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31. Weinmarketingtag Rheinland-Pfalz

Weinmarketing neu denken

Unter dem Motto „Weinmarketing neu denken!“ fand Mitte November 2024 der 31. Weinmarketingtag Rheinland-Pfalz statt. Diesmal traf sich die Weinbranche in der Aula des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße.

von Redaktion Quelle Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück erschienen am 15.12.2024
Die Referenten des 31. Weinmarketingtag Rheinland-Pfalz (v. l.): Ronan Lamballais (Bilberry Conseil), Victoria Lergenmüller (Weinhaus Lergenmüller), Prof. Dr. Laura Ehm (Weincampus Neustadt), Bernd Wechsler (Kompetenzzentrum Weinmarkt & Weinmarketing RLP), Daniel Schmitt (Weingut Bianka & Daniel Schmitt), Bas van Gijzen (Laurenz) und Daniel Mattern (Weingut Mattern). © André Kunz, Pfalzweinfoto
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Auch nach über 30 Veranstaltungen ist der WeinMarketingtag Rheinland-Pfalz der Treffpunkt des Jahres für selbstvermarktende Weingüter, Kreative und Branchenvertreter. Rund 170 Teilnehmer folgten der Einladung des Kompetenzzentrums Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz nach Neustadt.

Prof. Dr. Ulrich Fischer, DLR Rheinpfalz, betonte die Wichtigkeit, aktiv Lösungen für die Herausforderungen des Wettbewerbs im Weinmarkt zu suchen. Er ermutigte die Teilnehmer, sich nicht von dem sich ändernden Verbraucherverhalten, der zögerlichen Abnahme von Fassweinen durch den Handel und der allgemeinen Alkoholkritik entmutigen zu lassen. Eine positive Einstellung und Passion für das Produkt im Verkauf seien entscheidend, um die Kundenloyalität zu fördern. „Kein Konsument kauft von einem missgelaunten und problembeladenen Verkäufer. Schütteln Sie im Verkaufsgespräch, im Umgang mit Ihren Kunden, aber auch mit Ihren Mitarbeitern, Ihre Sorgen ab und diskutieren Sie diese im Kreise der Entscheidungsträger“, so Prof. Dr. Fischer.

Auf Wachstumspfad zurückfinden

Durch das Programm führte Bernd Wechsler, Leiter des DLR Kompetenzzentrums Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz. „Die aktuelle Marktsituation stellt Winzer vor enorme Herausforderungen, deshalb müssen die Betriebe resilienter werden“, so Wechsler in seinem Impulsvortrag. Anhand eines Modells aus der Resilienzforschung, dem sogenannten Lazy-Eight-Modell (Lebenszyklusphasen), zeigte er auf, wie Betriebe in Krisensituationen über Erneuerung und Innovation wieder auf einen Wachstumspfad zurückfinden können. Wechsler rief die Teilnehmer auf, weiter kreativ zu sein, die innovativen Kräfte zu nutzen und das Weinmarketing neu zu denken!

Die nächste Weingeneration erreichen

Immer online, unter großem Leistungsdruck und maximal unverbindlich – das sind wesentliche Merkmale der sogenannten Generation Z, junge Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Welche Themen beschäftigen die Gen Z? Welche Konsumbedürfnisse haben junge Menschen und wie erreichen wir sie? Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde die Gen Z und deren Haltung zum Produkt Wein genauer untersucht. Prof. Dr. Laura Ehm vom Weincampus stellte erste Ergebnisse der qualitativen Interviews vor.

So sieht die Gen Z Wein durchaus als niveauvolles, hochwertiges Kulturgut. Dabei sind die sozialen Aspekte, aber auch die regionale Kultur und Tradition Themen, die die Branche bespielen muss. Die Gen Z sind „digitale Natives“ und fest in der digitalen Welt verankert. „Online first“ heißt es hier, wenn möglich, werden Dinge online gemacht. Das heißt aber auch, dass bei der Weinbestellung ein Anruf schon als Barriere empfunden wird. Wer keine einfache Online-Lösung bereitstellt, hat es schwer.

