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Neue Absatzkanäle

Wein aus dem Kiosk

Sowohl für Konsumenten als auch für Hersteller von Getränken bieten Kioske eine interessante Alternative zum klassischen Lebensmitteleinzelhandel. Eine Studie an der DHBW hat sich mit dieser besonderen Einkaufsstätte näher beschäftigt.

von Duale Hochschule Heilbronn erschienen am 26.08.2024
Marktanalyse in einem Kiosk in Köln am 26. Februar 2024. © DHBW
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Kompakt

Im Rahmen des EU-geförderten Kooperationsprojekts „Impulskanäle im Außer-Haus-Markt“ wurde durch die DHBW Heilbronn eine Marktbetrachtung in Kiosken durchgeführt. Schwerpunkte waren hierbei die beiden Getränkewarengruppen Wein und Saft. Über 300 Stores in Hamburg, Berlin und Köln wurden besichtigt sowie mehr als 600 Kiosk-Besucher über ihr Einkaufsverhalten in Kiosken befragt. Ziel war es, sich einen Überblick über Kioske als Vertriebskanal für die Wein- und Fruchtsaftbranche zu verschaffen und eine Erhebung über das Angebot sowie die Positionierung von diesen beiden Warengruppen zu erhalten. Die Bandbreite der angebotenen Weine ist groß; allerdings spielen Weine aus Baden-Württemberg eine nachgelagerte Rolle. Ziel des Projektes ist es, Fruchtsaft- und Weinerzeugern Vermarktungspotenziale und relevante Zielgruppen aufzuzeigen.

Nachts noch Snacks und Bier „to go“ auf die Hand – aber woher zur späten Stunde? Der klassische Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat bereits geschlossen. Also auf zum nahegelegenen Kiosk, oder wie nennt man es – Kiosk, Späti, Wasserhäuschen, Büdchen? In Berlin und Leipzig wird der nächste „Späti“ aufgesucht, der Hamburger und der Stuttgarter geht zum „Kiosk“, der Frankfurter zum „Wasserhäuschen“ und der Kölner versorgt sich im „Büdchen“.

Interessante Nahversorger

So unterschiedlich wie sie klingen mögen, sie verfolgen alle ein Ziel: Sie machen es sich zur Aufgabe, Menschen mit Hunger und Durst selbst an Sonn- und Feiertagen zufriedenzustellen. Kioske sind mehr als nur kleine Verkaufsstellen – sie sind wichtige Anlaufpunkte im Alltag vieler Menschen. Ob für den morgendlichen Kaffee, die aktuelle Tageszeitung oder den schnellen Snack zwischendurch – Kioske bieten eine Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen für jeden Bedarf.

Hintergrundinfos Kioske

In Deutschland gibt es rund 40.500 Kioske, davon sind jedoch nur rund 22.000 an markanten Standorten (Globis Consulting 2021). Im Jahr 2023 erzielten Kioske einen Umsatz von 12 Mrd. Euro (Magaloop 2023). Davon machte Tabak mit 6,4 Mrd. Euro den größten Anteil aus. Getränke (alkoholisch sowie alkoholfrei) machten einen Umsatz von 3 Mrd. Euro, gefolgt von Süßwaren mit 1 Mrd. Euro Umsatz. Kiosk ist aber nicht gleich Kiosk. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Kiosk-Segmente, wie beispielsweise Spät-Kioske, Freibadkioske, Pressefachgeschäfte oder Campingplatz-Kioske, die jeweils ein unterschiedliches Warenangebot haben. Kioske in urbanen Räumen bieten vor allem alkoholische sowie nicht-alkoholische Getränke, Tabak und Snacks an. Kioske in Freibädern oder auf Campingplätzen können auch gastronomische Leistungen anbieten. Kioske werden vor allem bei jüngeren Menschen immer beliebter, da die Mehrheit der Generation Z von unterwegs aus einkauft. Entgegen dem eigentlichen Trend, weg von der Qualitätsorientierung hin zur Preisorientierung (EHI Handelsgastronomie 2023), achten in derartigen „Out-of-home“-Vertriebskanälen (Kiosk, Tankstelle, Bäckereien, Drogerien, etc.) vor allem jüngere Menschen weniger auf den Preis (Bormann & Gordon, Jubiläumsstudie „Food and Beverage Shopping Generation Z“, 2022).

