Seltene Tier- und Pflanzenarten bekommen Lebensraum an ehemaligem Weinberghang
Einst war der südwestexponierte Neckarhang südlich von Neckarzimmern-Steinbach zwischen den Gemeinden Neckarzimmern und Haßmersheim mit Weinreben bestockt. Nachdem die Weinbaunutzung größtenteils aufgegeben wurde, breiten sich dort seit einigen Jahrzehnten Gebüsche und Bäume aus. Ein hochwertiger Lebensraum für licht- und wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten geht dadurch zunehmend verloren.
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Mit Mitteln der Stiftung Naturschutzfonds und der Unterstützung des Landschaftserhaltungsverbands Neckar-Odenwald-Kreis, plant das Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe für die kommenden Jahre auf Teilflächen die Freistellung von Trockenmauern sowie die Entwicklung blütenreicher Magerrasen und Säume. Die ersten Pflegemaßnahmen sollen im kommenden Herbst starten. Das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis wird daher in den nächsten Wochen die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer schriftlich um ihr Einverständnis bitten.
Ehemaliger Weinberghang mit gesetzlich geschützten Biotopen
Bei dem ehemaligen Weinberghang handelt sich um ein herausragendes Trockenmauergebiet. Große Teile des Hangs sind als gesetzlich geschützte Biotope erfasst, doch schon im Rahmen der Biotopkartierung aus dem Jahr 1995 wurden die Biotopflächen als weitgehend brachliegend und verbuscht charakterisiert.
Dabei besitzt der Steilhang ein großes Potenzial für den Biotopverbund trockenwarmer Standorte: Auf offenen Magerrasen zwischen den Trockenmauern können spezialisierte Pflanzen, wie beispielsweise wilde Orchideen gedeihen. Auch Schmetterlinge und Wildbienen finden Nahrung sowie Nistplätze und zwischen besonnten Steinen haben Reptilien einen warmen und trockenen Unterschlupf. Um den Lebensraum in dieser Qualität zu erhalten ist es jedoch notwendig, die Verbuschung zurückzudrängen. Ein strukturreicher Waldrand, unterschiedlich große Gebüschflächen sowie einzelne Bäume sollen in der Fläche erhalten bleiben. So wird die Landschaft auch weiterhin Rückzugsraum für Wild, Kleintiere und Vögel bieten.
Privateigentümer können durch ihr Einverständnis zu den Pflegemaßnahmen dazu beitragen, dass sich Arten wie Schlingnatter, Hirschkäfer oder die Blauflügelige Ödlandschrecke am Neckarhang zwischen Neckarzimmern und Haßmersheim wieder wohl fühlen. Dem Gemeinderat wurde das Projekt im letzten Herbst bereits vorgestellt.
Hintergrundinformation zur Landschaftspflege:
Die Landschaft, in der wir in Baden-Württemberg leben, ist schon lange keine Naturlandschaft mehr, sondern wurde seit Jahrhunderten intensiv durch den Menschen geprägt: Durch Ackerbau, Weide- und Waldwirtschaft entstand eine kleinteilige, reich strukturierte Kulturlandschaft, die Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten wurde. Mit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Artenrückgang, der sich in den letzten Jahrzehnten massiv beschleunigt hat. Dabei spielt neben der Nutzungsintensivierung auch die Aufgabe der Bewirtschaftung eine Rolle. Betroffen sind davon vor allem ertragsschwache Standorte: Auf ehemals beackerten, gemähten oder beweideten Flächen an trockenen Hängen oder in feuchten Mulden, kommen erst Gestrüpp und Gebüsche auf. Nach und nach etablieren sich dann zunehmend Waldarten, die die Offenlandarten verdrängen. Über Jahrhunderte entstandene Lebensräume und ihrer Artengemeinschaften gehen so verloren.
Natürlich haben auch Brachen, Gebüsche und naturnahe Wälder ihre Bedeutung für den Naturhaushalt, die Pflegeeingriffe sind deshalb oft auch Anlass für Kritik. Die Landschaftspflege dient aber stark spezialisierten Arten. Aufgrund ihrer besonderen Lebensraumansprüche sind diese häufig selten und gefährdet, und verdienen deshalb besondere Aufmerksamkeit. Ohne naturschutzfachliche Landschaftspflege sind Natur- und Artenschutz inzwischen nicht mehr denkbar.
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