Auswirkungen von Corona auf die deutsche Weinbranche
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Rund 70 Interessierte nahmen an der zweistündigen Auftaktveranstaltung der Online-Seminar Reihe des BDO (Bund Deutscher Oenologen e. V.) am 18. Juni 2020 teil, welche vom Präsidenten des BDO, Prof. Dr. Erik Schweickert, eröffnet und von der Campus Geisenheim GmbH organisiert wurde. Die Leiterin des Instituts für Wein- und Getränkewirtschaft an der Hochschule Geisenheim, Prof. Dr. Simone Loose, tauschte sich mit ihren Gästen über die aktuelle Situation und den Umgang mit der Corona-Pandemie aus. Als Auftakt ging sie auf die Ergebnisse der quartalsweisen Konjunkturbefragung ihres Instituts ein. Diese befragte im April schwerpunktmäßig bereits erfahrene und erwartete Auswirkungen der Corona-Pandemie, woran sich innerhalb nur weniger Tage 844 Weingüter, Genossenschaften und Kellereien beteiligten.
Umgang mit der Corona-Pandemie in der Praxis
Im Rahmen des Online-Seminars erläuterten Dirk Würtz vom St. Antony Weingut GmbH & Co. KG in Nierstein, Theresa Breuer vom Weingut Georg Breuer in Rüdesheim am Rhein, sowie Marian Kopp, Geschäftsführender Vorstand der Lauffener Weingärtner eG, offen ihre anfänglichen Ängste und Reaktionen auf die Pandemie. Sie gingen ganz konkret auf die Folgen der Verschiebung der Absatzkanäle durch die Kontaktbeschränkung auf ihren Betrieb ein. Im Fokus standen dabei die Auswirkungen auf die Gastronomie, die Exporteinbußen und der Boom des Onlinegeschäfts. Kopp brachte seine Erfahrungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel ein, der nach Meinung aller Beteiligten als Gewinner aus der Situation herausgehen wird.
Die bevorstehende temporäre Senkung der Mehrwertsteuer wird laut Würtz äußerst kritisch gesehen und nicht zu einem Mehrkonsum führen, aber das Problem eines Preisverfalles mit sich ziehen, mit dem die Branche viele Jahre zu kämpfen haben wird. Liquiditätsengpässe der Betriebe, oft aufgrund nicht vorhandener Reserven und fehlender ökonomischer Ausrichtung, wurden ausführlich diskutiert. Die Branche steht vor einem Strukturbruch. „Große werden größer, Kleine werden abnehmen. Das trifft nicht nur Winzerbetriebe sondern auch den Fachhandel. Wir werden enorme Konzentrationen erleben“, so Würtz. Er sieht jetzt die Chance, um auf Winzerseite Absatzallianzen zu bilden. „Wacht auf! Tut euch zusammen, vermarktet gemeinsam“, regt Würtz an. Breuer, welche die Zeit des Lockdowns nutzte, den Privatkundenkontakt zu intensivieren, betont dagegen, dass es gerade jetzt nötig sei, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Den Strukturwandel sieht sie als Chance, für einen Neubeginn. „Rüdesheim muss sich gerade neu erfinden.“ Es seien am Wochenende viele Gäste vor Ort. Aber es sind eben nicht wie früher internationale Gäste, die sich auf Durchreise befinden, sondern es ist ein junges, anspruchsvoll, qualitätsbewusstes und nationales Publikum. Trotz Aufhebung der Reisewarnung sieht Kopp künftig viele Reisende in den Weinbauregionen: „Der deutsche Wein hat etwas davon, wenn die Leute zuhause bleiben“. An das Thema Weintourismus wird auch das nächste Online-Seminar des BDO im Juli anknüpfen.
An dieser Stelle möchten wir uns bei Evelyn Pabst für die Moderation des Chats und Woody Herner von der Filmagentur Rheingau für die technische Durchführung bedanken.
Haben Sie Interesse an der Aufzeichnung des Online-Seminars? Dann können Sie hier einen Zugang erwerben.
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