Frostschäden zeigen Ausmaß
Die Frostschäden vom 12. Mai fallen je nach Gemarkung ganz unterschiedlich aus. Von nahezu komplett gesund bis zu massivsten Schäden ist alles vorhanden. Tendenziell steigen die Schäden mit zunehmender Entfernung vom Neckartal. Das Ausmaß zeigt sich zunehmend deutlich durch Verbräunung von Trieben, Blättern und Gescheinen. In nicht geschädigten Anlagen sind die Reben in ihrer Entwicklung sehr weit. Die Blüte steht vielfach unmittelbar bevor. In Terrassenlagen wurde bereits von verblühten Gescheinen berichtet. Aber auch in warmen Direktzuglagen sind erste blühende Beerchen zu sehen. Es wird in den nächsten Tagen zunehmend wieder wärmer, so dass die Reben großteils über Pfingsten und in der ersten Juniwoche blühen können.
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Allgemeine Situation
Das Ausmaß der Frostschäden vom 12. Mai zeigt sich zunehmend deutlich durch Verbräunung von Trieben, Blättern und Gescheinen. Es gibt gravierende Unterschiede je nach Gemarkung von nahezu komplett gesund bis zu massivsten Schäden. Tendenziell steigen die Schäden mit zunehmender Entfernung vom Neckartal. Dann sind noch kleinklimatische Unterschiede zu sehen, je nach Zeitpunkt der Nebelbildung in dieser Nacht oder je nachdem, wie die Kaltluft in tiefere Bereiche abfließen konnte. Stark erfrorene Weinberge brauchen zur beginnenden Wiederbegrünung 2-3 Wochen. Mittlerweile regt sich fast an allen Stöcken etwas, seien es Geiztriebe oder auch Austriebe von schlafenden Augen aus dem Altholz. Weinberge ohne nennenswerte Ertragsaussichten können sehr extensiv bewirtschaftet werden. Ziel ist, ohne hohen Kosten– und Arbeitsaufwand ausgereifte Fruchtruten für den Anschnitt im nächsten Winter zu erhalten. Geiztriebe sind als Fruchtruten ebenso geeignet wie Wasserschosse aus dem Altholz. Wenn die benötigten Fruchtruten im Drahtrahmen gesichert sind, können die folgenden Laubarbeiten vollständig durch den Laubschneider erfolgen. Wo Teilschädigungen vorliegen und noch „lebendige“ Trauben vorhanden sind, wird „normaler“ Pflanzenschutz empfohlen. Hier wird sich aber durch Geiztriebbildung eine sehr dichte Traubenzone entwickeln. Diese Verdichtungszone kann nach der Blüte zu gegebener Zeit Arbeitszeit sparend mit einem Entlaubungsgerät aufgelockert werden. Ausgeizen von Hand ist extrem arbeitsintensiv.
In nicht geschädigten Anlagen sind die Reben in ihrer Entwicklung sehr weit. Die Blüte steht vielfach unmittelbar bevor. In Terrassenlagen wurde bereits von verblühten Gescheinen berichtet. Aber auch in warmen Direktzuglagen sind erste blühende Beerchen zu sehen. Es wird in den nächsten Tagen zunehmend wieder wärmer, so dass die Reben großteils über Pfingsten und in der ersten Juniwoche blühen können.
Gerade aber wegen frost- und teilfrostgeschädigter Weinberge wird sich die Entwicklung der Reben in den entsprechenden Gebieten sehr weit auseinander spreizen. Dies wird vermutlich auch Einfluss auf den Reifefortschritt im Herbst haben.
Anomalien im Wuchsverhalten
Seit einigen Tagen erreichen uns vermehrt Meldungen über deformierte Blättchen im oberen Drittel der Triebe. Betroffen sind oft Burgunderanlagen und verstärkt Schwarzriesling, aber auch andere Sorten. Die Blättchen sind löffelartig nach unten gekrümmt. Die Ursache liegt sehr wahrscheinlich in den sehr kühlen Nachttemperaturen von Montag, 11. auf Dienstag 12. Mai, ohne dass es hier zu den bekannten stärkeren Frostschäden kam. Wenn einzelne Zellen einen unsichtbaren Frostschock erleiden genügt es schon, dass sich die Blätter bei weiterem Größenzuwachs „verbiegen“. Das Phänomen war in Vorjahren hin und wieder auch schon zu beobachten. Die Triebspitzen sind noch aktiv und der Spuk wird sich verwachsen. Abtrift von Herbiziden ist auszuschließen, wenn diese Flächen nicht unmittelbar an Ackerflächen angrenzen.
Pflanzenschutz
Wenn es logistisch sinnvoll und möglich ist, total geschädigte Weinberge separat zu behandeln, kann hier ein Minimalprogramm Pflanzenschutz gefahren werden. Kontaktfungizde und Netzschwefel sind ab beginnender Wiederbegrünung erst einmal ausreichend. Schwerpunkt liegt hier bei der Peronosporabekämpfung, damit ausreichend aktives Laub zur Holzausreife vorhanden ist.
