Säuerung zugelassen
Für den Jahrgang 2020 steht eine extrem frühe Lese bei hohen Temperaturen gepaart mit niedrigen Säuregehalten und hohen pH-Werten bevor. Daher wurde nun die Säuerung des Jahrgangs 2020 von den Behörden zugelassen.
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Hohe Temperaturen beschleunigen den Säureabbau stärker als die Zuckerbildung und verschiedene Faktoren, die man als physiologische Reife zusammenfasst. Deshalb muss man bei der Wahl des Lesetermins niedrige Säurewerte in Kauf nehmen. Die damit verbundenen hohen pH-Werte in Maische und Most erhöhen stark das Risiko, dass sich unerwünschte Mikroorganismen vermehren und dadurch die spätere Weinqualität negativ beeinflussen.
Gemäß § 25 der Weinrechts-Durchführungsverordnung Baden-Württemberg darf in Jahren mit außergewöhnlichem Witterungsverlauf die Säuerung von frischen Weintrauben, Traubenmost, teilweise gegorenem Traubenmost, Jungwein und Wein nach Maßgabe des Anhangs VIII Teil I Abschnitt C Nummer 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgenommen werden. Diese wurde vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz für den Jahrgang 2020 zugelassen.
Was ist zu beachten?
Bei Trauben (auch gemaischt), Most, gärendem Most und Jungwein darf die Säuerung bis zu einer Höchstmenge von 1,50 g je Liter, berechnet als Weinsäure, durchgeführt werden, bei Wein bis 2,50 g je Liter. Die Säuerung, welche auch in mehreren Arbeitsgängen erfol-gen kann, ist mit L-Weinsäure, L- oder DL-Äpfelsäure sowie mit Milchsäure zulässig. DL-Weinsäure oder Metaweinsäure sind hierfür nicht erlaubt. Die Weinsäure muss aus Weinbauerzeugnissen gewonnen worden sein. Möglich ist die Säuerung auch mittels Elektrodialyse oder Kationenaustauschern unter den dafür festgelegten Bedingungen. Davon abweichend dürfen Öko-/Bio-Erzeugnisse nur mit L-Weinsäure und Milchsäure gesäuert werden.
Zu beachten ist, dass Säuerung und Anreicherung sowie Säuerung und Entsäuerung „ein und desselben Erzeugnisses“ einander ausschließen. Da jedoch Trauben, Most, gärender Most und Wein jeweils als verschiedene Erzeugnisse gelten, ist es beispielsweise möglich, die Säuerung im Most-/Maische-Stadium vorzunehmen und die Anreicherung nach Gärbeginn. Wenn die Anreicherung bereits im Most-/Maische-Stadium erfolgt, darf umgekehrt die Säuerung erst später erfolgen.
Zu beachten ist ferner, dass die Säuerung nur in der Weinbauzone erfolgen darf, in der die Trauben geerntet worden sind. Die Säuerung von Wein darf überdies nur in dem Betrieb erfolgen, in dem die Weinbereitung stattgefunden hat.
Die Säuerung ist in die Weinbuchführung und ggf. in das Begleitdokument einzutragen. Betriebe, die Erzeugnisse des Jahrgangs 2020 säuern, müssen dies spätestens am 2. Tag nach Abschluss der ersten Maßnahme – möglichst aber vorab – pauschal melden. Wenn die Säuerung 2020 bereits gemeldet worden ist, entfällt eine nochmalige Meldung.
Erst messen dann säuern
Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg empfiehlt, zunächst das betreffende Erzeugnis zu analysieren. Bei Lesegut mit pH-Werten über 3,4 sollte die Säuerung aus Gründen der mikrobiellen Stabilität bereits im Most-/Maische-Stadium vorgenommen werden. Bei Zugabe der erlaubten 1,50 g/l (berechnet als Weinsäure) ist mit einer Senkung des pH-Wertes um 0,2 bis 0,3 Einheiten zu rechnen, wenn man Weinsäure verwendet. Milch- und Äpfelsäure führen zu einer geringeren pH-Absenkung. Falls erforderlich, kann im Weinstadium erneut eine Säurekorrektur mit bis zu 2,50 g/l (berechnet als Weinsäure) erfolgen. Es wird aber empfohlen, bei der Säuerung von Wein zurückhaltend vorzugehen und Vorversuche zu machen, oftmals reicht hier bereits eine Gabe von beispielsweise 0,5 g/l.
Die zulässige Säuerung um 1,5 bzw. 2,5 g/l (berechnet als Weinsäure) entspricht bei Verwendung von Weinsäure selbst ebenfalls 1,5 und 2,5 g/l. Wenn Äpfel- oder Milchsäure eingesetzt werden, muss entsprechend umgrechnet werden. Infos dazu finden Sie in Rebe & Wein 08/2020 ab Seite 28 oder hier im Netz Säuremangement Herbst 2020 – Den richtigen Level finden):
Auf folgende Besonderheiten der einzelnen Säuren wird hingewiesen:
Weinsäure
Weinsäure ergibt die größte pH-Absenkung und bietet sich daher insbesondere für Most etc. an. Allerdings führt sie zu einem mehr oder weniger starken Weinsteinausfall, verbun-den mit einer Abnahme der Gesamtsäure sowie des Kaliumgehalts und somit des Extrakt-Werts, der pH-Wert ändert sich dabei jedoch nicht. Bei Weinsäure ist die Erhöhung der Gesamtsäure deshalb nicht genau vorhersagbar. Wird sie im Weinstadium verwendet, sollte vor der Füllung auf ausreichende Weinsteinstabilität geachtet werden.
Äpfelsäure
Im Wein kommt von Natur aus nur L-Äpfelsäure vor. Für die Säuerung hat man die Wahl zwischen reiner L-Äpfelsäure und DL-Äpfelsäure, die je zur Hälfte aus D- und L-Äpfelsäure besteht. Im Falle eines Biologischen Säureabbaus wird die L-Form in üblicher Weise zu Milchsäure verstoffwechselt, die D-Form wird hingegen nicht abgebaut. Zu bedenken ist auch, dass nach Zugabe zu Wein eine erneute mikrobielle Instabilität gegeben sein kann.
Milchsäure
Milchsäure ist kristallin nicht erhältlich, handelsüblich ist sie in Form einer gut dosierbaren 80-prozentigen Lösung. Sie führt nicht zu Weinsteinausfall und ist mikrobiell stabil, weshalb sie sich vor allem für die Säuerung von Wein anbietet. Bei Einsatz in einem früheren Stadium wird ein eventuell nachfolgender Biologischer Säureabbau gehemmt. Zu beachten ist ferner, dass Milchsäure zu sieben bis acht Prozent gebunden vorliegt und die Freisetzung dieses Anteils bei Raumtemperatur einige Stunden dauern kann, bei Kellertemperatur bis zu einigen Tagen. Der gewünschte Säuerungseffekt (Gesamtsäure, pH-Wert) des Erzeugnisses stellt sich daher erst nach dieser Zeit in vollem Ausmaß ein.
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