Neue EU-Verordnung: Deutscher Weinbauverband fordert nachhaltige Weiterentwicklung des Pflanzenschutzes
Die EU legte einen Vorschlag für eine Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln vor. Der Deutsche Weinbauverband (DWV) zeigt sich besorgt und fürchtet die zu starke Einschränkung deutscher Winzer. Anstatt existenzbedrohender Generalverbote fordert der DWV eine nachhaltige Weiterentwicklung des Pflanzenschutzes.
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Der vorgelegte EU-Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln käme einer Stilllegung eines Großteils der deutschen Rebfläche gleich, insbesondere in den sogenannten empfindlichen Gebieten. Daher lehnt der DWV in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme die pauschale Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und -risikos um 50 Prozent sowie das komplette Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in empfindlichen Gebieten ab. Dies würde für viele Weinberge faktisch die unumkehrbare Stilllegung bedeuten. Die Erfahrung zeigt, dass Weinberge, insbesondere Steillagen, die einmal aufgegeben wurden, nicht mehr in die Bewirtschaftung zurückkommen. An der Mosel würde die Weinerzeugung um circa 90 Prozent zurückgehen, in Baden und Württemberg um circa ein Drittel der Rebfläche. Die bekanntesten Einzellagen würden ausgelöscht. Staatliche Vorgaben, die sich an unrealistischen Zielvorgaben orientieren, würden zum Berufsverbot führen.
Wahrheit und Absprachen haben oberste Priorität
DWV-Präsident Klaus Schneider pocht auf zuverlässige Absprachen mit der Politik: „Der Verordnungsvorschlag unterläuft bereits getroffene Vereinbarungen und Gesetze, die Landwirtschaft und Umweltschutz gemeinsam erzielt haben und erfolgreich umsetzen, wie das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-Württemberg. Dieses Verhalten von Seiten der europäischen Politik ist kontraproduktiv.“ Als enttäuschend wertet Schneider, dass sich die ursprüngliche Zusage von Politik und Verwaltung, dass mit Einführung der FFH- und Vogelschutzgebiete der Weinbau nicht beeinträchtigt werden würde, nun als Lüge entpuppen könnte.
Aufgrund der Definitionen für empfindliche Gebiete und dem dortigen Verbot der Verwendung jeglicher Pflanzenschutzmittel sowie der Definition für chemische Pflanzenschutzmittel, unter die wohl auch ökologische Pflanzenschutzmittel fallen, gelten die Auswirkungen gleichermaßen für bio- und konventionellen Weinbau. Dies konterkariert das Ziel der EU, den Anteil der Biolandwirtschaft signifikant zu erhöhen.
Winzern liegt die Umwelt sehr am Herzen
„Die gute fachliche Praxis und Naturschutz sind kein Widerspruch“ betont DWV-Generalsekretär Christian Schwörer. „Im Gegenteil: Der Weinbau bietet in Schutzzonen eine Vervielfältigung der Landschaftsstruktur und damit weiteren Arten eine Heimat. Diese muss gepflegt werden, wie es im integrierten Weinbau der Fall ist. Wäre dieser aufgrund eines Generalverbotes an Pflanzenschutzmitteln in empfindlichen Gebieten nicht mehr möglich, würde in diesen Gebieten die Artenvielfalt letztendlich geschwächt. Der EU-Verordnungsvorschlag steht damit konträr zu den Zielen des Green Deals.“
Pflanzenschutz sichert die Ernte sowie deren Qualität und muss daher nicht pauschal, sondern situativ, jahrgangs- und standortangepasst ausgebracht und reduziert werden. Für eine nachhaltige (Weiter-)Entwicklung des Weinbaus fordert der Deutsche Weinbauverband ambitionierte Förderprogramme anstatt pauschaler Regulierungsansätze.
DWV-Stellungnahme zum EU-Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln
Die geplante Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation – SUR) soll die aktuelle Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden (SUD) ablösen. Der Verordnungsvorschlag sieht ein Anwendungsverbot an Pflanzenschutzmitteln in sogenannten empfindlichen Gebieten, zu denen FFH- oder Vogelschutzgebiete sowie öffentliche Parks, Gärten oder menschliche Siedlungen zählen, vor. Außerdem soll eine verstärkte Verwendung weniger gefährlicher nichtchemischer Alternativen zu chemischen Pestiziden zur Schädlingsbekämpfung erreicht werden.
