
Neue Rebsorten bringen in der Ortenau die „Zukunft ins Glas!“
Am 7. April 2024 fand die zweite große Weinverkostung „Zukunft ins Glas!“ mit Ortenauer Weinen aus neuen, pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (Piwis) statt. Der Ortenberger Torsten Sälinger hatte letztes Jahr das neue, betriebsübergreifende Wein-Event in Offenburg ins Leben gerufen, damit Winzer ihre Zukunftsweine einer breiten Öffentlichkeit vorstellen können. Dieses Jahr konnten über 46 verschiedene Piwi-Weine verkostet werden.
von Torsten Sälinger erschienen am 11.04.2024Organisator Torsten Sälinger erläuterte bei seiner Begrüßung: „Vor über 100 Jahren wurde mit der Züchtung von widerstandsfähigen Rebsorten begonnen, weil die europäischen Rebsorten gegen die im 19. Jahrhundert aus den USA eingeschleppten Mehltau-Pilze keine natürlichen Resistenzen haben und auf Pflanzenschutz angewiesen sind. Weil die neuen Piwi-Rebsorten bis zu 80 Prozent weniger Pflanzenschutz benötigen, kann dabei auch 80 Prozent Maschineneinsatz mit den entsprechenden CO2-Emissionen eingespart werden. So kann der Weinbau mit Piwi-Rebsorten dazu beitragen, unsere Klimaziele zu erreichen.“
Neuzüchtungen verkosten
Weininteressierte Besucher konnten bei der „Zukunft im Glas“-Weinmesse direkt an den Probierständen mit Winzern und Kellermeistern ins Gespräch über die neuen Rebsorten und die daraus hergestellten Weine kommen. Oft konnten Fassproben verkostet werden.
Auf besonderes Interesse stießen die Weine, die der stellvertretende Leiter des Julius Kühn-Institutes für Rebenzüchtung Geilweilerhof, Dr. Oliver Trapp, aus dem institutseigenen Weinkeller in Siebeldingen mitgebracht hatte. Mit den Weinen aus der bundeseigenen Forschungseinrichtung kam noch mehr „Zukunft ins Glas!“. Neben den Neuzüchtungen Calardis blanc, Calardis Musqué und Calandro waren mit Gf. 2010-011-0048, Gf. 2004-043-0010 und Gf. 2011-003-0021 auch drei mehrfach resistente Nummernsorten zu verkosten, die noch keine Namen besitzen.
Züchter-Besuch aus der Schweiz
Eine große Überraschung war der Besuch des Schweizer Privatzüchters und Winzers Valentin Blattner. „Es war eine sehr große Ehre, dass der Piwi-Pionier Blatter zu „Zukunft ins Glas!“ nach Offenburg kam“, freut sich Sälinger. Blattner hatte vor über 30 Jahren im Kanton Jura begonnen, Reben anzubauen und widerstandfähige Rebsorten zu kreuzen. 1991 kreuzte er mit „Cabernet Blanc“, die heute in Deutschland erfolgreichste weiße Piwi-Rebsorte, die auf fast 600 Hektar angebaut wird. Auch die aufstrebenden Rotweinsorten Pinotin, Cabertin und Satin Noir und die Tafeltraube Birstaler Muskat sind von ihm. Ein Viertel der Piwi-Rebsorten in den TOP 20 sind Blattner-Sorten.

Nicht nur bei der CO2-Bilanz wirken sich die Piwi-Sorten positiv aus. In Steillagen, wo keine maschinelle Bewirtschaftung möglich ist und hohe Arbeitskosten anfallen, machen die neuen Rebsorten die Bewirtschaftung ökonomisch auch in Zukunft möglich. So können, beispielsweise an der Mosel, oder in Durbach die für das Landschaftsbild prägenden und für den Tourismus wichtigen Steillagen erhalten werden, da weniger Arbeitseinsätze nötig werden.
War bei der Premiere von „Zukunft ins Glas“ vor einem Jahr aus Durbach nur das ökologische Weingut Glanzmann mit Piwi-Weinen dabei, so konnten am vergangenen Sonntag mit „Souvignier Gris“ die ersten Piwi-Weine der Durbacher Winzer und des Schwarzwaldweingutes Andreas Männle probiert werden.
Teilnehmer aus ganz Baden
Insgesamt war die Zahl der teilnehmenden Betriebe auf 15 gestiegen. Dabei waren Weinbaubetriebe aus dem gesamten badischen Weinbaubereich Ortenau, der nicht deckungsgleich mit dem Ortenaukreis ist, von Baden-Baden bis nach Gengenbach, in die Kelterhalle der Winzergenossenschaft Rammersweier gekommen. Aus Baden-Baden waren neben dem Baden-Badener Weinhaus am Mauerberg mit „Cabernet Carbon aus dem Barrique“ und „Regent“, der Winzer Volker Maier vom Bio-Weingut Maier mit einer breiten Auswahl an Piwi-Weinen und Anette Bähr, Kellermeisterin vom Weingut Nägelsförst mit ihren ersten „Souvignier Gris“ vor Ort.
Auch die Affentaler Winzer, S’Wilde Weingut aus Sasbachwalden und der Ortenauer Weinkeller hatten die neue Sorte dabei, ebenso wie die Waldulmer Winzergenossenschaft, bei denen sie den programmatischen Namen „Zeitenwandel“ trägt. Viele Besucher nutzten dies, um den aufstrebenden „Souvignier Gris“ aus verschiedenen Jahrgängen, von mehreren Weingütern, aus dem Stahltank, dem Tonneau und unfiltriert aus Faßproben, kennenzulernen.
Der Acherner Winzer Maximilian Bohnert brachte unter anderem den Piwi-Weißwein „Helios sur lie“ mit, der über neun Monate auf der Feinhefe gereift ist. Winzer Stefan Huschle vom VDP-Weingut Freiherr von und zu Frankenstein in Offenburg ermöglichte mit einer Fassprobe „Monarch“, eine Kreuzung von „Solaris“ mit „Dornfelder“, diese Freiburger Rotweinsorte außerhalb des Cuvée, in dem sie eingesetzt wird, kennenzulernen. Auch die Rammersweierer Winzer, die für „Zukunft ins Glas!“ erneut ihre Kelterhalle zur Verfügung stellten, hatten erstmal fünf verschiedene, ihrer „Pioniere“-Weine im Ausschank: die weißen Sorten „Solaris“, „Muscaris“, „Souvignier Gris“ und „Sauvitage“, sowie den Rotwein „Cabernet Cortis“.
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