Reben wachsen gemächlich
Reben lieben Wärme. Das zeigt sich in diesem Jahr besonders durch das gehemmte Wachstum aufgrund des kühlen Frühjahrs. Mit dem eintägigen Sommereinbruch am Muttertag konnten die Reben kurz Gas geben, was danach aber gleich durch das mäßig warme Wetter gebremst wurde. Auch weiterhin sind keine Sommertemperaturen zu erwarten, weshalb die Reben in gemächlichem Tempo weiterwachsen. Aber immerhin fallen die Temperaturen auch nicht mehr in den kritischen Frostbereich.
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Allgemeine Situation
Die Rebe ist eine wärmeliebende Kulturpflanze. Dies zeigt sich in diesem Frühjahr 2021 angesichts des ungewöhnlichgehemmten Wachstumsfortschritts wieder einmal überdeutlich. Menschen und Reben, wie auch die gesamte Natur, sehnen sich nach Wärme und Normalität. Der Vegetationsstand in den Weinbergen reicht aktuell von Austrieb in unteren Lagen bis zum 5 Blattstadium in geschützten und warmen Lagen. Diese Unterschiede sind im Frühjahr nicht ungewöhnlich. Unterbrochen durch den eintägigen Sommereinbruch am Muttertags-Sonntag bleibt es zunächst nur mäßig warm. Die Reben werden sich damit eher im gemächlicheren Tempo weiter entwickeln.
So langsam können dann auch die nachösterlichen Frostschäden besser ermittelt und, sofern ertragsrelevant und versichert, an die Versicherung gemeldet werden. Die mittelfristige Wettervorsage zeigt keine Temperaturen mehr im kritischen Frostbereich. Damit können dort, wo keine oder kaum Frostschäden aufgetreten sind, die Frostruten entfernt werden. Diese Arbeit lässt sich auch mit dem Ausbrechen überzähliger Triebe im Kopfbereich und an der Bogrebe kombinieren.
Junganlagen und 2-Jährige
Bei gut gewachsenen jungen Stämmchen und vitalem Austrieb sollte von der Veredlungsstelle bis knapp unter dem Biegdraht ausgebrochen werden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Entfernen der jungen Triebe. Längere Triebe führen zu unnötigen Wunden an den jungen Stämmchen. Schlechter gewachsene Reben, die keine fertige Stämmchenhöhe erreicht haben, werden bis zum oberen „Leitrieb“ ebenfalls ausgebrochen.
Treiben die jungen 2-jährigen Reben im oberen Stammkopfbereich nur unzureichend oder sehr gehemmt aus, sollte unten ein Sicherheitstrieb für einen neuen Stammaufbau belassen werden. Es ist in diesen Fällen nicht ausgeschlossen, dass durch die Winterfröste am 11. und 12. Februar mit bis zu - 17°C bei einigen jungen Pflanzen Stammschädigungen aufgetreten sind. Die Bodenverhältnisse zur Pflanzung waren und sind dieses Jahr nahezu optimal. Besonders nach Maschinenpflanzungen ist mit einem Spaten zu prüfen, ob ausreichender Bodenschluss und Feuchtigkeit im Fußwurzelbereich vorliegt. Für den Wurzelbereich der Rebe ist beides, extrem trocken oder zulange nass, für das Wachstum nicht förderlich.
Umstrukturierung
Termin nicht vergessen!!! Beantragung der Auszahlung der Umstrukturierungsgelder im Rahmen des Gemeinsamen Antrags (FIONA) bis spätestens 17. Mai. Dies gilt auch für Umstrukturierungsanträge der letzten drei Jahre.
Pflanzenschutz
Insgesamt gilt es, hinsichtlich beginnender Pflanzenschutzmaßnahmen noch eine gewisse Gelassenheit an den Tag zulegen.
Peronospora:
Hinsichtlich Peronospora kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die am 11.und 12. Mai gefallenen Niederschläge (8-14 Liter/m²) zu einer Primärinfektion ausgereicht haben. Allerdings nur in Verbindung mit bereits ausreichender Blattfläche in wärmeren Lagen. Die Überwinterungssporen im Boden waren durch den Regen der ersten Maiwoche „scharf gestellt“. Nach dieser Primärinfektion kann bis zur ersten notwendigen Behandlung bei den eher unterdurchschnittlichen Temperaturen noch die Inkubationszeit von mindestens zehn Tagen abgewartet werden.
Für den Großteil der Weinberge kann hingegen festgehalten werden, dass angesichts des Wuchsrückstandes keine Primärinfektion stattgefunden hat. Eine Behandlung gegen Peronospora wäre somit nur in den weiter entwickelten Lagen frühestens vor Pfingsten anzudenken, wenn über Pfingsten Infektionsbedingungen (stärkere Gewitterniederschläge) gemeldet wären.
Oidium:
Hinsichtlich Oidium ist der Infektionsdruck ebenfalls noch gering, so dass auch hier aktuell keine Behandlung durchgeführt werden muss. Lediglich sehr weit fortgeschrittene Bestände in Lagen mit grundsätzlich höherer Oidiumgefahr oder letztjährigem Befall können für eine Behandlung eingeplant werden, wenn die Gescheine deutlich sichtbar sind. Dies ist erst der Fall, wenn die Masse der Triebe sich zwischen dem 3- und 6 Blattstadium befindet. Aus heutiger Sicht ist das in den frühen Lagen nicht vor Mitte Mai der Fall.
