Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Herbstbilanz

Trauben im Keller, Sorgen bis unters Dach

Jahrgang 2025 – Der Weinbauverband Württemberg und der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband ziehen Bilanz.

von Caroline Wörner und Nicole Mieding erschienen am 26.09.2025
Minister Peter Hauk und Dietrich Rembold im Weinberg der Familie Schwab in Bretzfeld. © Caroline Wörner
Artikel teilen:

Rück- und Ausblick | Beste Bedingungen seit dem Winter versprechen gute Traubenqualität – die bei einer zügigen Lese auch gehalten werden kann. Die Reben starteten mit guten Wasservorräten im Boden und einem gesunden Rebaustrieb. Fast alle Lagen blieben von Frost und Hagel verschont. Bei gutem Wetter im Mai und Juni begannen die Reben früh zu blühen und entwickelten sich überwiegend gesund. Als Faustregel gilt: Von der Blüte bis zur Lese vergehen 100 Tage. In diesem Jahr ging’s deutlich schneller. Die Lese startete im August, die Hauptlese lief in der ersten Septemberhälfte. Wenn Sie dieses Heft in den Händen halten, haben Württembergs Betriebe ihre Trauben im Keller.

Der Markt muss erkämpft werden, jeden Tag aufs Neue Ulrich Theileis, BWGV-Präsident

Menge und Güte | Der Frühsommer versprach üppige Ausbeute, die fällt nun doch geringer aus: etwa auf Vorjahresniveau, gibt der Weinbauverband Weinbauverband Württemberg (WVW) bekannt. Das sind immer noch 20 Prozent unterm Durchschnitt, denn 2024 war das historisch schwächste Erntejahr seit Aufzeichnung, bilanziert der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV). Grund für die geringeren Erträge ist die Trockenheit im Juni, die genau in die Zellteilungsphase der Beeren fiel, erklärt Vizepräsident des WVW Peter Albrecht: kleinere Beeren gleich weniger Saftausbeute beim Pressen. Die Ausbeute liegt deshalb 20 bis 25 Prozent unter den Erwartungen. Da hat sich wohl manch ein Winzer täuschen lassen, als Ende Juli schon schön gefärbte Trauben im Weinberg hingen. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn die Qualität stimmt, und in Zeiten eines Überangebots am Weinmarkt sollte Menge nicht das entscheidendste Kriterium sein.

Aktuell laufen Vollernter und Traubenpressen im Dauerbetrieb, um die Qualität in den Keller zu bringen Bernhard Idler, WVW-Vizepräsident

Gewinner und Verlierer | 2025 wurden fast alle Rebsorten gleichzeitig reif: Von früh- und spätreifen Sorten kann kaum die Rede sein, wenn selbst Trollinger Anfang September lesereif ist. So früh wie nie wurde mit den validierten Mostegewichtsmessungen begonnen. Die Mostgewichte liegen bei einzelnen Sorten rund fünf bis acht Grad Oechsle höher als im Schnitt der vergangenen Jahre, berichtet Württembergs Vize-Weinbaupräsident Bernhard Idler. Für Christian Gehring, Geschäftsführer der Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg, stehen eindeutig die nachhaltigen Rebsorten (PiWis) auf dem Siegertreppchen. Aufgrund des auf ein Fünftel reduzierten Pflanzenschutzes eigneten sie sich ideal für wohnortnahen Anbau und Steillagen – jetzt müsse die Vermarktung nachziehen.

Wir werden sehr schnell Produktionsrückgänge haben. Die Frage ist, wie gestalten wir’s Ute Bader, Beraterin beim BWGV

Winzers Plagen

Streit um Brachen | Rotationsbrachen sind Flächen, die zwischenzeitlich aus der Nutzung genommen werden. Statt den geforderten 3.000 Euro werden aus Bundesmitteln im Rahmen der Ökoregelung 1A nun 1.300 Euro pro Hektar ausgezahlt, freut sich Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk. Hinzu kommen 200 Euro Landesförderung für darauf angelegte Blühflächen – macht 1.500 Euro Förderung pro Hektar. Ein Teilerfolg, meint auch Weinbaupräsident Dietrich Rembold, schließlich sei diese Entscheidung auf Bundesebene getroffen worden. In der Mehrheit der Bundesländer wird kein Weinbau betrieben – da müsse man froh sei, dass es überhaupt eine Förderung gibt. Nichtsdestotrotz setze sich der WVW weiter dafür ein, dass die Rotationsbrache als eigene Biodiversitätsleistung anerkannt und kostendeckend gefördert wird.