„Wir müssen das Marketing für die Gen Z zielgerichteter adressieren“, so Prof. Dr. Laura Ehm. Die Präferenzen der jungen Generation beim Wein sind wenig überraschend. Die Befragten hatten vorher noch keine Erfahrungen mit Wein gemacht, und bei der Blindprobe wurde lieblicher Wein, aber eben auch ein alkoholfreier Wein positiv bewertet. Repräsentative Studienergebnisse erhoffen sich die Forscher vom kommenden Forschungsprojekt, das in Kürze am Weincampus Neustadt starten soll.

Professioneller Weinvertrieb

Mit 20 Jahren Vertriebserfahrung im internationalen Weingeschäft hat sich Ronan Lamballais als Vertriebsstratege im Markt etabliert. Wie kann ein Weingut die aufwändige und kostenintensive Produktion im Weinberg ausgleichen? Klare Antwort: Mit einer höheren Wertschöpfung im Vertrieb. Wer heute den Vertrieb nicht priorisiert, wird scheitern, so Lamballais. Dabei müssen die Instrumente im Vertrieb nicht neu erfunden werden, vielmehr geht es darum, konsequenter und professioneller zu arbeiten.

Lamballais appelliert an die Teilnehmer, die eigenen Kundendaten und -informationen stärker zu analysieren und für die Vermarktung zu nutzen. „20 % der Kunden machen 80 % des Umsatzes, das ist eine Regel, die auch in Weingütern gilt. Kümmern Sie sich um diese Top-Kunden besonders!“, fordert der Vertriebsprofi. Gleichzeitig gilt es, Konzepte zu entwickeln, um „schlafende Kunden“ zu reaktivieren. Hierfür gibt Ronan Lamballais wertvolle Hinweise zu schnell umsetzbaren Vertriebsaktivitäten und strategischen Maßnahmen zur Weiterentwicklung.

Pop-Up-Events

Seit acht Jahren arbeiten Bas van Gijzen von der Weinbar Laurenz und Daniel Mattern vom Weingut Mattern in unterschiedlichen Projekten zusammen. Vom Pop-Up-Event auf dem Weingut über „Private Label“- und Sortimentskonzepte reichen die Ideen. Die Erfahrungen aus der internationalen Weinwelt, der Gastroszene und das richtige Gespür für die Zielgruppe und deren Bedürfnisse sind die Erfolgsfaktoren des Duos.

Das Eventkonzept „Grape Garden“ von Daniel Mattern ist so einfach wie selten in der Region: Eine Eventwiese inmitten der Weinberge, ein großes Zelt im Südafrika-Style, kulinarische Flexibilität – jede Veranstaltung wird von einem anderen Koch bzw. kulinarischen Team bekleidet. Eine wechselnde und kreative Weinauswahl vom Laurenz ist die logische Konsequenz. Locker, ungezwungen und ohne Anmeldung, so spricht man gerade auch die jungen Zielgruppen an.

Herausforderung: Multichannel-Vertrieb

„Es gibt keine Rezeptur. Es braucht Mut, Durchhaltevermögen und etwas Wahnwitz“, so die Eingangsworte von Victoria Lergenmüller. Die Familie Lergenmüller betreibt vier Weingüter in drei Weinregionen und hat den größten Privatbesitz von Rebfläche in Deutschland. Eine enorme Spielwiese für die Familie und zugleich eine enorme Herausforderung. Vom Lagenwein bis zum Markenwein-Projekt für den Discount bedient das Weinhaus Lergenmüller eine große Zahl von Käufergruppen in Deutschland und dem internationalen Weinmarkt.