Nicht nur aufgrund der attraktiven Öffnungszeiten sind Kioske gerade bei jüngeren Menschen so beliebt. Sie dienen als Treffpunkt für Nachbarn, Pendler und Touristen gleichermaßen und tragen so zur sozialen Vernetzung in der Gemeinschaft bei. Außerdem sind Kioske „familiär“ gehalten. In der Regel arbeiten dort Mitarbeiter, die ihre Stammkunden gut kennen und auf individuelle Kundenwünsche in der Sortimentsgestaltung flexibel und schnell eingehen können.

Kioske als Vertriebskanal können für Wein- und Fruchtsafterzeuger durchaus lukrativ sein. Überwiegend haben Kioske eine sehr kleine Ladenfläche. Einen verhältnismäßig hohen Anteil bilden dabei Getränke, auch Weine und Sekte, ab. Im Rahmen der Marktanalyse wurde die Platzierung von Sekt und Wein überwiegend als unsystematisch eingestuft. Häufig werden diese auf Regalen oberhalb von Kühlschränken platziert.

Kioskbesitzer verlassen sich auf sehr wenige Lieferanten Uwe Hoelzer

Oftmals ohne erkennbare Strukturierung gegliedert, stehen unterschiedlichste Weine und Sekte verteilt auf den Regalflächen. Kleingebinde, Großgebinde, Weine ohne Etikett oder das Große Gewächs teilen sich einen Platz im gleichen Regal und dies oftmals zu überraschenden Preispositionierungen. Unterschiedlichste Weine und Qualitätsstufen werden zu einem Einheitspreis angeboten: 10 Euro.

Wein und Sekt aus Deutschland

Das Spektrum der Konzepte ist groß: modern und ansprechend eingerichtete Kioske sind auch zu finden; Kioske, die ein ungewöhnlich (gemessen an der Storefläche) großes Sortiment unterschiedlichster Weine führen, aufgegliedert nach Herkunft, Weinart und Preis. Aus den Erhebungen der Kiosk-Analyse resultiert, dass die meisten Sekte und Weine aus Deutschland, Frankreich und Italien kommen.

Wie können Wein- und Fruchtsafterzeuger diesen Vertriebskanal erfolgreich erschließen? Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Kioske in Bahnhöfen, Freibädern oder in Innenstädten gut und einfach bespielt werden können. Aus den Erfahrungen einiger Winzer, die in diesem Vertriebskanal bereits tätig sind, geht hervor, dass eine intensivere Betreuung der Kiosk-Betreiber notwendig ist.

Sie sprechen aber auch von lukrativen Umsätzen und zeigen die Möglichkeit auf, neue und vor allem jüngere Zielgruppen in diesem Absatzkanal erreichen zu können. Entscheidend ist je nach Region und Standort die Wahl der Absatzmittler, die vom klassischen Getränkefachgroßhandel bis zu Branchenspezialisten mit Fokus auf Impulskanäle reicht.

Positives Beispiel: Viel Auswahl an Sekt, Weiß-, Rosé- und Rotweinen zu lukrativen Verkaufspreisen (26. Februar 2024)
Positives Beispiel: Viel Auswahl an Sekt, Weiß-, Rosé- und Rotweinen zu lukrativen Verkaufspreisen (26. Februar 2024) © DHBW

Uwe Hoelzer, Gründer und Geschäftsführer der App „Magaloop“, die als digitaler Marktplatz, insbesondere für Kioske, fungiert, vertritt eine ganz klare Meinung, was den Erfolg bestimmter Absatzmittler betrifft: „Kioskbesitzer verlassen sich auf sehr wenige Lieferanten, die in diesem Bereich auch eine Stärke entwickelt haben. Ich habe beobachtet, dass Marktführer in diesem Segment es über Jahre geschafft haben, dieses Vertrauen im Weinsegment aufzubauen. Das heißt, der Außendienst geht wirklich in den Kiosk rein und legt das Sortiment selber fest, macht die Nachbestellungen und nimmt Artikel auch wieder raus, wenn sie sich nicht drehen. Auch das ist in der Hand von zwei, drei Großhändlern, die wirklich mit ihrem kleinen Lkw vorfahren. Die wollen täglich das Sortiment optimieren.“

Dosen sind gefragt

Im Rahmen der Marktanalyse wurde das Fachwissen der Kioskbetreiber näher untersucht. Beim Thema Wein herrscht Unwissenheit und Unsicherheit. Weinauswahl und Weinempfehlungen werden auf Basis von persönlichen Geschmackspräferenzen getroffen oder auf gezielte Nachfrage von Stammkunden ins Sortiment genommen. Im Entscheidungsverhalten der Endverbraucher beobachten die Kioskbetreiber häufig den Griff zur bekannten Marke oder zur Flasche mit ansprechendem Etikett.

