Heiße Phase beim Pflanzenschutz
Draußen geht’s vorwärts. Mit frühsommerlich-wüchsig-schwülen Temperaturen seit Anfang Juni hat das Rebenwachstum enorm Fahrt aufgenommen. Die Rebblüte wird voraussichtlich ab Mitte Juni beginnen. Beim Pflanzenschutz hat die heiße Phase begonnen. Dies betrifft sowohl Peronospora als auch Oidium.
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Allgemeine Situation
Die Niederschläge im Juni sind extrem unterschiedlich gefallen und reichen von unter zehn Liter bis lokal über 50 Liter/m². Viele Rebtriebe haben in kurzer Zeit den oberen Draht erreicht oder sind schon etwas darüber hinaus gewachsen. Die Gescheine haben sich gestreckt. Auch die weiter im Wuchs zurückliegenden Parzellen haben, natürlich auf geringerem Niveau, nachgezogen.
Mit Ausnahme weniger Winterfrostschäden (12. Februar) und Spätfrostschäden (6. April) zeigen die Reben einen erfreulichen Gescheinsansatz. Sollte beim Trollinger nur ein Geschein je Rebtrieb vorhanden sein, ist dies ganz sicher kein Nachteil. Nachdem die Wetterprognosen hinsichtlich der Temperaturen weiterhin sommerliche Werte erwarten lassen, dürfte sich der Entwicklungsrückstand verringern. So ist es wahrscheinlich, dass die Rebblüte ab Mitte Juni beginnen kann.
Pflanzenschutz
Die heiße Phase beim Pflanzenschutz hat begonnen. Dies betrifft sowohl Peronospora als auch Oidium.
Peronospora
Aktuell sind in den letzten zwei Tagen aus verschiedenen Bereichen mehrere Ölflecken mit Pilzrasen gemeldet worden. Oft erfolgen diese Erstinfektionen an Stockaustrieben in Bodennähe. Entsprechend wichtig ist das „Stämmleputzen“ auch als vorbeugende Maßnahme gegen erste Peronospora-Infektionen zu sehen.
Durch den starken Zuwachs der letzten Woche ist damit zu rechnen, dass bei den Niederschlägen mit langen und warmen Blattnässezeiten neben Boden- auch Sekundärinfektionen stattgefunden haben. Peronospora ist somit vorhanden und muss zumindest die nächsten vier bis fünf Wochen sehr ernst genommen werden.
Sichtbar werden die möglichen Infektionen erst nach Ende der Inkubationszeit ab dem kommenden Wochenende. Das bedeutet, dass ab sofort darauf geachtet werden sollte, keine weitere Infektionswelle mehr zuzulassen. Behandlungen nach entsprechendem Zuwachs vor angekündigten Niederschlägen sind entscheidend.
Wer im Abstand von 24 (bis 48 Stunden) nach Niederschlägen behandelt, kann mit Hilfe eines kurativ wirkenden Mittels versuchen, eventuell stattgefundene Infektion zu stoppen. Wer vor Regen behandelt, kann mit Kontaktfungiziden in Kombination mit einer systemischen Komponente (Phosphorige Säure – zum Beispiel Veriphos) ausreichende Wirkung erzielen. Zu den Mitteln mit systemischer Komponente gehört auch das Mittel „Profiler“. Das relativ neue Produkt „Zorvec Zelavin Bria“ hat seine Berechtigung im Blütefenster, insbesondere wenn sich der Peronosporadruck verstärken sollte.
Oidium
Der Infektionsdruck nimmt aktuell stark zu. Spritzabstände mit mehr als zehn Tagen erhöhen das Risiko deutlich.
Bei der anstehenden Behandlung werden ab sofort organische Mehltaumittel empfohlen (zum Beispiel Prosper TEC, Talendo oder Dynali). Für einen Einsatz der Mittel mit dem Resistenzbuchstaben „L“ (Luna Max, Luna Experience, Sercadis) ist es noch zu früh. Diese werden zum Stadium abgehende Blüte empfohlen. Die Resistenzvorsorge durch Abwechslung der Wirkstoffe (Buchstaben beachten) ist von zentraler Bedeutung, um Resistenzproblemen vorzubeugen und damit für die weitere Wirksamkeit der Oidiummittel.
Immer wieder wird die Frage gestellt, ob organische Produkte mit Netzschwefel kombiniert werden sollen. Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen und Aussagen.
Gegen eine Kombination spricht das Gebot der Minimierung von Pflanzenschutzmitteln und sprechen Versuchsergebnisse, die dadurch keine Wirkungsverbesserung nachgewiesen haben.
Befürworter einer Kombination führen mehrere Gründe auf:
- Organische Produkte werden gerne ab der zweiten Vorblütebehandlung genommen. Da die Wirkungsdauer gegenüber Netzschwefel ein paar Tage mehr beträgt.