Eine große Bandbreite der Vertriebskanäle erfordert höchste Professionalität, Effizienz und Perfektion in allen Bereichen der Trauben- und Weinproduktion bis hin zum Vertrieb. Die Anforderungen sind groß: Ständige Lieferfähigkeit, konstantes Qualitätsniveau, Qualitätssicherung, exakte und nachhaltige Preiskalkulationen, Trends aufgreifen und wirtschaftlich umsetzen. Die enormen Anforderungen an Professionalität macht Victoria Lergenmüller unter anderem an den Preiskalkulationen deutlich – hier rechnet das Familienunternehmen auf die dritte Nachkommastelle.

Rund 170 Teilnehmer folgten der Einladung des Kompetenzzentrums Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz nach Neustadt.
Rund 170 Teilnehmer folgten der Einladung des Kompetenzzentrums Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz nach Neustadt. © Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück

Jeder Vertriebskanal hat seine eigenen Spielregeln und bringt Anforderungen der jeweiligen Kundenzielgruppe mit sich. Die wichtigste Frage, die stets für jeden Vertriebskanal gestellt werden muss, lautet: „Wie bleibe ich attraktiv am Markt?“ Der Multichannel-Vertrieb und die unterschiedlichen Zielgruppen sind gleichermaßen eine Chance zur Risikominimierung für die Weingüter. Die höhere Anzahl an Vertriebspartnern in den verschiedenen Absatzmärkten ermöglicht den Weingütern der Familie eine solide wirtschaftliche Unabhängigkeit und unternehmerische Freiräume.

International erfolgreich

Daniel und Bianka Schmitt vom gleichnamigen Weingut in Flörsheim-Dalsheim platzieren mit ihrem 25 ha großen Weingut seit 2015 ihre Weine erfolgreich auf dem internationalen Markt. Mit einer Exportrate von 90 % in 40 Länder haben die beiden bis heute eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben. Jährlich kommen neue Absatzmärkte hinzu.

Begonnen hatte der Erfolg mit dem ersten Messeauftritt auf der „RAW“-Messe in Berlin, einer Fachmesse für Naturweine, deren Ursprung in der Metropole London liegt. Bis dato war der Markt für Naturweine in Deutschland fast nicht vorhanden, und die Vermarktung schwierig. Die positiven Impulse und Bestätigungen, die das Paar dort für seine Demeter-zertifizierten Weine erhielt, vor allem von internationalen Importeuren, gaben eine neue Perspektive. Raus aus dem deutschen Markt, rein in den Export. Sie erweiterten ihr Sortiment. Der Durchbruch war geschafft.

Mit der Expansion fanden weitere Entwicklungen im Weingut statt. Das Sortiment wurde erweitert, die Betreuung der Importeure musste konzipiert werden; neue Etiketten, individuelles Storytelling für die jeweiligen Produkte, ein Webshop und ein zweisprachiger Webauftritt wurden in Zusammenarbeit mit einer bekannten Werbeagentur verwirklicht. Das sind einige der „Must-haves“ im professionellen Exportgeschäft. Neue Weinberge wurden angelegt, jedoch nicht klassisch, sondern „authentisch“, mit Rebsorten aus Biankas Heimat Ungarn. Furmint und Kékfrankos gedeihen nun in Rheinhessen.

Mit der Aussiedelung des Weinguts im Jahr 2020 haben sich die beiden ihren Traum erfüllt, so Daniel Schmitt. Die Vergrößerung gibt ihnen die notwendigen Freiräume, sich im Keller und Vertrieb weiterzuentwickeln. Mit dem Beitritt zum Verband „Renaissance des Appellations“ (Return to Terroir), gegründet von Nicolas Joly, begannen die Mitgliedschaften in internationalen Verbänden. Diese sind sehr wichtig im Exportgeschäft, so Daniel Schmitt.

Das Fazit des 31. Weinmarketingtages ist, dass auch und gerade in krisenhaften Zeiten ein konstruktives und nach vorne gewandtes Marketing zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird – von der Ansprache junger Zielgruppen bis zur internationalen Marktbearbeitung. „Es wird nicht einfacher, also müssen wir besser werden“, so Wechsler zum Abschluss der Veranstaltung.

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