Verbot der Nutzung von allen Pflanzenschutzmitteln in sogenannten empfindlichen Gebieten
Ein komplettes Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in so genannten empfindlichen Gebieten würde für viele Weinberge faktisch die unumkehrbare Stilllegung bedeuten. Die Erfahrung zeigt, dass Weinberge, insbesondere Steillagen, die einmal aufgegeben wurden, nicht mehr in die Bewirtschaftung zurückkommen.
Die Konsequenz wären brachliegende, verbuschende und schließlich überwaldete Rebflächen, sprich eine Abkehr von der mühsam errichteten Kulturlandschaft. Arten, die sich beispielsweise in Trockenmauern oder auch offenen Gassen wohl fühlen, werden dort keine Heimat mehr finden. Stadtnahe Weinberge mit entsprechendem Erholungs- und Tourismuswert könnten ebenso vor dem Aus stehen.
Beispielsweise würde an der Mosel die Weinerzeugung um circa 90 Prozent zurückgehen, in Baden und Württemberg etwa ein Drittel der Rebfläche. Die bekanntesten Einzellagen würden ausgelöscht. Staatliche Vorgaben, die sich an unrealistischen Zielvorgaben orientieren, werden zum Berufsverbot. Dies führt zu zunehmender Verunsicherung. Eine berufliche Zukunft im Weinbau wird in Frage gestellt was sich unter anderem in rückläufigen Investitionstätigkeiten zeigt.
Laut dem vorgelegten Verordnungsvorschlag wären nur Ausnahmeregelungen in extremen Fällen möglich. Dies wäre im Kontext der in Deutschland getroffenen regionalen Vereinbarungen und Gesetze, wie zum Beispiel des in Baden-Württemberg geltenden Biodiversitätsstärkungsgesetzes (BioDivG), fatal.
Reduktionsziel von 50 Prozent
Der DWV bewertet insbesondere das Reduktionsziel von 50 Prozent bis 2030 auf nationaler sowie europäischer Ebene als äußerst kritisch. Die Machbarkeit und die damit einhergehenden Folgen müssen in Frage gestellt werden, insbesondere in Steillagen.
Aufgrund der Definitionen für empfindliche Gebiete und dem dortigen Verbot der Verwendung jeglicher Pflanzenschutzmittel sowie der Definition für chemische Pflanzenschutzmittel, unter die wohl auch ökologische Pflanzenschutzmittel fallen, gelten die Auswirkungen gleichermaßen für bio- und konventionellen Weinbau. Dies konterkariert das Ziel der EU, den Anteil der Biolandwirtschaft signifikant zu erhöhen.
Auch die sogenannten PIWI-Rebsorten sind nicht geeignet, die vorgesehenen Zielvorgaben zu erreichen, da das erforderliche Rebpflanzgut weder auf absehbarer Zeit in ausreichender Menge vorhanden sein wird, und zudem auch PIWIs Pflanzenschutz erfordern. Des Weiteren ist unklar, wie lange Resistenzmechanismen erhalten bleiben und es besteht die Gefahr, dass Schaderreger Resistenzen brechen.
DWV-Position
Der vorgelegte EU-Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln käme einer Stilllegung eines Großteils der deutschen Rebfläche gleich. Dies würde das Aus für viele Weinbaubetriebe bedeuten. Dies lehnt der Deutsche Weinbauverband vehement ab und fordert den Einbezug regionaler Kompromisse mit dem Berufsstand (wie beispielsweise das BioDivG), um nachhaltige Bewirtschaftungsmodelle von Rebflächen auszubauen. Unzureichend ist die Folgenabschätzung im Hinblick auf die Auswirkungen der drastischen Reduktion oder gar kompletten Anwendungsverbotes von Pflanzenschutzmitteln. Der Erhalt der Kulturlandschaft und vielfältiger Landschaftsstrukturen im Weinbau ist bereits gelebte Praxis und muss in allen Gebieten weiterhin möglich sein.
Pflanzenschutz sichert die Ernte sowie deren Qualität und muss daher nicht pauschal, sondern situativ, jahrgangs- und standortangepasst ausgebracht und reduziert werden. Für eine nachhaltige (Weiter-)Entwicklung des Weinbaus fordern wir ambitionierte Förderprogramme anstatt pauschaler, existenzgefährdender Regulierungsansätze.
Über Deutsche Weinbauverband e.V. (DWV):
Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.
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