Speziell für letztjährige Befallslagen mit entsprechender Wuchszulänge könnte eine „Sonderspritzung“ mit Netzschwefel zwischen Himmelfahrt und dem Wochenende angezeigt sein. Grundsätzlich sollte bei einer frühen Oidiumbehandlung mit Netzschwefel gearbeitet werden. Je nach verwendetem Mittel liegt der Aufwand zwischen 3,6 und 5 kg/ha. Wer zu früh mit organischen Mittel arbeitet, läuft Gefahr, den unbedingt notwendigen Mittelwechsel zur Resistenzvorbeugung in der Saison nicht realisieren zu können. Wenn schon gefahren wird, würde dann der Brühe speziell beim Trollinger auch ein Mittel gegen Schwarzfleckenkrankheit (z.B. Folpan, Delan WG oder Polyram) zugegeben werden.
Phomopsis (Schwarzflecken):
Der wirtschaftlich relevante Schaden von Schwarzfleckeninfektionen (Phomopsis) ist eher als gering einzustufen. Da nur geringer Grundbefall mit Phomopsis vorliegt, ist bei den Regenmengen das Risiko einer Infektion zwar möglich, verursacht aber bei einem einjährigen Befallsaufbau keinen wirtschaftlichen Schaden.
Mittelinformation:
Die Zulassung aller Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Myclobutanil enthalten, ist zum 31. Mai 2021 widerrufen worden. Dies betrifft im Weinbau die beiden Produkte Misha und Systhane 20 EW. Für die beiden Pflanzenschutzmittel gilt eine Abverkaufsfrist bis zum 30. November 2021 und eine Aufbrauchfrist bis zum 30. November 2022. Es macht Sinn, bei eventuell geplantem Neueinkauf dieser Produkte das Anwendungsfenster zu beachten.
Düngung
Falls eine Mineraldüngung geplant ist, sollte diese, falls noch nicht geschehen, bis circa Mitte Mai ausgebracht sein. Dünger hat auf Wegen und Straßen nichts verloren. Wenn mal etwas überschwappt, sollte dies mit Besen und Schaufel wieder beseitigt werden.
Bodenpflege
Eine vielfältige Dauerbegrünung in den Rebgassen trägt dem Gedanken an eine vernünftige Biodiversität und der Einsparung fossiler Energie durch Minimierung der Bodenbearbeitung besonders Rechnung. Im Übrigen ist das System Dauerbegrünung aus Arbeits- und Kostengesichtspunkten unschlagbar. Wenn dann noch berücksichtigt werden soll, dass im Herbst mit dem Traubenvollernter gelesen wird, ist jede intensive Bodenbearbeitung zu hinterfragen. Ganz besonders gilt dies, wenn auf Trockenstandorten mögliche Trockenstressphasen mit Hilfe von Tropfbewässerung gemildert werden können.
Alternierendes Mulchen kann hier in Sachen Vielfalt noch „einen draufsetzen". In Bodenöffnung zu investieren lohnt nur, wenn Anlagen (beginnenden) Schwachwuchs zeigen oder wenn es sich um junge Anlagen auf Trockenstandorten handelt.
Technik und Sonntagsarbeit
Aus gegebenem Anlass muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass auch in der Landwirtschaft inclusive des Weinbaus an Sonn- und Feiertagen nur sehr dringende und unaufschiebbare Arbeiten erledigt werden dürfen. Mulch- und Spritzarbeiten am diesjährigen Muttertagsonntag in Sichtweite von Strömen von Spaziergängern finden bei der Bevölkerung kein Verständnis. In diesem Zusammenhang darf auch auf die Notwendigkeit verwiesen werden, durch Einbau abtriftarmer Düsen, die sichtbare Sprühfontäne deutlich zu minimieren. Dies gilt natürlich generell und nicht nur für den Sonntag.
Herbizide
Aktuell sind Herbizidanwendungen besonders gut sichtbar. Es zeigt sich, dass die große Mehrheit der Winzer auf eine sachgemäße Anwendung achtet. Hierzu gehört insbesondere die Reduzierung auf ein möglichst schmales Behandlungsband sowie das rechtzeitige Abschalten am Ende der Rebzeile. Der Minimierungsgedanke steht im Vordergrund!
Auf Vorgewende, Böschungen und Wegrändern hat kein Herbizid etwas verloren und die dadurch negative Außenwirkung ist vorprogrammiert. LEIDER HAT DAS NOCH NICHT JEDER VERSTANDEN!!! Es ist auch ein Gebot der Solidarität aller Weinbau betreibenden Betriebe, diesen Grundgedanken des Integrierten Pflanzenschutzes zu inhalieren. Sprechen Sie die „Schwarzen Schafe“ vor Ort an.
Zur „Guten Fachlichen Praxis“ und zum Integrierten Pflanzenschutz gehört es, den Minimierungsgedanken zu verfolgen. Selbstverständlich kann beim Arbeiten in Einzelfällen mal ein Fehler passieren. ABER! Systematisch fehlerhaftes Handeln erkennt man! Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz und der persönlichen Schutzausrüstung, sind immer zu beachten.
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