
Neuer Präsident in herausfordernden Zeiten
Im 200-jährigen Jubiläumsjahr des Weinbauverbandes sind mit der Wahl des neuen Präsidenten Dietrich Rembold wieder alle Ehrenämter besetzt. Ein kleiner Jahrgang 2024 und vor allem die allgemein rückläufigen Absatzzahlen von Wein treiben den Weinbauverband Württemberg um. Die Winzer sorgen sich um den Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft.
von Melina Kesel Quelle WVW erschienen am 19.03.2025Der Weinbauverband stellte kurz vor der Jahresauftakt-Pressekonferenz den neuen Präsidenten Dietrich Rembold vor, der sich gleich den Fragen der Pressevertreter stellte und seine Aufgaben und Ziele für den Weinbau darlegte. Somit ist das Amt an der Spitze des Weinbauverbandes einige Monate nach dem unerwarteten Tod des langjährigen Präsidenten Hermann Hohl wieder besetzt.
„Der Tod von Hermann Hohl kam für uns alle unerwartet. Die Weinwirtschaft befindet sich im Wandel, sodass wir zuerst das Anforderungsprofil für einen neuen Präsidenten festlegen mussten. Um keine voreiligen Entscheidungen zu treffen, haben wir uns für einen verbandsinternen Findungs- und Abstimmungsprozess entschieden, an dessen Ende Dietrich Rembold einstimmig gewählt wurde“, erklärte Vizepräsident Bernhard Idler die über mehrere Monate vakante Stelle.
200-jähriges Jubiläum
Besonders erfreulich ist die Nachbesetzung auch, da nun passend zum 200-jährigen Bestehen des Weinbauverbands Württemberg alle Ehrenämter wieder besetzt sind. „Auf ein motiviertes und eingespieltes Vorstandsteam zurückgreifen zu können, wird mir die Einarbeitung sicherlich erleichtern“, so Rembold.
Rembold ist Weinbautechniker, aktiver Winzer sowie Vorstandsvorsitzender der Lauffener Weingärtner. Er möchte mit dem Weinbauverband die Winzer durch die aktuell herausfordernden Zeiten begleiten. Denn es erfordert Mut, diese Phase zu durchstehen. Vor allem, weil die nachlassende Nachfrage die Branche insgesamt trifft. Damit muss die Branche mit niedrigeren Durchlaufmengen und einem Rückgang der Produktion klarkommen. „Wir gehen davon aus, dass die Neujustierung rund fünf Jahre braucht“, erklärte der Präsident. Dabei unterstützt der Verband die Winzerfamilien.
Präsident nimmt Arbeit auf
Der neue Präsident nimmt seine Arbeit direkt auf, indem er sich mit dem Verband auf die anstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg vorbereitet. Hierfür wird der Verband gemeinsam mit dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband und dem Badischen Weinbauverband ein Positionspapier entwickeln.
Erste positive Ansätze sieht der Verband bereits in der Politik. Das im Januar von Minister Peter Hauk MdL vorgestellte „Sofortprogramm Weinbau“ bewertet der Weinbauverband Württemberg als einen Schritt in die richtige Richtung. Vor allem die angekündigte Einführung einer Drieschenverordnung sei dringend notwendig, um praktizierende Winzer vor dem Wildwuchs unbewirtschafteter Grundstücke zu schützen und die Brachflächen ökologisch aufzuwerten.
Zudem wird über die EU bald die Rotationsbrache erwartet, damit der Umgang mit Brachflächen geregelt wird. Vizepräsident Peter Albrecht hofft ebenfalls darauf: „Wir erwarten zeitnah die Einführung einer Rotationsbrache, die deutsche Winzer unterstützen soll, mehrjährige Biodiversitätsmaßnahmen auf aufgelassenen Weinbergen durchzuführen.“
Auch die Unterstützung von Weintourismusprojekten begrüßt der Weinbauverband weiterhin. Der Weintourismus hat das Potenzial, neue Wertschöpfung für Winzer und verbundene Gewerke zu generieren und somit auch zur gesellschaftlichen Aufgabe beizutragen, die Kulturlandschaft, wie beispielsweise Steillagen, zu erhalten.
Strukturwandel schreitet voran
Magdalena Dreisiebner, verantwortlich für die Qualitätsprüfung und Weinmarktverwaltung an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg, stellte die strukturellen Entwicklungen des Weinbaus in Württemberg dar. Der Strukturwandel schreitet voran, die Anzahl der weinbautreibenden Betriebe nahm wie in den vorherigen Jahren linear auf rund 6550 Betriebe ab. In den vergangenen 30 Jahren bedeutet das einen Rückgang von rund 60 %.
Die meisten Betriebsaufgaben finden sich bei Winzern mit einer Fläche unter 0,3 ha. „Drei von vier Weinbaubetrieben in Württemberg bewirtschaften eine Fläche von weniger als einem Hektar. Nebenerwerbsbetriebe prägen die kleinparzellierte Kulturlandschaft. Gleichzeitig bewirtschaften sie aber nur rund 15 % der Gesamtrebfläche Württembergs. Die betrieblichen Strukturen unterscheiden sich deutlich von denen in beispielsweise Rheinhessen oder der Pfalz. Hier prägen Haupterwerbsbetriebe den Weinbau“, ordnet Dreisiebner die Besonderheit des Weinbaugebiets ein.
Während die Anzahl der Trauben- und Weinproduzenten in den vergangenen Jahren aufgrund des Strukturwandels stetig abnahm, blieb die Rebfläche Württembergs annähernd konstant. Der seitens des Weinbauverbandes erwartete Flächenrückgang war 2024 erkennbar: Erstmals seit 1998 unterschritt die bewirtschaftete Rebfläche die Marke von 11.000 ha.
Im vergangenen Jahr wurden 265 ha Weinberge gerodet und im gleichen Zeitraum 115 ha auf neue Rebsorten umgestellt. Riesling, Souvignier Gris und Sauvitage sind dabei die am häufigsten neu gepflanzten Rebsorten. Insgesamt wuchs der Anteil der mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten bestockten Weinberge auf rund drei Prozent der Gesamtrebfläche an.
Rembold zeigt sich trotz der vielen Umbrüche zuversichtlich. Er sagte: „Die Winzer müssen sich zwar neu einstellen, aber ich bin mir sicher, Weinbau wird es hier auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch geben“.
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