Wein aus dem Land muss wieder ein Renner werden, die Werbung muss massiv rauf Peter Hauk, Agrarminister Baden-Württemberg

Image schwächelt | Mit Werbung kommt man weiter – Baden-Württemberg muss beim Thema Marketing aufrüsten. Nachdem sich Minister Hauk auf der Herbstkonferenz in Baden für eine parafiskalischen Abgabe für eine landesweite Gebietsweinwerbung in Baden-Württemberg ausgesprochen hat, rudert er kurz danach zurück und legt bei der Herbstbilanz  in Württemberg nochmal seine Position dar. Baden habe zum jetzigen Zeitpunkt keine gebietsübergreifende Werbung, in Württemberg gebe es zumindest die Weinheimat Württemberg, die jedoch nicht alle Gebiete vertritt. Diese bereits bestehende Struktur dürfe man nicht gefährden. Bis zum Frühjahr will das Ministerium mit den beiden Weinbauverbänden ein Konzept für eine landesweite Weinwerbung erarbeiten. Mit welchen Mitteln, ist bisher noch unklar. Dafür müsse zunächst eine Analyse erfolgen, welche Summe bisher schon auf freiwilliger Basis zusammenkomme, erklärt der Minister. Seine Idee: das Landesmarketing zur Kasse bitten, denn schließlich sei „The Länd“ auch „The Wein-Länd“.

Der Umsatz sinkt über­proportional zum Absatz, dazu kommt der Kostendruck. Das ist eine Gewitterlage, sie sich entladen wird Ulrich Theileis, BWGV-Präsident

Sorge um Absatz | So gut die eingelagerte Qualität des Jahrgangs ist, so prekär ist die wirtschaftliche Situation der Weinbranche. „Die Winzer und Weingärtner sowie die Genossenschaften sehen sich einem vierfachen Druck ausgesetzt: einem Kosten-, Wettbewerbs-, Absatz- und Preisdruck“, stellt BWGV-Präsident Ulrich Theileis heraus. Die Produktionskosten steigen kontinuierlich, ein globales Weinangebot trifft auf einen rückläufigen Weinkonsum und im Zuge dessen sinken die Preise. Gleichzeitig werden die neuen US-Zölle in Höhe von 15 Prozent den Genossenschaften die Exportmöglichkeiten und die Absatzmöglichkeiten auf dem wichtigen amerikanischen Markt erschweren. Da dies auch andere Weinbauregionen der Welt betrifft, erwartet der BWGV steigende Importe nach Deutschland.

Es müssen Flächen aus der Bewirtschaftung genommen werden Dietrich Rembold, WVW-Präsident

Überangebot kappen | „Es müssen Flächen aus der Bewirtschaftung genommen werden“, betont WVW-Präsident Dietrich Rembold. Allgemeine Empfehlungen, wie das auf den einzelnen Betrieben aussehen kann, will der Verbandschef nicht geben. Er empfiehlt allen Mitgliedern, ihre Flächen kritisch unter die Lupe zu nehmen und zu entscheiden, welche Flächen produktiv bewirtschaftet werden können und bei welchen Flächen es sinnvoll wäre, dort nicht weiter Wein anzubauen. Neben absatzfördernden Marketing-Maßnahmen sei es an den Winzerinnen und Winzern, etwas dafür zu tun, dass das Überangebot am Markt zurückgehe. Zum Ausloten von Handlungsoptionen können sich Betriebsleiter sachundigen Rat einholen. So bieten LEL und LVWO eine betriebswirtschaftliche Beratung an. WVW-Geschäftsführer Hermann Morast appelliert an die Mitglieder, die Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Das Land bezuschusst 50 bis 80 Prozent der Dienstleistung.  Caroline Wörner und Nicole Mieding

Umsatz sinkt stärker als Menge

Dies drückt sich auch in den Absatz- und Umsatzzahlen der baden- württembergischen Winzer- und Weingärtnergenossenschaften aus. Der Absatz im ersten Halbjahr 2025 lag mit 64,2 Millionen Liter Wein und Sekt 4,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (61,5 Millionen Liter), zugleich sank der Umsatz um 6,5 Prozent auf 189,5 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum: 202,7 Millionen Euro). Ein ähnliches Bild zeigt die Geisenheimer Absatzanalyse national. In der Gesamtentwicklung über alle Betriebsformen wird ein Absatzrückgang von 2 Prozent und ein Umsatzrückgang von 5 Prozent ausgewiesen. Bei den Genossenschaften sind insbesondere der Lebensmittelhandel (-9 Prozent) und der Fachhandel (-9 Prozent) von den Umsatzrückgängen betroffen.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren