiko für Oidiuminfektionen steigt nun in den nächsten Tagen an. Der Spritzabstand richtet sich nach dem eingesetzten Mittel. Beim Einsatz von Netzschwefel sollte der Belag nach ca. 8 Tagen erneuert werden. Wer bei der letzten Behandlung ein organisches Mehltaumittel beigemischt hatte, kann mit einer Wirkungsdauer von 12-13 Tagen rechnen. Bei anstehenden Behandlungen wird der Einsatz eines organischen Fungizides (z.B. „Vivando, Talendo, Dynali oder Prosper TEC“) empfohlen. Zum Einsatz des Mittels „Vivando“ beachten sie bitte den Hinweis im letzten Rundschreiben (Internet: https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite).
Sonstiges und Mittelmenge
- Bei den aktuell anstehenden Behandlungen ist je nach Wüchsigkeit der Anlage der 1,5- bis 2-fache Basisaufwand zur Berechnung der Mittelmenge anzuwenden.
- Bei Anzeichen von Chlorose kann bis zur Blüte ein Eisenchelat-haltiger Dünger zum Einsatz kommen. Bezüglich der Mischbarkeit bitte die Hinweise der Hersteller beachten. Leichte Chlorose verliert sich erfahrungsgemäß nach der Blüte wieder von selbst.
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