Die am meisten nachgefragten Produkte weisen einen klaren Convenience-Charakter auf: „ready to drink“ muss es sein. Fertig gemischte Getränke zum sofortigen Verzehr. Weinschorlen, Weinmischgetränke aber auch Cider in kleineren Gebinden können gut in diesem Vertriebskanal funktionieren. Für die operationellen Projektgruppe, die überwiegend aus Fruchtsaft- sowie Weinerzeugern besteht, war es interessant zu erfahren, welches Gebinde Endverbraucher besonders nachfragen. Die Dose schnitt bei der Befragung gut ab.

Die Ergebnisse sind überraschend. Neben der Standardflasche 0,75 l sind vor allem das Thema Mehrweg sowie kleinere Gebinde sehr gefragt. Die Dose schneidet hier mit 27 % für Wein und 34 % für Saft sehr gut ab. Aber ist die Dose nur bei der jüngeren Generation gefragt? Die Untersuchungen zeigen etwas anderes: Vor allem 20- bis 30-Jährige finden die Dose als Gebinde für Wein durchaus attraktiv. Offen für Dose sind aber auch ältere Menschen.

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Warum zum Kiosk?

Von den 640 Befragten gaben über 60 % an, dass sie mindestens einmal pro Woche in einem Kiosk einkaufen, 33 % sogar mehrmals pro Woche. 20 % der Befragten kaufen weniger als einmal im Monat im Kiosk ein. Bei der Frage nach dem Grund des Kiosk-Besuchs gaben über 60 % der Befragten an, dass sie spontan einen Kiosk besuchen.

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Anlassbezogene Gründe wie beim nach Hause gehen oder beim Ausgehen wurden ebenfalls häufig genannt. Aus der nachstehenden Abbildung wird ersichtlich, dass in allen Altersschichten der Kiosk mehrheitlich auch spontan besucht wird und vor allem jüngere Menschen eher einen spontanen Einkauf beim Kiosk tätigen als ältere Menschen.

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Um einen besseren Überblick über die Preispositionierung von Wein und Saft in Kiosken zu erhalten, wurden die Preisspannen der unterschiedlichen Produkte in den Städten untersucht und die Ergebnisse grafisch umgesetzt.

Im Rahmen des Marktchecks wurde in den Kiosken in Hamburg, Berlin und Köln der jeweils niedrigste sowie höchste Preis der Produkte (Ready to drink, Weine, Sekte) sowie der Weinarten (Weiß-, Rosé- und Rotwein) untersucht. Aus den Ergebnissen wurden die jeweiligen Preisspannen aus dem Median der erhobenen Daten gebildet.

Besonders bei Rotwein ist ersichtlich, dass extreme Ausreißer (Sternchenmarkierung) im Datensatz vorhanden sind. Die Preisspanne liegt jedoch für 50 % der erhobenen Daten bei ungefähr 6,50 bis 9,50 Euro für Weiß- und Rotwein und 6 bis 8,70 Euro für Rosé.

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Es lässt sich folglich feststellen, dass in urbanen Ballungsräumen Kioske einerseits auf Konsumentenseite sehr beliebt sind und andererseits für Hersteller und Absatzmittler durch ihre höhere Preisstellung gewinnbringend sein können. Auch diesbezüglich äußert sich Uwe Hoelzer: „Der Kiosk-Kunde ist nicht preissensibel. Er ist durchaus bereit, für die Red-Bull-Dose oder für eine Flasche Bier, statt einem Euro oder 1,40 Euro, für die er sie im Discounter nebenan bekommt, 2,50 Euro im Kiosk zu bezahlen. Das macht er ohne Probleme.“

Im weiteren Verlauf des Projekts soll der alternative Absatzkanal „Vending“ (Automaten) weiter untersucht werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der repräsentativen Zielgruppenanalyse der unterschiedlichen Impulskanäle.

Hintergrundinfos Das Projekt

Das Projekt wird gefördert im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI). Die Fördermaßnahme ist eine Maßnahme des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014-2022 (MEPL III). Das Projekt wird durch das Land Baden-Württemberg und über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) finanziert.

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