Wirtschaftliche Schäden durch Vogelabwehr verhindern
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Allgemeine Situation
Für die Weingeschichtsbücher wird das ein denkwürdiger Jahrgang. Bisher zumindest eher negativ, was die Vielzahl der „Plagen“ betrifft (Frost, Peronospora, Oidium, Esca, Schwarzholzkrankheit, Hagel und Sonnenbrand). Bleibt die Hoffnung, dass zumindest die Reifephase von weiteren Rückschlägen verschont bleibt.
Das sehr durchwachsene Sommerwetter hat den Reifefortschritt seither gebremst. Gegenüber den letzten sehr frühen Jahren liegt man dieses Jahr deutlich zurück. Das ist erst mal kein Nachteil. Mit einem allgemeinen Lesebeginn wird wohl vor dem 20. September nicht zu rechnen sein.
Die Berg- und Talfahrt des Wetters geht weiter, wie schon im gesamten Sommer. Wenige heiße Tage um den 14. August mit knapp über 30 °C haben gereicht, an exponiert hängenden Trollingertrauben Sonnebrand zu verursachen. Aktuell ist eine Hitzeperiode nicht in Sicht. Damit können notwendige Lockerungsmaßnahmen an den Traubenzonen ohne weitere Sonnenbrandgefahr vorgenommen werden. Alle Rebsorten, die gegenüber der Kirschessigfliege empfindlich sind, sollten dahingehend dringend entblättert werden. Auch wenn aktuell die Trauben noch nicht reif genug sind, muss bei den vorhergesagten moderaten Temperaturen und insgesamt wüchsigen Bedingungen mit einem stärkeren Auftreten der KEF gerechnet werden. Ganz sicher ist, dass Licht und Luft in der Traubenzone die weitaus besten vorbeugenden Maßnahmen sind.
Die Ertragsaussichten sind extrem unterschiedlich. Dort wo Frost und Peronospora ihre Finger nicht im Spiel hatten, kann mit guten, teilweise sogar „zu guten“ Erträgen gerechnet werden. Dann gibt es aber auch nicht wenige Flächen, die im Ertragsniveau durch Peronospora stark bis sehr stark dezimiert wurden.
KEF
Die Witterung der nächsten Wochen bis zur Lese werden für einen möglichen Populationsaufbau einen Einfluss haben. Bleibt es bei den moderaten und feuchten Witterungsbedingungen, sind dies gute Voraussetzungen für steigende Vermehrungsraten. Hohe Temperaturen sowie trockene, stark besonnte Standorte werden von der Kirschessigfliege eher gemieden.
Nach wie wird es so sein, dass Bekämpfungsmaßnahmen in zeitlicher Nähe zur Ernte absolute Ausnahmen sein sollten. Auch das „Weißmachen“ mit Surround ist ganz sicher kein Allheilmittel. Grundvoraussetzung ist dabei ein vollständiges Entblättern der Traubenzone. Und dann ist es nicht einfach, einen vernünftigen gleichmäßigen Belag an und in die Trauben zu bringen. Grundsätzlich müssen alle diese Maßnahmen mit den Absatzorganisationen abgesprochen werden.
Esca
Es ist erschreckend, wie stark sich Esca auch dieses Jahr wieder zeigt. Alle kranken Stöcke sollten vor dem Laubfall markiert werden, damit sie entweder zurückgeschnitten oder nachgepflanzt werden können. Nach dem Herbst sind die Symptome wegen der Herbstfärbung zunehmend schlechter zu erkennen.
Schwarzholzkrankheit
Wie bei Esca gilt es auch hier zu versuchen, die Stöcke durch Aufbau eines neuen Stammes durch einen möglichst bodennahen Stammaustrieb zu retten. Bei rechtzeitigem Rückschnitt gelingt dies noch besser als bei Esca.
Junganlagen
Viele Junganlagen haben ebenfalls mit Blattbefall durch Peronospora zu kämpfen. Es ist wichtig für die Frosthärte und den Austrieb im nächsten Jahr, möglichst viel aktive Blattmasse bis in den Herbst hinein zu erhalten. Deshalb werden die Behandlungen bis in den September hinein weiter empfohlen. Spritzabstände sind immer abhängig von Zuwachs und Regen. Überdosierungen von Phosphoriger Säure sind zu vermeiden, damit es nicht zu Schäden kommt.
Umstrukturierung
Bisher sind noch relativ wenig Anträge eingegangen. Bitte denken Sie daran, dass dieses Jahr der letzte Abgabetermin des Umstrukturierungsantrags am 31. August 2021 ist. Bis dorthin müssen die Anträge am Amt eingegangen sein. Noch ein wichtiger Hinweis für die Förderung von Tropfschläuchen:
1. Bestellung und Beschaffung der Schläuche ist erst nach Antragstellung möglich.
2. Die Installation der Schläuche in der Rebfläche darf erst im Jahr 2022 stattfinden!!!!!! (Dies wird geprüft!)
Hagel
Sondermaßnahmen gegen die am letzten Wochenende geschädigten Hagelflächen versprechen wenig Aussicht auf Erfolg. Entscheidend wird sein, dass die angeschlagenen Beerchen eintrocknen können.