- Netzschwefel hat eine Nebenwirkung gegen Schadmilben (Aber Vorsicht: zu viel des Guten schädigt auch wieder die Raubmilben).
- Falls organische Präparate eine Minderwirkung durch Resistenz aufweisen würden, hätte zumindest noch der Netzschwefel eine Wirkung (bei Netzschwefel gibt es keine Resistenzbildung).
- Die Kombination eines Multi-Site-Wirkstoffes (Netzschwefel) mit einem organischen Produkt soll verhindern helfen, dass sich beim organischen Mittel Resistenzen entwickeln. Aktuell fehlen dazu allerdings noch ausreichend wissenschaftliche Beweise.
Ausbrechen und Stockaustriebe
Überzählige Stocktriebe lassen sich aktuell noch leichter entfernen als später. Das Ausbrechen stellt eine gute Möglichkeit dar, von Anfang an lockere Laubwände zu haben. Wo die Arbeitszeit für diese Maßnahme nicht ausreicht, kann ab der Blüte mit einem Entblätterungsgerät ebenfalls für eine Auflockerung im Traubenzonenbereich gesorgt werden.
Der beste Erfolg beim Abbrennen von Stocktrieben ist bei einer Trieblänge von durchschnittlich zehn bis 15 cm gegeben. Sind die Triebe länger oder bereits verholzt, ist keine ausreichende Wirkung mehr zu erwarten. Bei der Anwendung von Shark oder Quickdown ist die jeweilige Sortenbeschränkung zu beachten.
Das Mittel Beloukha hat eine Notfallzulassung zum Entfernen von Stockaustrieben in Junganlagen (bis zum vierten Standjahr). Für das auf Pelargonsäure basierende Produkt besteht keine Sortenbeschränkung. Maximal zwei Anwendungen, Aufwandmenge maximal 16 l/ha in 200 l Wasser.
Umstrukturierung
Bitte denken Sie daran, dass Rebflächen, die über die Umstrukturierung im Frühjahr 2022 angelegt und gefördert werden sollen, ab diesem Jahr bereits bis spätestens 31.08.2021 beantragt werden müssen. Dies gilt auch für die Förderung von Tropfschläuchen. Kauf, Bestellung oder Installation von Tropfschläuchen vor Antragstellung ist nicht möglich. Die Anlagen werden entsprechend kontrolliert. Antragsformulare gibt es noch nicht, werden aber rechtzeitig vor dem Termin bereitstehen.
Traubenwickler
Der Flug der Motten des Traubenwicklers ist sehr verhalten. Eine Behandlung der ersten Generation des Traubenwicklers (Heuwurm) ist nicht nötig. Fallen, auch in den Verwirrgebieten, sollten regelmäßig von den Verantwortlichen kontrolliert werden.
Sonstiges
- Aus gegebenem Anlass wird darauf hingewiesen, dass Restbrühe nach Spritzungen verdünnt (schnellere Geschwindigkeit, weniger Druck) in den bereits behandelten Parzellen ausgebracht wird. Sie darf keinesfalls auf Wegen oder anderweitigen Flurstücken „entsorgt“ werden darf. Und auch niemals in die Kanalisation! Ist das Sprühgerät leer, wird nochmal mitgeführtes Wasser nachgeleert und abermals auf der bereits behandelten Parzelle versprüht.
- Widerrufe für Pflanzenschutzmittel:
- Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) widerruft zum 31. Mai 2021 die Zulassung aller Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Myclobutanil enthalten. Im Weinbau betrifft das die Mittel Systhane EW 20 und Misha. Für diese gilt eine Abverkaufsfrist bis zum 30. November 2021 und eine Aufbrauchfrist bis zum 30. November 2022.
- Zudem widerruft das BVL zum 4. Juli 2021 die Zulassung aller Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Mancozeb enthalten. Grund für die Widerrufe ist, dass die Genehmigung der Europäischen Union für den Wirkstoff Mancozeb nicht erneuert wurde. Für die im Weinbau relevanten Mittel Dithane Vino WG, Manfil 80 WP und Ridomil Gold MZ gilt hierbei eine Abverkaufs- und Aufbrauchfrist bis zum 04. Januar 2022. Demzufolge wird empfohlen, die genannten Produkte in dieser Saison vollständig aufzubrauchen.
- Pflanzenschutzmaßnahmen sind regelmäßig zu dokumentieren.
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel - insbesondere zu den Themen Anwenderschutz und Bienenschutz - sind zu beachten.
- Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Beim momentanen und erwarteten Entwicklungsstand ist der zwei-bis zweieinhalbfache Basisaufwand ausreichend.
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