Auf Grund des fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums in allen Trauben tragenden Weinbergen ist momentan das Augenmerk auf eine optimale Oidiumbekämpfung zu legen.
Oidium
Zeigertriebe wurden in den vergangenen drei Wochen vermehrt gemeldet, was bedeutet, dass mit dem Vorhandensein von Sporenmaterial gerechnet werden muss. Die Gescheine bzw. frisch verblühten Trauben befinden sich in den nächsten 3-4 Wochen in einer sehr kritischen und empfindlichen Phase. Für die Terminierung der Behandlungen ist deshalb zur Zeit Oidium die Leitkrankheit. Spritzungen bis zur Blüte erfolgen mit den Mitteln Vivando (Hinweise weiter unten beachten), Talendo, Dynali oder Prosper Tec. Je nach verwendetem Mittel sind die Spritzabstände anzupassen.
Tipp: Wer in den vergangenen Jahren immer mal wieder Probleme mit Oidiumbefall hatte, möglicherweise auch nur in bestimmten Weinbergen, sollte bei der Spritzung in die abgehende Blüte speziell in diesen Weinbergen dringend jede Gasse befahren. Gleichzeitig wird für diese Spritzung empfohlen, eines der drei sehr wirksamen Produkte Luna Experience, Luna Max oder Sercadis zu verwenden. Diese applikationstechnisch optimierte Behandlung zusammen mit einem der genannten Mittel sollte als wesentliche Grundlage zur Verhinderung von Traubeninfektionen gesehen werden. Zur Abwechslung der Mittel hinsichtlich der Resistenzvorsorge sollte auf die empfohlene Oidiumstrategie geachtet werden. Damit die Wirkung der Mittel über Jahre hinweg erhalten bleibt wird empfohlen, diese Präparate mit dem Resistenzbuchstaben „L“ einmalig anzuwenden. Wer dennoch einen zweiten Einsatz plant, muss zwanghaft dazwischen eine andere Gruppe wählen. Bitte unbedingt beachten, dass auch „Collis“ und das Botrytismittel „Cantus“ zur Resistenzgruppe „L“ gehört und nur entsprechend den genannten Resistenzvorgaben angewendet werden dürfen. D.h. im Grunde, wer eines der Luna-Mittel oder Sercadis verwendet, sollte auf die anderen Produkte im weiteren Jahresverlauf möglichst verzichten.
Folgende Info wird wegen der Dringlichkeit nochmal wiederholt:
Im Rahmen des Resistenzmonitorings 2019 wurden im Anbaugebiet Württemberg einzelne angepasste Stämme des Oidiumpilzes gegenüber dem Wirkstoff Metrafenone (Vivando) gefunden. Das Ergebnis ist einjährig und unterliegt keiner mehrjährigen Entwicklung. Es sollte deshalb nicht überbewertet werden. Die Wirkstoffgruppe K, zu der neben Metrafenone auch Pyriofenone (Kusabi) gehört, soll langfristig für die Oidiumstrategie erhalten bleiben. Deshalb wird vorsorglich für die Saison 2020 der Einsatz der Wirkstoffgruppe K mit nur einer Anwendung empfohlen. Diese sollte vorzugsweise außerhalb des Mehltaufensters liegen.
Peronospora
Bisher wurde noch kein Ölfleck gemeldet, was angesichts der wenigen Niederschlagsereignisse in diesem Frühjahr auch nicht verwunderlich ist. Dementsprechend und auch angesichts der wenig kritischen Wetteraussichten hinsichtlich Peronospora kann mit Kontaktfungiziden weiter behandelt werden. Wenn bei Mittel- oder Langfristprognosen Gewitter gemeldet sind, kann in der kritischen Blütezeit ein Mittel mit systemischer Komponente (z.B. Profiler, Veriphos + Kontaktmittel, Delan Pro oder Zorvec Zelavin Bria) zusätzlichen Schutz bringen. Bei stärkerem Perodruck kämen auch Mittel mit tiefenwirksamer Funktion zum Einsatz.
Vorbeugender Schutz vor Botrytis, Trauben- und Essigfäule
Weinbauliche Verfahren stehen grundsätzlich im Vordergrund, um Befall durch Botrytis und Essigfäule im Herbst vorzubeugen. Dazu gehören lockere Traubenzone durch moderate „Entblätterung“ unmittelbar nach der Blüte, keine Stickstoffdüngung nach der Blüte und möglichst Verzicht von öffnender Bodenbearbeitung. Ergänzt werden kann die Vorbeugestrategie durch die Anwendung von Biowachstumsregulatoren. Es fällt schwer, angesichts der Frostschäden in diesem Jahr von provozierter Verrieslung durch Biowachstumsregulatoren zu sprechen. Da die betrieblichen Verhältnisse jedoch sehr unterschiedlich sind, wird dennoch darauf hingewiesen!
