
FSME-Risiko in ganz Deutschland
Die milden Winter der vergangenen Jahre führen dazu, dass Zecken ganzjährig aktiv sind und sich das Risiko für eine FSME-Infektion weiter ausbreitet. Experten warnen: Nicht nur in Süddeutschland, sondern in nahezu allen Bundesländern werden Fälle gemeldet. Besonders besorgniserregend ist der Anstieg in Regionen, die bislang nicht als Risikogebiete galten.
von Redaktion Quelle Universität Hohenheim erschienen am 20.03.2025Mit steigenden Temperaturen und zunehmend milden Wintern verbreiten sich Zecken weiter und bleiben ganzjährig aktiv. Dies hat spürbare Folgen: Bereits im Januar 2025 wurden die ersten FSME-Fälle registriert, wie Prof. Dr. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim auf einer Pressekonferenz berichtete.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnete im Jahr 2024 insgesamt 686 FSME-Fälle – die zweithöchste Zahl seit Einführung der Meldepflicht. „Seit 2017 steigen die Fallzahlen kontinuierlich an. Aktuell ist jedoch noch unklar, wie hoch die Erkrankungszahlen im Jahr 2025 ausfallen werden“, so Mackenstedt.
FSME breitet sich auf neue Gebiete aus
Während der Großteil der Fälle weiterhin aus Süddeutschland kommt – Baden-Württemberg meldete 226, Bayern 311 Infektionen – werden zunehmend auch in bislang nicht als Risikogebiete geltenden Regionen FSME-Erkrankungen registriert. „Das Risiko, sich mit FSME zu infizieren, besteht inzwischen also in ganz Deutschland“, betont Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.
Auch nördlich der Mittelgebirge ist ein deutlicher Anstieg zu beobachten: „Neben Bayern im Süden melden Sachsen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin Höchststände für das Jahr 2024 bei den Erkrankungen“, erklärt Dobler.
Klimawandel als Ursache für steigendes Risiko
Der Klimawandel trägt erheblich dazu bei, dass Zecken das ganze Jahr über aktiv sind. „Die Tiere sind bereits ab 5° Celsius aktiv“, so Mackenstedt. Die milderen Temperaturen ermöglichen es zudem mehr Zecken, den Winter zu überleben: „Temperaturen bis zu -7 Grad können sie problemlos für einige Tage aushalten.“
Durch die sich verändernden Klimabedingungen treten FSME-infizierte Zecken nun auch in neuen Regionen auf. „Es gibt immer wieder neue FSME-Stämme, die aus Osteuropa Richtung Westen ziehen“, erklärt Mackenstedt. So wurde ein Stamm aus Polen zunächst in Sachsen-Anhalt, später in Niedersachsen und nun auch in den Niederlanden nachgewiesen. Zudem wurden FSME-positive Zecken und menschliche Erkrankungen in Frankreich, den Niederlanden, England und Dänemark registriert.
Hohe Dunkelziffer bei FSME-Infektionen
Viele FSME-Infektionen werden jedoch nicht erkannt. Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Dobler zeigen eine hohe Dunkelziffer. Eine Untersuchung von Blutspender:innen im Ortenaukreis ergab, dass das Infektionsgeschehen um ein Siebenfaches höher ist als noch vor 40 Jahren. Ähnliche Untersuchungen in Österreich ergaben, dass in einigen Distrikten jeder achte Ungeimpfte eine FSME-Infektion durchgemacht hat.
Experten raten dringend zur Impfung Angesichts der steigenden Fallzahlen und des erweiterten Infektionsrisikos empfehlen Experten eine FSME-Impfung. „Da das Infektionsrisiko in ganz Deutschland vorhanden ist, kann eine Impfung auch für Menschen außerhalb der offiziell ausgewiesenen Risikogebiete sinnvoll sein“, betont Prof. Dr. Dobler. Auch für Reisende in benachbarte Länder sei eine Impfung ratsam.
Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen, Auffrischungen sind alle fünf Jahre erforderlich – ab dem 50. beziehungsweise 60. Lebensjahr alle drei Jahre. „Bisher erreicht kein Bundesland die notwendige Impfquote von 50 %, um einen Rückgang der Fälle zu bewirken“, erklärt Dobler. Er warnt zudem: „FSME wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen, weshalb auch eine hohe Durchimpfungsrate nicht das individuelle Risiko senkt.“ Die Impfung selbst jedoch biete einen sicheren Schutz.
Weitere Informationen: Die aktuellen FSME-Fallzahlen sind beim Robert-Koch-Institut abrufbar: https://survstat.rki.de.
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