Vogelabwehr
Vogelfraß durch Starenschwärme kann große wirtschaftliche Schäden in Weinbergen anrichten. In vielen Weinbaugemeinden wurde in den letzten Jahren die Vogelabwehr von Wengertschützen auf stationäre Schussoder andere Vergrämungsapparate umgestellt. Dies führt teilweise zu Beschwerden in der Bevölkerung. Bei jedem Vergrämungs- Apparat sollte im Interesse des nachbarschaftlichen Friedens immer geprüft werden, ob er notwendig ist, wann zwingend begonnen werden muss, ob vorgeschriebene bzw. sinnvolle Mindestabstände eingehalten sind oder ob diese ggf. noch vergrößert werden können. Auf alle Fälle muss spätestens bei einbrechender Dämmerung abgeschaltet werden. Diese Punkte sind gerade auch wegen einer positiven Grundeinstellung der Bevölkerung zum Wein dringend zu beachten. Bei Bedarf ist auch zu prüfen, ob es nicht Sinn macht, in besonders sensiblen Gebieten die Vogelabwehr durch Wengertschützen wieder zu aktivieren.
Vergrämungsfähig sind am ehesten Starenschwärme. Amseln oder sonstige Einzelvögel können als „Gebüschbewohner“ akustisch nicht ausreichend vergrämt werden. Dagegen hilft meist nur lokal begrenztes Einnetzen. Die Schuss- oder „Pieps“apparate sollten erst aktiviert werden, wenn die Starenschwärme beginnen, sich in Weinbergsnähe aufhalten. Bei zu frühem Beginn sind Gewöhnungseffekte wahrscheinlich. Die Anzahl der Anlagen muss auf das notwendige Maß beschränkt werden. Der Abstand der einzelnen Anlagen zueinander orientiert sich an der Reichweite der wirksamen Schallsignale. Übererschließungen sind zu vermeiden.
Bei Geräusch erzeugenden Vogelabwehranlagen handelt es sich um immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Derartige Anlagen unterliegen den Bestimmungen des § 22 BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG). Danach sind sie so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Auch sog. „Piepsgeräte“ sind bezüglich der Aufstellungsorte dahingehend zu prüfen, dass keine unzumutbaren Beeinträchtigungen angrenzender Wohnbebauungen auftreten.
Amtliche Hinweise zur Vogelabwehr
Akustische Geräte:
Besonders die automatisch arbeitenden Schreckschussapparate können zu Beeinträchtigungen in angrenzenden Wohngebieten führen. Die Betreiber solcher Anlagen müssen deshalb folgendes beachten: Die erlaubten Abstände der Schussapparate in der Nähe geschlossener Wohnbebauung sind abhängig:
1. von der Schussanzahl je Tag und
2. von der Art der Wohnbebauung.
Bei einer Schussanzahl von max. 100/Tag (Abstand der Einzelschüsse mind. 8 Minuten), ist:
- zu reinen Wohngebieten ein Mindestabstand von 1000 m einzuhalten
- zu allgemeinen Wohngebieten (vorwiegend Wohngebäude aber auch Werkstätten oder Büros) ein Mindestabstand von 800 m einzuhalten
- zu Gebieten, in denen neben Wohngebäuden auch sonstige Nutzungen einschließlich Landwirtschaft vertreten sind, also sog. Misch- und Dorfgebieten, mindestens 500 m Abstand einzuhalten.
Auch bei Entfernungen von mehr als 1000 m zu geschlossenen Wohnbebauungen gilt das Minimierungsgebot bzgl. Schussfrequenz und Anzahl der aufgestellten Geräte. Im Sinne vieler Weinwanderer sollten die Schreckschussapparate nicht unmittelbar an den Wegrändern platziert werden. Hilfreich für die Akzeptanz sind z.B. auch örtliche Hinweisschilder und Veröffentlichungen in Gemeindemitteilungsblättern, warum die Geräte betrieben werden müssen. Zu kurze Schussfrequenzen sind wegen Gewöhnungseffekt sinnlos. Die Rohrmündung bzw. bei Piepsern der Lautsprecher muss von den Häusern weggerichtet sein. Apparate müssen spätestens bei Einbruch der Dunkelheit abgestellt werden, da während der Nacht kein Vogelfraß zu erwarten ist. Morgens die Geräte nicht vor Tagesanbruch einschalten.
Netze:
Beim Aufhängen von Netzen sind unbedingt folgende tierschutzrechtlichen Belange zu beachten:
- Maschenweite höchstens 30 mm
- Fadenstärke mindestens 1 mm
- Netze straff spannen
- es dürfen keine losen Netzteile auf dem Boden liegen
- keine Kunststoffgespinste verwenden
- Netze windsicher befestigen
- nach der Traubenlese Netze unverzüglich entfernen
- Reste von Netzen dürfen nicht im Gelände liegen bleiben
Verstöße gegen diese Vorschriften des Tierschutzgesetzes sind Ordnungswidrigkeiten, die mit hohen Bußgeldern geahndet werden können.
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz und der persönlichen Schutzausrüstung, sind immer zu beachten. Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden:
https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau
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