„Nur gezielte Bewässerung macht Sinn“
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Weit über 100 Hektar Weinberg sind in Cleebronn im Landkreis Heilbronn mit einer Bewässerungsanlage ausgestattet. Sie ist das Ergebnis harter Arbeit auf allen Ebenen: umfassende Recherchen, akribische Planung, schweißtreibende Umsetzung mit viel Eigeneinsatz. Referent Thomas Beyl muss einige Fragen beantworten nach seinem Vortrag beim neuen Weinbauforum der ZG Raiffeisen in St. Leon-Rot. Und auch in der Pause der Veranstaltung bleibt das Projekt aus dem Württembergischen ein Thema.
Flurbereinigung bietet Möglichkeiten
„Genau so etwas brauchen wir hier auch“, sagt Bernhard Fellhauer. In Rauenberg im Rhein-Neckar-Kreis, wo er seine Reben hat, steht in naher Zukunft eine Flurbereinigung an. Wenn ohnehin umgegraben wird, ist das der optimale Zeitpunkt, um Hunderte oder gar Tausende Meter Leitung in der Erde zu verlegen und die Anschlussstellen für die einzelnen Bewirtschafter zu schaffen.
Auch am Michaelsberg in Cleebronn nutzte die seit 2004 bestehende Bewässerungsgemeinschaft eine Flurbereinigung für das Großprojekt. 2004 – das Gründungsdatum in der Folge des damaligen Jahrhundertsommers 2003 ist alles andere als ein Zufall. Längst müssen sich die Winzer in Deutsch-land mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen, und nicht nur die Winzer. Die Hersteller von Bewässerungstechnik, Forschung und Züchtung im Pflanzenbau: Sie alle arbeiten intensiv an Lösungen, denn, wie es Referent Dr. Holger Flaig vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg formuliert in St. Leon-Rot: „Wir müssen niemandem in der Landwirtschaft sa-gen, dass Wasser der ertragsbegrenzende Faktor ist.“
Zu viel Wasser begünstigt Rebkrankheiten
Wie also können Winzer in Zeiten des Klimawandels weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein? Wer bei vorfrühlingshaften Temperaturen den Weg in das Veranstaltungszentrum Harres nahe der A5 gefunden hatte, erhielt einen komprimierten Überblick über die wichtigsten Ansatzpunkte in allen Disziplinen rund um den Weinbau. Zwar waren nicht alle Aspekte neu, beispielsweise, dass man in Zeiten zunehmender Hitze und Trockenheit mehr Mut in Richtung mediterraner Rebsorten entwickeln sollte. Die mit viel Sorgfalt ausgewählten Referenten schafften jedoch das Kunststück, in ihren Vorträgen die richtige Balance zwischen wissenschaftlichem Gehalt und praktischen Empfehlungen zu finden.
„Nur gezielte Bewässerung macht Sinn“, betonte Dr. Matthias Petgen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz Neustadt und warnte davor, mit zu viel Wassereinsatz Rebkrank-heiten „zu züchten“. Zu berücksichtigen sei außerdem die besondere Komplexität von Bewässerung, wenn die Reihen nachgepflanzte Reben enthalten. Der Experte empfiehlt Tropfschläuche als „quali-tätsnahe Variante“, bei denen die Flüssigkeitsgaben in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit und den jeweiligen Wetterverhältnissen am exaktesten gesteuert werden könnten.
Brunnen statt Wassertanks
Petgen rechnete den Zuschauern auch vor, wie hoch die Wasserzuführung je nach Voraussetzung sein müsse und zeigte auf: In zahlreichen Fällen wird es ohne Brunnen schwierig, die erforderlichen Mengen in einer trockenen Saison effizient an den Weinberg zu bringen. „Welcher Winzer hat die Zeit, stundenlang Wassertanks an die Reben zu fahren?“
Auch in Cleebronn wird das Wasser über einen eigens gebohrten Brunnen in die Leitungen gepumpt. Ein entsprechendes Verfahren sei von der Gemeinde schnell genehmigt worden, berichtet Thomas Beyl. Sobald es richtig Frühjahr wird, will man auch die noch verbleibenden gut 20 Hektar am Micha-elsberg mit Wasserleitungen erschließen. Damit hätten dann alle Winzer die Möglichkeit, ihre Reben über die Anschlüsse zu bewässern.
Aussteller und Veranstalter
Davon träumt Bernhard Fellhauer noch. Zwar hat er bereits 2,5 Hektar auf seinem Weingut mit einer Tröpfchenbewässerung ausgestattet. „Aber eine Ringleitung – die brauchen wir!“ Insgesamt nimmt er nach eigenen Angaben einiges mit an Informationen von der Veranstaltung. „Hier bekomme ich einen guten Überblick über alles, was wichtig ist“, sagt er auch mit Blick auf die Hersteller von diversen Betriebsmitteln und technischem Gerät, die mit ihren Ständen den Vortragssaal säumen. Sie stehen in der Pause für Fragen und Beratung bereit. Die Verantwortlichen von der ZG Raiffeisen wollen die Idee eines Weinbauforums im Norden ihres Arbeitsgebiets beibehalten. „Hier gibt es viele Winzer, denen wir auch etwas bieten möchten“, betont Regionalleiter Stefan Wasserbäch.
Über die ZG Raiffeisen: Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Karlsruhe ist als Handels- und Dienstleistungsunternehmen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz sowie im Elsass und in Lothringen tätig. Die rund 1900 Mitarbeiter der Genossenschaft betreiben knapp 50 Technik-Werkstätten, 70 ZG Raiffeisen Märkte, gut 20 Raiffeisen Baucenter sowie über 20 Energie- und 70 Agrar-Niederlassungen. Der Jahresumsatz der ZG Raiffeisen-Gruppe lag im Jahr 2018 bei rund 1,1 Mrd. Euro.
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