Bei zügiger Blüte und wüchsigen Bedingungen kann eine gute Befruchtungsrate erwartet werden. Dann ist die Gefahr kompakter Trauben groß. Kompakte Trauben sind sehr anfällig für Fäulnis. Deshalb sollte überlegt werden, ob gefährdete Sorten und Anlagen in der Vollblüte mit einem Biowachstumsregulator (Gibb 3, Berelex oder Regalis Plus) behandelt und etwas zum „Verrieseln“ angeregt werden. Gibb 3 oder Berelex werden vornehmlich bei kompakten Burgundersorten empfohlen. Regalis vornehmlich bei Riesling, geht aber auch bei anderen Sorten. Das Anwendungsfenster aller Präparate ist Vollblüte (d.h. 30 - 50 Prozent abgeworfener Käppchen, besser früher als zu spät). Eine genaue Beobachtung der Bestände zur Festlegung des Termins ist unerlässlich. Bei schwachwüchsigen und gestressten Anlagen sollten keine Biowachstumsregulatoren eingesetzt werden. Bitte beachten Sie die genauen Anwendungsempfehlungen in den Gebrauchsanleitungen der Hersteller.
Umstrukturierung
Ab Juni beginnen die Kontrollen zur Umstrukturierung. Nach der Pflanzung oder nach der Installation von Tropfbewässerungsleitungen müssen die jeweiligen Rechnungen beim Landwirtschaftsamt eingereicht werden. Letzter Termin ist der 15. Juli. Mit der Einreichung der Rechnung wird die Kontrolle der Flächen ausgelöst und damit die Voraussetzung für eine zügige Auszahlung der Fördermittel geschaffen. Alle Flächen mit höherem Förderbetrag als die Flachflächen (bis 30 Prozent Hangneigung) müssen bereits beim Einreichen der Rechnungen mit Draht und Endstickel versehen werden. Beachten Sie dazu bitte das Ihnen im März/April zugegangene Info-Schreiben zur Umstrukturierung. Alternativ genügt auch das Schlagen aller Zwischenstickel, ohne dann einen Draht installieren zu müssen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, bei Pflanzenschutzarbeiten mit dem Rückenbutten quer am Hang zu laufen.
Vor Einreichung von Rechnungen zur Umstrukturierung ist immer zu prüfen, ob sich beantragte Flächenangaben geändert haben. Sanktionsrelevant sind Flächenänderungen nur, wenn die beantragte Fläche mehr als 20 Prozent im Vergleich zur tatsächlichen Pflanzfläche beträgt. Kleinere Abweichungen werden im Rahmen der Kontrollen automatisch korrigiert. Änderungen sind schriftlich vor Einreichen der Rechnung bzw. vor Kontrolle der Fläche über den Sachbearbeiter beim Amt zu melden.
Sonstiges
- Die Mittelmenge berechnet sich aktuell mit der 2 bis 3-fachen Basisaufwandmenge, je nach Entwicklungsstand der Rebanlage. Für erste Behandlungen bei vollständig frostgeschädigten Anlagen genügt die 1-fache Basisaufwandmenge.
- Das alternierende (jede zweite Gasse) Walzen oder Mulchen fördert die Biodiversität (Artenvielfalt) und das optische Erscheinungsbild der Weinberge. Es gibt sehenswerte Beispiele in der Weinlandschaft.
- Vor Gewitterniederschlägen muss an Erosionsschutz gedacht werden. Dies gilt ganz speziell für Junganlagen! Etablierte Begrünung in Ertragsanlagen verhindert sehr zuverlässig Erosion. Deshalb ist jede Bodenöffnung im Hangbereich zu hinterfragen.
- Wenn jetzt nach dem Frost Weinberge vorgezogen gerodet wurden, muss daran gedacht werden, eine etwaige Pheromonbeantragung abzumelden. Im Zweifel bitte den/die Sachbearbeiter/in vom Gemeinsamen Antrag fragen.
- Bestimmungen zum Anwenderschutz rücken zunehmend in den Focus. Auf dem Betrieb sollten daher entsprechende Schutzausrüstungen, wie sie auch auf den Gebrauchshinweisen der Mittel stehen, vorhanden sein. Bei Neuanschaffungen sollte auf zertifizierte Schutzkleidung geachtet werden. Dazu veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) regelmäßig eine Liste mit den dort bekannten Bezugsquellen: Die BVL PSA-Datensammlung ist in folgende Elemente untergliedert: Schutzanzüge (Mehrweg- / Einweg-), zertifizierte Arbeitskleidung, Ärmelschürzen, Handschuhe (Mehrweg / Einweg).
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